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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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an und verriss dabei das Steuer. Der Wagen rutschte über lockeres Geröll, das den krustigen Asphalt bedeckte, aber bevor sie über die Straßenböschung in die Tiefe stürzten, rammte er seinen Fuß auf die Bremse. Silke flog nach vorn, der Gurt ließ sie zurückschnappen.
    »Was war denn das?«, rief sie. »Büffel, Elefant, Löwe?«
    Keuchend wischte sich Rick die Schweißperlen von der Stirn. »Was zum Teufel ist denn mit deinem Gesicht passiert? War das etwa Marcus?«
    Silke berührte ihre Wange, und als sie die Finger wegnahm, waren die Spitzen rot von Blut. »Nein, nein, wir haben uns zwar ziemlich gestritten, doch er würde nie auch nur einen Finger gegen mich erheben. Aber du wirst es nicht glauben, ich bin tatsächlich von einem Adler angegriffen worden. Er schoss aus dem Nichts auf mich zu und hackte mir seine Klauen ins Gesicht.« Sie wischte die Finger an einem Taschentuch ab. »Marcus meint, es wäre ein Raubadler gewesen. Gibt es so etwas hier?«
    Rick antwortete für einen Moment nicht, sondern konzentrierte sich auf die schmale Straße, die sich steil am felsigen Berghang entlangwand. Das Terrain unter ihnen wirkte wie ein Spielzeugland, und zwei Büffel, die sich auf den Sandinseln des Hluhluwe sonnten, waren nur schwarze Punkte, winzig wie Fliegendreck.
    »Raubadler gibt es hier, und zwar viele. Hast du auf der Veranda gesessen und etwas gegessen? Ein Brötchen vielleicht? Hast du es in der Hand gehalten?«, fragte er.
    Erstaunt sah sie ihn an. »Ja, ein Brötchen, und ja, ich habe es in der Hand gehalten.«
    »Treibt der sich also immer noch hier rum«, brummte er in sich hinein.
    »Was soll das denn heißen? Hat der Adler etwa schon andere Leute angegriffen?«
    »Ein oder zwei Mal. Der Vogel hatte es nicht auf dich, sondern auf das Brötchen abgesehen, und Marcus hat recht. Das war ein Raubadler. Der Name sagt ja schon alles.«
    »Also ist das immer derselbe Adler?«
    »Keinen Schimmer. Vorgestellt hat er sich mir noch nicht, aber der Verdacht drängt sich auf. Irgendwelche Touristen müssen den Vogel gefüttert haben, und er hat mit der Zeit gelernt, dass wenn er im Camp einen Menschen mit etwas zu essen auf einem der Balkons erspäht, der Tisch dann auch für ihn gedeckt ist. Er ist ein Tier und folgt nur seinen Instinkten.«
    »Na super!«, fuhr sie ihn scharf an. »Davor muss doch gewarnt werden. Sonst gibt es ja alle möglichen Warnschilder hier – gegen Löwen, Elefanten und so weiter. Als Nächstes krabbelt ein Kleinkind mit einem Keks in der Faust auf dem Balkon herum und wird angegriffen. Diese Raubvögel tragen ja ganze Schafe und Ziegen weg, da ist so ein kleines Kind doch gar nichts!«
    Vor ihnen öffnete sich eine Haltebucht. Rick parkte dort und zog einen Erste-Hilfe-Kasten unter seinem Sitz hervor.
    »Zeig mal her. Hm … beide Wunden müssen desinfiziert werden.«
    »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet«, blaffte sie ihn an.
    Rick grinste sie fröhlich an. »Du meinst, ob ein Raubadler mit einem Kleinkind davonfliegen kann? Ach, das halte ich für ziemlich unwahrscheinlich. Beute mit mehr als fünf Kilo Gewicht schaffen diese Vögel wohl nicht.«
    Jetzt wurde Silke laut. »Na, toll. Ihr habt wirklich Nerven. Was steht dann auf dem Warnschild? Achtung, Kleinkinder, die fünf Kilo oder weniger wiegen, anbinden, oder … Adler schnappen sie sich als Frühstückshäppchen für ihre Jungen?«
    Rick strich ihr überraschend zärtlich übers Haar. »Nun beruhige dich doch. Ich werde mich darum kümmern. Versprochen. Im Augenblick ist es wichtig, dass deine Wunden versorgt werden, damit sie sich nicht entzünden. Wunden, die Tiere einem beigebracht haben, sind meistens mit Bakterien verseucht. Außer dem fressen Adler auch Aas. Nun halt doch mal still.«
    Er legte seine Hand unter ihr Kinn und drehte ihr Gesicht so, dass er den blutigen Riss unter ihrem Auge genau inspizieren konnte. Silke beherrschte sich und hielt still. Mit einem alkoholgetränkten Wattebausch reinigte er die Haut um die Wunde und nahm anschließend eine Tube aus dem Kasten.
    »Glück gehabt«, murmelte er. »Der Kratzer ist lang und hässlich, aber nicht tief. Das muss nicht einmal genäht werden.« Großzügig verteilte er ein rotbraunes Gel darauf und klebte anschließend ein Pflaster darüber, das die Wunde zusammenzog. »So, und nun lass mal deine Hand sehen.«
    Silke legte ihre Hand in seine, und er fuhr vorsichtig über die Kratzer, die quer über ihren Handrücken liefen. »Der Riss im Gesicht stammt

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