Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
Vom Netzwerk:
seufzte resigniert, obwohl sein Schmerz sichtlich nicht der kaputten Scheibe galt. »Verdammt, Rivas. Sie haben mir die letzte von Ihnen demolierte Tür noch nicht bezahlt.« Doch Adrián konnte ihn nicht mehr hören.
    Alba bemühte sich wieder auf die Beine zu kommen. »U-und jetzt?«, flüsterte sie Finn zu, von dem familiären
Vorfall, dessen Zeugin sie vermutlich nicht hätte werden dürfen, peinlich berührt.
    Er löste sich von der Wand, stolperte einen Schritt auf den Nachzehrer zu. »Ich biete dem Clan an, Linnea und die Gemeinde zu zerschlagen.« Seine Stimme schwankte, klang schwach, ganz kraftlos. »Das wollen Sie, das haben Sie gerade eben gesagt. Mit meiner Hilfe können Sie die Königin vernichten.«
    Conrad sah zu Alba mit eindringlichem, dunklem Blick. »Ist dies Ihr Freund?«
    Sie nickte, ohne zu überlegen.
    Â»Dann halten Sie ihn fest. Er kippt gleich um.«
    Als hätten die Worte eine Kugel abgefeuert, klappte Finn zusammen. Alba schnellte zu ihm, wollte ihn auffangen, doch er glitt einfach zwischen ihren Armen hindurch.

Kapitel 19
    W arum haben Sie das getan?«, stieß Alba hervor, so impulsiv, dass sie vergaß zu stottern. Ihre ganze Kraft legte sie in diesen Ausruf, und als er verhallte, fühlte sie nichts mehr. Sie brach neben Finn in die Knie, ohne zu wissen, was sie für ihn tun könnte. Sie konnte auch nichts tun, außer vorsichtig über sein Gesicht zu streicheln.
    Im Rücken spürte sie Conrads Blick. Weglaufen sollte sie, vor dem Nachzehrer fliehen, sich im Haus verschanzen und hoffen, Knoblauch oder Weihwasser würden auch bei diesem Wesen den gewünschten Erfolg bringen.
    Â»Teilweise bringt das in der Tat etwas«, erwiderte Conrad, und sie hörte ihn näher kommen. Natürlich, er las ja ihre Gedanken, die alles durchdringend in ihrem Kopf pulsierten. »Man gibt ungern jemandem den Todeskuss, der vorher einen Eimer Tzaziki genascht hat. Da sucht man sich doch lieber eine andere Beute.«
    Warum Finn? Warum haben Sie das getan? , wiederholte sie stumm.
    Â»Getan – was? Wieso glauben alle, ich bin an jedem Kummer der Welt schuld? Ich habe gar nichts getan. Als
er reingekommen ist, habe ich schon gesehen, dass er es nicht lange durchhält.«
    Wie das? Sie schaffte es, den Kopf zu drehen und zu ihm aufzuschauen. Er stand über ihr, leicht nach vorn gebeugt. Die schwache Beleuchtung machte sein Gesicht noch blasser und die Augen – dunkel und dennoch leuchtend wie die nächtliche Alster. Ein alter Geist in einem jungen Körper. Sie fürchtete sich vor ihm. Nicht weil er sie aussaugen oder sonst wie vernichten konnte, sondern weil sie spürte, wie viel seine Augen schon gesehen hatten. Und wie viel sie noch sehen würden, wenn ihr Körper längst zu Staub zerfallen wäre. Unter seinem Blick fühlte sie sich sterblich. Bereits verwest und von Würmern zerfressen.
    Â»Nachzehrer können die Aura der Menschen und Metamorphe wahrnehmen. Daran kann man außer der Seelenstärke auch Krankheiten und andere körperliche Schwächen ablesen. Ich habe gesehen, dass sein Kreislauf kurz vor dem Kollaps stand.« Er deutete ein Lächeln an, und auf seinen Wangen zeichneten sich zwei Grübchen ab. Die braunen Augen dagegen blieben tot und unergründlich. »Dass er just in diesem Augenblick umfiel, war ein perfektes Timing.«
    Wird er wieder gesund?
    Er legte den Kopf leicht schräg und musterte Finn. »Die Biester sind zäh. In ein paar Tagen ist er wieder auf den Beinen. In der letzten Zeit hat er wohl wenig Schlaf bekommen, nichts gegessen und dann noch Blut verloren. Kein Wunder, wenn er schlappmacht. Also nehmen
Sie ihn mit, und gönnen Sie ihm ein paar Tage Ruhe. Wenn er zu sich kommt, sagen Sie ihm, ich finde sein Angebot interessant und bin bereit, mir die Einzelheiten anzuhören. Und jetzt gehen Sie.« Er wandte sich ab und begann, die großen Glasscherben von der Tür in einen Eimer zu sammeln.
    Doch klein beizugeben, dazu war Alba nicht bereit. Ihr Kopf begann wieder zu arbeiten, die Angst lähmte nicht mehr ihre Sinne. Hier würden Micaela und ihre Jäger sich nicht trauen, Finn anzugreifen. Irgendwo anders – schon. Und Alba war nicht in der Lage, ihn zu beschützen.
    Wohin soll ich denn gehen?
    Conrad hob die Schultern, ohne sich von den Scherben abzuwenden. Seine ganze Haltung schien sie darum zu beten, ihn endlich in Ruhe

Weitere Kostenlose Bücher