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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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wieder nüchtern«, rief der Mann in deutlich schwäbischem Tonfall.
    »Blödmann«, murmelte Silke und bleckte die Zähne.
    »Die sind fast fertig mit Essen, die sind wir bald los. Dann haben wir Ruhe«, flüsterte Marcus, während er breit zu den beiden hinübergrinste. »Hab mir nur Mut angetrunken, falls ich einem Löwen begegne. Ich hab eine Heidenangst vor denen.«
    »Löwen … oje, dann drehen Sie sich mal um«, rief der Mann.
    Silke fuhr wie ein Blitz herum. Aber da war nichts. Nur ein Affe saß auf dem untersten Zweig eines mächtigen Baumes und starrte verlangend auf die ausgebreiteten Speisen. Langsam wandte sie sich um. »Haha«, sagte sie.
    Der Mann brüllte vor Lachen und schlug sich klatschend auf beide Schenkel. Die Frau kicherte überlegen. »Na, das hat Ihnen wohl einen Schrecken eingejagt, was? Aber ich konnte einfach nicht widerstehen – Sie haben so ängstlich ausgesehen.«
    »Und ich habe gelogen«, erwiderte Marcus. »Vor Löwen habe ich überhaupt keine Angst, nur vor Schlangen, diesen großen, grünen, wie die da, die direkt über Ihnen vom Zweig herunterhängt.« Er zeigte auf den Baum, dessen Äste sich tief über den Tisch bogen und in dem Silke außer einem kleinen Schmetterling kein lebendes Wesen entdecken konnte. Schon gar nicht eine Schlange.
    Die Frau sprang mit einem Schrei auf und rannte mindestens zehn Meter weit weg. Der Mann, das runde Gesicht rot angelau fen, stierte mit schreckgeweiteten Augen angestrengt in den Baum, und als er offenbar nichts entdeckte, bedachte er Marcus mit einem langen Blick, dann prustete er los.
    »Oje, oje«, sagte er und wischte sich die Lachtränen aus den Augen. »Jetzt sind wir quitt. Ich bin Rudi Schäufele, das ist meine Frau Petra. Wir nehmen gerade unser zweites Frühstück ein. Möchten Sie vielleicht einen Kaffee?«
    »Kaffee wäre ganz wunderbar«, sagte Silke schnell und stellte sich und Marcus vor. »Wir sind aus München.«
    Der Kaffee war überraschend gut, und Frau Schäufele berichtete stolz, dass sie stets ihren eigenen Kaffee aus Deutschland mitführten und sich den, wo immer sie sich aufhielten, im Hotel aufbrühen ließen. »Sogar in Thailand klappte das«, fügte sie hinzu.
    Nachdem sie ausgetrunken hatte, fotografierte Rudi Schäufele das Warnschild. »Schade, dass kein Elefant da ist, das Bild würde sich gut über unserem Kamin machen«, sagte er zu seiner Frau, die daraufhin aufgeregt nickte. Er fotografierte das Schild von allen Seiten, mit seiner Frau davor und dahinter, und schließlich gab er Silke den Apparat und posierte mit lässig gekreuzten Beinen und seiner Frau im Arm.
    Marcus schien gelangweilt und war schon zum Hluhluwe-Fluss weitergewandert. Nachdem auch Silke das Schild fotografiert hatte, marschierten sie und die Schäufeles im Gänsemarsch über den bedenklich baufälligen Holzsteg zur Anlegestelle.
    Am Ende des Anlegers lag ein Ausflugsboot mit türkisfarbenem Dach – mitten in dem wogenden Schilfmeer. Von einem Fluss war nichts zu sehen. Nicht einmal eine Wasserpfütze glitzerte in der Sonne. Nur harte, von wulstigen Furchen durchzogene rote Erde.
    Ellbogen an Ellbogen lehnten sie sich auf das hölzerne Gelän der, entdeckten nach längerem Hinschauen ein Krokodil auf einer Sandinsel, das sich von Madenhackern die Zähne putzen ließ. Die Luft vibrierte vom Sirren der Insekten, Libellen in glühenden Edelsteinfarben flirrten umher. Angesichts der grandiosen Landschaft, der Giraffenfamilie am gegenüberliegenden Ufer, deren Köpfe komisch aus einer Baumkrone ragten, verstummte selbst die bisher ständig plappernde Frau Schäufele. Ihr Mann schoss mindestens ein Gigabyte Fotos mit seiner augenscheinlich brand neuen Digitalkamera, ehe sie zurück zu ihrem Tisch schlenderten.
    »Noch einen Kaffee?«, fragte Petra Schäufele, offenbar bemüht, Silke und Marcus zum Bleiben zu bewegen.
    Marcus wechselte einen kurzen Blick mit Silke. »Danke gern, einen Augenblick Zeit haben wir noch. Aber dann müssen wir weiter.«
    Frau Schäufele goss dampfenden Kaffee aus der Thermoskanne in Pappbecher und legte je einen Keks dazu. Währenddessen erzählten die beiden Schwaben mit sichtlichem Stolz, dass sie schon das vierte Mal hier seien, und gaben ihnen haufenweise Ratschläge, was sie sich unbedingt ansehen mussten. Schließlich zog Herr Schäufele noch eine gedruckte Liste heraus, auf der alle Vögel, die im Wildpark vorkamen, verzeichnet waren.
    »Die haben wir schon alle abgehakt.« Er zeigte auf die vielen Häkchen

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