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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gigantischen Schatten ausgelöscht worden wäre.
    Er kam.
    Er, der hinter den Reihen wandelt.
    Er war jetzt in der Lichtung. Burt sah etwas Grünes, mit schrecklichen roten Augen in der Größe von Fußbällen.
    Etwas, das den Geruch von Maiskolben verströmte, die jahrelang in einer dunklen Scheune gelagert worden waren.
    Burt begann zu schreien. Aber er schrie nicht sehr lange.
    Etwas später ging ein Mond von der Farbe einer blutroten Orange auf.
    Die Kinder des Mais standen am Mittag auf der Lichtung, sahen auf die beiden gekreuzigten Skelette und die beiden Körper … die beiden Körper, die noch keine Skelette waren, aber es bald sein würden. Im Laufe der Zeit. Und hier, im Herzen von Nebraska, inmitten des Korns, hatten sie genug Zeit.
    »Siehe da, ein Traum überkam mich des Nachts, und der Herr zeigte mir das alles.«
    Sie alle drehten sich um, sogar Malachias, und sahen Isaak mit einer Mischung von Ehrfurcht und Erstaunen an. Isaak war erst neun, aber seit David vor einem Jahr vom Mais genommen wurde, war er der Seher der Gruppe. David war damals neunzehn geworden, und er war an seinem Geburtstag in den Mais gegangen, gerade als der Dunst von den Reihen aufgestiegen war.
    Isaaks schmales Gesicht wirkte unter dem runden Hut ernst und feierlich, als er fortfuhr.
    »Und in meinem Traum war der Herr ein Schatten, der hinter den Reihen wandelte, und er sprach zu mir in den Worten, die er vor Jahren unseren älteren Brüdern gesagt hatte. Er hat großes Mißfallen an dem Opfer gefunden.«
    Ein Aufstöhnen ging durch die Gruppe, und sie sahen das alles umgebene Grün.
    »Und der Herr sprach: Habe ich euch nicht einen Platz des Todes gegeben, damit ihr da selbst opfern könnt? Und habe ich euch nicht meine Gunst erwiesen? Aber dieser Mann machte sich der Sünde der Blasphemie schuldig, und ich selbst habe das Opfer vollendet. Wie beim blauen Mann und dem falschen Priester; der vor vielen Jahren entkam.«
    »Der blaue Mann … der falsche Priester«, flüsterten sie und warfen sich unsichere Blicke zu.
    »So, nun wird das Alter der Gunst von neunzehn Feldbestellungen und Ernten auf achtzehn erniedrigt«, fuhr Isaak ohne Unterbrechung fort. »Doch seid fruchtbar und mehret euch, wie sich der Mais mehret, daß sich meine Gunst euch aufs neue erweisen möge und über euch komme.«
    Isaak verstummte.
    Sie drehten sich langsam zu Malachias und Josef um, die einzigen unter ihnen, die schon achtzehn waren. Die anderen waren in der Stadt verblieben, insgesamt ungefähr zwanzig an der Zahl.
    Sie warteten auf das, was Malachias sagen würde, Malachias, der die Jagd nach Japet geleitet hatte, der von nun an Ahaz genannt wurde, der von Gott-Verfluchte. Malachias hatte Ahaz die Kehle durchgeschnitten und seinen Körper vom Mais auf die Straße geschmissen, so daß er weder besudele noch entweihe.
    »Ich gehorche dem Wort Gottes«, flüsterte Malachias.
    Der Mais schien mit einem Seufzer sein Einverständnis zu geben.
    In den kommenden Wochen würden die Mädchen viel damit zu tun haben, um aus den Maiskolben Kreuze zu flechten, die weiteres Unheil abwehren sollten.
    Und in dieser Nacht gingen all diejenigen, die das Alter der Gunst überschritten hatten, gefaßt und ruhig in den Mais, gingen zur Lichtung, um die Gunst desjenigen zu gewinnen, der hinter den Reihen wandelt.
    »Auf Wiedersehen, Malachias«, rief Ruth. Sie winkte unglücklich. Sie war von Malachias’ Kind schwanger, und Tränen liefen ihr über die Wangen. Malachias drehte sich nicht um. Er hielt sich aufrecht. Der Mais verschluckte ihn.
    Ruth drehte sich, immer noch weinend, um. Ein Haßgefühl gegenüber dem Mais hatte von ihr Besitz ergriffen, und manchmal träumte sie davon, mit Fackeln in den Händen an einem trockenen September-Tag wiederzukommen, wenn die Hahne tot und explosiv entzündbar waren. Aber sie fürchtete sich auch davor. Hier draußen bewegte sich etwas in der Nacht und sah alles … selbst die geheimsten Gedanken, die in menschlichen Herzen verschlossen waren.
    Der Abenddunst ging in Nacht über. Der Mais um Gatlin raschelte und flüsterte geheimnisvoll. Der Mais war sehr zufrieden. 

Die letzte Sprosse
    Gestern bekam ich Katarinas Brief, keine Woche, nachdem mein Vater und ich aus Los Angeles zurück sind. Er war nach Wilmington, Delaware, adressiert, und seit damals bin ich zweimal umgezogen. Die Leute ziehen heutzutage so viel um, und es ist komisch, aber diese durchgestrichenen Adressen und die Empfänger-verzogen-Aufkleber können

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