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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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Dunkelheit nicht zu unterscheiden, geschweige denn zu beurteilen, zu wessen Gunsten sich der Kampf neigte. Bestimmt nicht zu Gunsten des Untoten.
    Sie nahm Finn bei der Hand und zog ihn mit sich zur Straße. Hinter sich hörte sie die Rauferei und Adriáns Ausruf: »Vorsicht!«
    Ein Schuss folgte. Finn keuchte, stolperte, doch Alba ließ ihn nicht los und schleppte ihn weiter mit sich.
    Auf der Straße tummelten sich die Schaulustigen, reckten die Hälse und gafften zu dem Haus, von dem der Rauch aufstieg. Die Auseinandersetzung im Hinterhof schienen sie nicht zu bemerken. Die Sirenen der Feuerwehr schrillten, der Wagen hielt vor dem Gebäude an, und die Männer sprangen sogleich heraus und machten sich an die Arbeit.
    Alba rannte weiter. Alles, was für sie zählte, war Finns Hand in der ihren. Nicht loslassen, egal, was passiert! Sie flohen zusammen, ließen die raunende Menge hinter sich, das Getümmel, das Gefecht im Hinterhof.
    Alba wusste nicht, wie lange sie gelaufen war, bis sie unter einer Straßenlaterne stehen blieb, schnaufend vor
Anstrengung, ohne imstande zu sein, auch nur einen Schritt weiter zu tun.
    Â»Du kannst meine Hand jetzt loslassen«, sagte Finn schwer atmend.
    Sie löste ihre verkrampften Finger. Er lehnte sich gegen eine Wand. Sein Jackenärmel war an der rechten Seite zerrissen und glänzte feucht. Blut? Ihr wurde schlecht vor Angst um ihn.
    Er bemerkte ihren Blick. »Nur ein Streifschuss. Hör zu, ich sehe, auch bei mir bist du nicht wirklich in Sicherheit. Wenn du willst … Wenn du willst, kannst du gehen.« Er sah sie an. Wartete.
    Ja, sie konnte gehen. Sie wollte es auch. Und blieb. Blieb bei ihm, in der verrückten Welt, die zum Teil zu ihrer wurde.
    Einige Zeit später – sie waren immer noch nicht von der Stelle gewichen – trat jemand aus der Dunkelheit hervor. Erst als die Gestalt näher kam, erkannte Alba Adrián in zerraufter Kleidung und mit Wunden übersät, die ihm nichts auszumachen schienen.
    Sie stolperte zu ihm. »Evelyn?«
    Â»Tot.« Seine Stimme ganz Asche, der Blick stumpf. »Ich konnte ihr nicht helfen. Verflucht, ich kam nicht einmal in die Wohnung rein!«
    Â»Es war Micaelas Werk, ganz sicher«, sagte Finn. »Auf Linneas Befehl.«
    Â»Diese verfluchte Hand!« Adrián brüllte auf, holte mit der Faust aus und hämmerte gegen die Wand des Hauses. Risse bildeten sich im Putz. Mehrere Atemzüge
lang rang er mit sich und fand die Beherrschung wieder. »Ich musste fliehen, gegen sie alle hatte ich keine Chance. Aber ich schwöre, Evelyns Tod wird dieses Biest mir büßen. Sie alle werden es!«
    Â»Willst du mir jetzt helfen, Linnea zu vernichten?«, fragte Finn.
    Adrián nickte schwer. Fast wirkte es so, als fiele sein Kopf auf seine Brust. »Maria konnte ich nicht erreichen. Sie war nicht da … oder wollte mich nicht sehen. Ich glaube, sie geht mir aus dem Weg.«
    Â»Verdammt. Warum?« »Tja. Seit etwa fünfzehn Jahren sind wir befreundet. Maria ist eben jemand, dem man alles anvertrauen kann, der einem in allen Situationen hilft, zuhört und einen aufbaut. Und manchmal, ja, da gab es zwischen uns durchaus mehr als nur Gespräche. Wenn du verstehst, was ich meine. Wir führten eine offene, unbeschwerte Beziehung ohne irgendwelche Verpflichtungen. Mir machte es nichts aus, wenn ab und zu andere in ihrem Bett landeten, ich selbst suchte allerdings nie nach Abwechslung. Dann lernte ich Evelyn kennen. Ich weiß nicht, wie es geschah, ob durch das Band zwischen uns oder durch das, was wir zusammen erleben mussten, aber ich habe mich in sie verliebt.« Er machte eine Pause und schloss die Augen. Es fiel ihm sichtlich schwer weiterzureden. »Evelyn gab mir das Gefühl, gebraucht zu werden, in ihrer Nähe habe ich mich nie mit Gedanken über die Endlosigkeit meines Daseins gequält. Es war befreiend, neu und so … lebendig. Maria
stand der Beziehung skeptisch gegenüber. Sie wiederholte stets, wir hätten gar keine gemeinsame Basis, ich würde mich selbst betrügen, mir eine Liebe einreden, die gar nicht da sei. Einmal meinte sie sogar, Evelyn würde mich bloß ausnutzen. Da habe ich sie zum ersten Mal angeblafft, und wir haben einander viele unschöne Dinge gesagt. Seitdem habe ich nie wieder etwas von ihr gehört. Und nun scheint sie wie vom Erdboden verschluckt zu sein.«
    Â»Ich schätze, eurer offenen

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