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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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auf.«
    Adrián fuhr sich durch das Haar. »Ich kann es nicht fassen, ehrlich, das ist einfach zu viel für mich. Ausgerechnet Sie ! Wo Sie ein anderes Wesen nur anfassen, um es zu töten – ob bei der Nahrungsaufnahme oder im Kampf.«

    Â»Ich wünschte mir, ich wäre dabei geblieben. Wir haben uns ein Jahr lang nicht berührt, nicht wirklich miteinander gesprochen oder einander angesehen. Und dann … Es geschah einfach, und es ist mir bis heute unbegreiflich, wie es dazu kommen konnte. Ich war natürlich bereit, die Verantwortung zu übernehmen, welche Konsequenzen auch folgen mochten, ich hätte ihr sogar offenbart, was ich bin. Doch dann … dann kam sie nicht mehr. Ich habe versucht, sie zu finden, aber sie war wie vom Erdboden verschluckt. Bis sie eines Tages wieder auf meiner Schwelle auftauchte. Hochschwanger. Mit dem typischen silbernen Schimmer der Metamorphe.
    Auch sie war nun imstande zu erkennen, was ich war. Ich bekam keine Chance, ihr etwas zu erklären. Sie drehte sich um und lief davon. Ich folgte ihr. Es war Nacht. Im Stadtpark brach sie zusammen, die Wehen hatten eingesetzt. So durfte ich dabei sein, als Evelyn geboren wurde, und plötzlich hielt ich ein kleines, blau angelaufenes Wesen in den Händen. Ein Wesen, das zu schwach war, um zu leben. Ich habe dem Baby die Energie eingeflößt, fast alle, die ich selbst besaß, damit es leben konnte. Doch als ich das Kleine Linnea zurückgab, hat sie versucht, es zu erwürgen. Ich musste mein Kind retten. Zum Glück war Linnea kaum bei Kräften, um mich zu verfolgen. Trotzdem wusste ich: Allein würde ich es nicht gegen die ganze Gemeinschaft schaffen. So musste ich Evelyn zurücklassen, die Polizei über das Kind informieren und meine Spuren verwischen. Nie
habe ich aufgehört, Evelyns Leben zu verfolgen, auch wenn ich nicht für sie da sein konnte, als sie mich am dringendsten brauchte. Dafür mache ich mir die meisten Vorwürfe.« Inzwischen sprach er so leise, dass er kaum noch zu verstehen war.
    Â»Sie hat erzählt, ab ihrem zwölften Geburtstag wären Geschenke von einem Unbekannten aufgetaucht. Schwarzrote Callas, Spieluhren mit Requiem und Ähnliches. Waren Sie das?«
    Â»Bitte? Nein. Ich würde doch nicht solch einen Kitsch verschenken.«
    Â»Weiß Evy, dass Sie ihr Vater sind?«
    Â»Sie hat erst vor kurzem erfahren, dass sie eine Nachzehrerin ist. Damit hatte sie genug zu verarbeiten. Es gab keinen passenden Moment für so ein Gespräch.«
    Adrián schnaubte. »Warum verschweigen Sie es ihr? Sie hat ein Recht, das zu erfahren!«
    Conrad lächelte verbittert. »Ach kommen Sie, Rivas. Ich konnte schlecht auftauchen und ›Ich bin dein Vater, Lynn‹ hervorröcheln, oder?« Er wandte sich rasch ab und drückte seine Stirn gegen die Wand. »Meinetwegen können Sie es ihr sagen, wenn sie wieder auftaucht. Falls … sie wieder auftaucht.«
    Einige Zeit lag Schweigen über dem Raum. Dann sprach Adrián wieder: »Damals im Pesthof, als ich Evelyn befreien wollte … Waren Sie deswegen so schnell mit dem Angriff einverstanden? Warum hatten Sie zuerst gefehlt und sind dann mit mir mitgegangen?«
    Â»Linnea wollte mit mir über Evelyn verhandeln. Doch
als ich zum Treffpunkt kam, habe ich den Hinterhalt bemerkt. Ich konnte Maria warnen, damit sie unsere Leute aus den Katakomben rausholte, und zusammen mit Ihnen einen Rettungsversuch starten. Es sollte wirklich keiner zu Schaden kommen, abgesehen von mir. Meine Tochter hätte ich nämlich nie aufgegeben. Der gesamte Clan existiert nur ihretwegen. Um sie vor Linnea und deren Gemeinde zu schützen, begann ich, andere Nachzehrer um mich herum zu sammeln, in der Hoffnung wir wären irgendwann stark genug, um sie – und unsere Leute allgemein – vor Feinden zu beschützen. Metamorphe samt ihrer Königin sind genauso meine Feinde wie Ihre. Dessen seien Sie gewiss.«
    Â»Ich glaube an nichts mehr. Nicht an Sie und nicht an den Clan«, brüllte Adrián. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stürmte er zur Tür, als wäre ihm erst jetzt bewusstgeworden, dass seine Evy fort, für ihn unerreichbar war. Dass er nichts tun konnte, um ihr zu helfen.
    Alba wollte ihm ausweichen, war jedoch nicht schnell genug. Mit einer Hand schmetterte er sie zur Seite. Dann lief er auf die Straße und schlug die Tür hinter sich zu. Das Glas splitterte.
    Conrad

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