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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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Beziehung stand sie nicht so offen gegenüber, wie du dachtest. Ich hoffe nur, du hast dir damit keinen untoten Feind für die Ewigkeit gemacht, sonst hast du wirklich ein Problem. Und was machen wir jetzt?«
    Adrián seufzte. »Viele Möglichkeiten bleiben uns nicht. Wir gehen zu Conrad und hoffen auf das Beste.«
    Â»Wann?«
    Â»Jetzt.«

Kapitel 18
    E s war seltsam, mit einem Nachzehrer und einem Metamorph in einem Bus durch das nächtliche Hamburg zu fahren. Das alltägliche Bild wirkte vollkommen skurril, auch wenn die beiden Männer sich äußerlich von den Menschen nicht unterschieden, abgesehen von ihrer zerrissenen Kleidung und dem getrockneten Blut, ganz besonders bei Adrián.
    Aber sie waren keine Menschen. Alba wusste es, und ihr kam es so vor, als wüssten es die anderen Passagiere auch. Deshalb blickte sie verstohlen umher, als erwarte sie jeden Moment einen Priester, der sich auf sie stürzen und mit Weihwasser um sich spritzen würde. Doch die wenigen Menschen interessierten sich kaum für die drei Mitfahrer, die den letzten Bus des Tages knapp erwischt hatten und denen man ohne Schwierigkeiten anmerkte, dass sie von einem Schlachtfeld kamen.
    Alba setzte sich in die Nähe der Heizung und stemmte die nackten Füße gegen den Sitz vor ihr. Nach und nach kam wieder Gefühl in ihre Extremitäten. Obwohl es ungewöhnlich warm für diese Jahreszeit war, reichte ein dünnes Kleidchen nicht aus, um unbeschwert durch die Nacht zu laufen. Die Finger und Zehen schmerzten,
wenn Alba sie bewegte, aber zumindest hörte sie auf, wie Espenlaub zu zittern.
    Finn wählte den Platz ihr schräg gegenüber und starrte stumpf zu Boden. Alba erschrak, wie fertig er aussah. Sie beugte sich zu ihm, um die Wunde an seinem Arm zu begutachten, doch er schob ihre Hand wortlos beiseite.
    Dann eben nicht. Alba wandte sich von ihm ab, zu müde, um eingeschnappt zu sein.
    Adrián stand neben ihnen und wachte über sie. Seine Haltung wirkte angespannt, die Zähne mahlten, und an der Schläfe pulsierte eine Ader. Wenn Alba ihn so sah, fürchtete sie sich, mit ihm in einem Bus zu sitzen. Und wäre sie der Grund seines Zornes, wäre sie vermutlich nicht nur aus dem Bus, sondern von diesem Planeten geflohen. Aber er war auf ihrer Seite, erinnerte sie sich. Er war ihr Großonkel. Von ihm hatte sie nichts zu befürchten. Oder doch? Immerhin war sie schuld an Evelyns Tod. Zumindest teilweise.
    Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus, konzentrierte sich auf ihre Gedanken und schickte ihm die Frage: Warum hast du mich aus der Wohnung gerettet und nicht Evelyn?
    Er wandte den Kopf zu ihr, schwer, als wiege dieser Tonnen. Mehrere Sekunden lang kam kein Wort von ihm, nur sein Blick stampfte sie nieder. Dann redete er, hart und emotionslos: »Wenn du tot bist, ist es aus für dich. Evy bekommt dagegen noch eine Chance, wenn die Umstände günstig sind.«

    Alba traute sich nicht mehr, ihn noch irgendetwas zu fragen. Dabei bereitete die Antwort ihr Sorgen. Bis dahin hatte sie geglaubt, Evelyn sei unsterblich, sie würde auf jeden Fall auferstehen, wenn auch nicht heute oder morgen. Jetzt hing es von irgendwelchen Umständen ab – also war alles doch nicht so einfach, wie sie es sich vorgestellt hatte?
    Der Bus glitt durch die dunklen Straßen. Alba beobachtete die Stadt hinter dem zerkratzten Fenster, die ihr unwirklich vorkam. Eine ihr fremde Stadt, die sie gekannt zu haben glaubte und die ihr ein ganz anderes Gesicht gezeigt hatte. Nachzehrer. Metamorphe. Sie lauerten da draußen, während ahnungslose Menschen nichts davon merkten.
    Gedankenverloren rätselte Alba, wie sie sich diesen mysteriösen Conrad vorstellen sollte. In ihrer Fantasie formte sich eine Gestalt à la Dracula, die kleine Kinder erschreckte und nachts in die Gemächer der Jungfrauen schlich, um ihnen Blut – in diesem Fall wohl Lebensenergie – auszusaugen. Sie krümmte den Rücken, schlang die Arme um ihren Körper und drückte das Kinn gegen die Brust. Mein Gott, was tat sie bloß in diesem Bus? Sie musste nach Hause, zu Georg – er machte sich bestimmt Sorgen.
    Dann sah sie zu Finn, und die Gedanken an Georg verflüchtigten sich genauso schnell, wie sie gekommen waren.
    Kurz vor der Endstation verließen sie den Bus. Die Herbstnacht empfing sie mit eisiger Kälte. Alba fror wieder.
Wortlos zog Finn seine Jacke aus und legte sie ihr

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