Nachtsafari (German Edition)
vor die Augen und gab sich begeistert. »Vielen Dank, das ist ja wunderbar. Ich bin schon den ganzen Morgen auf der Suche nach Löwen. Hat das Männchen eine schwarze Mähne?«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Mein Friseur würde die Farbe als Goldblond beschreiben.«
»Ah, dann weiß ich, welches Männchen das ist.« Rick tippte dankend zwei Finger an die Stirn und wartete, bis das Auto um die nächste Kurve gebogen war, ehe er Silkes verbundene Hand in seine nahm und eine Fingerspitze nach der anderen küsste, die aus dem Verband ragten. Dann legte er ihr die Hand in den Schoß, ließ seine ein paar Sekunden dort liegen, sodass Silke seine Wärme durch den Stoff ihrer Shorts spürte. Ihr Puls beschleunigte sich wieder.
»Wir suchen uns einen Platz, wo uns keiner so schnell überrascht«, murmelte er mit einem Seitenblick, der ihr auf der Haut prickelte, und verließ die Haltebucht.
Den langen Weg hinunter ins Tal schwiegen sie beide. Der Ranger machte sie nur hin und wieder auf Wild aufmerksam. Eine Gruppe graziler Impalas, Nashörner, die in einer Suhle lagen, dösende Kaffernbüffel im Schatten einer Schirmakazie. Löwen begegneten sie nicht, obwohl Rick ständig nach ihnen Ausschau hielt.
»Die sind so hervorragend getarnt, ihr lohfarbenes Fell verschmilzt so perfekt mit ihrer Umgebung, dass wir womöglich schon längst an ihnen vorbeigefahren sind. Meist liegen sie faul herum, und man kann höchstens ihre schwarzen Ohren zwischen den Grasspitzen ausmachen. Wenn man aufpasst. Oder sie sind inzwischen weitergezogen.«
Im Tal breitete sich ein goldenes Grasmeer vor ihnen aus, heißer, würziger Wind raschelte durch die trockenen Halme, strömte durchs offene Fenster, streichelte Silkes Haut und verwirbelte ihr das Haar.
Afrika, dachte sie, während sie einem blau schillernden Vogel nachsah, der eine Strecke neben ihnen herflog und dann auf einem toten Baum landete, wie wunderbar das doch ist.
»Welche Ausbildung braucht man, um Ranger zu werden?«, erkundigte sie sich.
Rick kniff die Augen zusammen. »Nun, wie das so ist«, sagte er schließlich. »Man hat einen Traum, der platzt, man gerät ins Trudeln, landet auf der Schnauze, rappelt sich irgendwie wieder auf, und plötzlich ist mehr Zeit im Leben verstrichen, als einem lieb ist. Wie das so passiert.«
Schulterzucken begleitete diese Aussage, eine vage Handbewegung. Dann fuhr er fort: »Aber eines Tages habe ich eine Anzeige der Limpopo Field Guiding Academy gelesen, einer Ausbildungsstätte für Game Ranger. Daraufhin habe ich mein letztes Geld zusammengekratzt, mich beworben und bin angenommen worden. In der Ausbildung musste ich kilometerlange Fußmärsche unter extremsten Bedingungen machen, ich habe Spurenlesen gelernt, außerdem, dass die Ausscheidungen von Fleischfressern besonders streng riechen und der Urin von paarungsbereiten Nashörnern grauenvoll stinkt. In Vogelkunde muss ich fit sein, Gefahren im Busch richtig einschätzen und so weiter. Es war eine tolle Zeit.«
Seine Züge nahmen einen träumerischen Ausdruck an. »Bevor ich damit anfing, wollte ich nur Geld verdienen. Mir war nicht klar, dass dieser Beruf meine Leidenschaft werden würde. Aber es hat mich zu einem glücklichen Menschen gemacht …« Auf einmal unterbrach er sich und bremste sanft. »Sieh mal«, sagte er und zeigte in den dichten Busch.
Silke sah nichts als Gestrüpp. »Was meinst du?«
»Das Nashorn, direkt vor uns … hinter der ersten Buschreihe.«
Angestrengt spähte sie dorthin, aber erst allmählich wurde ihr klar, dass der graue Felsen im Blättergewirr atmete. Und dann löste sich ein winziges Nashorn vom großen, rutschte die Böschung her unter und landete ein paar Meter vor ihrem Wagen. Quiekend rief es nach seiner Mutter.
»Meine Güte, ist der niedlich«, flüsterte sie.
»Nicht mehr lange. Dann ist er ein großer, schlecht gelaunter Spitzmaulnashornbulle, der mordsgefährlich werden kann.«
Jetzt rutschte das Muttertier ebenfalls schnaufend auf die Straße, schwang langsam herum, baute sich zwischen ihrem Kalb und dem Geländewagen auf und senkte den mächtigen Kopf. Kurzsichtig blinzelte es zu ihnen hinüber.
»Alles in Ordnung«, murmelte Rick. »Wir tun deinem Kalb nichts.« Er setzte den Wagen langsam ein paar Meter zurück, um der Nashornkuh mehr Raum zu geben.
Schließlich wandte sich das Tier ab, trottete, gefolgt von seinem Kalb, ein paar Meter weiter die Straße entlang und walzte seitwärts in die Büsche.
Rick fuhr behutsam an. »Und
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