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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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aus.«
    Sie schüttelte den Kopf, reckte den Hals und spähte zur Tür. Keine Untoten. In den dunklen Fenstern spiegelten sich der Saal und die Menschen darin wider; was im Garten vor sich ging, konnte sie nicht erkennen. Dafür musste sie wie auf einem Präsentierteller zu sehen sein: Der Raum hatte an zwei Seiten mehrere große Fenster – kein allzu gutes Versteck.
    Auf einem kleinen Podest saß ein Quartett und spielte Mozart, doch die Musik klang disharmonisch, schrill in ihren Ohren. Von so viel Licht, Glamour und Getümmel um sie herum wurde ihr schwindelig. Alba ertappte sich, wie sie nervös zwischen zwei Fenstern hin und her tigerte und an ihren Haarspitzen zupfte. Georg griff nach ihren Händen und brachte sie damit zum Stillhalten.
»Was ist denn los?« Alba zog ihre Hände zurück und öffnete den Mund, doch was für einen Sinn würden ihre Erklärungen ergeben? Er würde sie für verrückt halten, sofern er das nicht bereits jetzt tat. Ihre Eltern hatten sich bestimmt Mühe gegeben, ihm die Geschichte von einem verstörten Mädchen, das einen Flashback erlitten hatte, glaubhaft zu machen.
    Sie musste sich beruhigen und lieber überlegen, was sie tun sollte. Hier war sie für ein Weilchen sicher. Ins Haus würde Adrián nicht gelangen, der Sicherheitsdienst würde ihn schon daran hindern. Niemand kam rein, der nicht auf der Liste stand. Und wenn doch, bei so vielen Menschen ringsherum müsste sie vor ihm sicher sein. Es blieb nur zu hoffen, dass der Nachzehrer dann kein Blutbad anrichten würde.
    Georg tauchte vor Alba auf – ihr war gar nicht aufgefallen, dass er kurz weg gewesen war – und reichte ihr ein Glas Champagner. »Hier, trink etwas. Du siehst wirklich nicht gut aus. Wir müssen reden.«
    Â»W-worüber?«, hauchte sie mit zittriger Stimme. Verflucht, sie stotterte schon wieder!
    Einfaches Wasser wäre ihr lieber gewesen, trotzdem nippte sie am Glas. Das sündhaft teure Getränk prickelte auf ihrer Zunge, den exquisiten Geschmack konnte sie dennoch nicht entsprechend würdigen, so aufgewühlt wie sie war. Es schmeckte schal, weswegen sie Georg das Glas wieder in die Hand drückte. Etwas Flüssigkeit schwappte über den Rand und befleckte den Ärmel seines Smokings.

    Er holte ein Taschentuch und betupfte das Nass. Ȇber uns.«
    Â»Es gibt kein uns.« Und vielleicht wird es bald nicht einmal mehr mich geben, fügte sie stumm hinzu. Aber wenn Adrián dachte, sie würde kampflos aufgeben, dann hatte er falsch gedacht. Ihre Erinnerungen gehörten nur ihr, und sie würde es keinem erlauben, darin herumzupfuschen.
    Georgs Kinnlade klappte hinunter, was bei seiner Erscheinung blöd aussah. »Du stotterst ja nicht mehr.«
    Fast hätte sie gelacht. Aber nur fast. »Das höre ich öfter in der letzten Zeit.«
    Â»Wie … wie kommt es dazu? Warst du in einer Therapie?«
    Ja, in einer ganz wirksamen, dachte sie. Bei der ich allerdings beinahe mein Leben verloren hätte. Sie antwortete nur: »Frag nicht. Ich kann es dir nicht erklären.«
    Er stellte ihr Sektglas einem vorbeieilenden Kellner auf das Tablett. »Du versuchst es nicht einmal.«
    Â»Ich glaube, Hermann Herzhoff hat es einmal versucht«, flüsterte sie, nicht wirklich darum bemüht, von Georg gehört zu werden. »Fortan war er für euch nur noch ein verwirrter, alter Mann.«
    Doch er hatte sie gehört und schlug einen beschwichtigenden Ton an. Als würde er mit einer Gestörten reden. »Deine Eltern haben mir bereits erklärt, wie sehr dich diese Sache mit deinem Opa aufgewühlt hat. Vergiss, was ich dir letztens gesagt habe. Alba, ich liebe dich. Ich will dich nicht verlieren.«

    Alles klar. Hatte sie doch richtig gedacht! Was würden schon irgendwelche Erklärungsversuche bringen? Also fing sie damit erst gar nicht an.
    Ihr Blick flog abermals zum Eingang, obwohl sie sich stets einredete, Adrián würde nicht ins Haus kommen können. Hier, auf der Party, hätte sie nichts zu befürchten.
    Georg ergriff sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Verstehst du, was ich sage? Du bist so abwesend. Wenn nicht gar abweisend.«
    Sie ruckte den Kopf und befreite sich aus seinem Griff. »Ja, ich verstehe dich ganz gut. Früher war ich vielleicht etwas schweigsam, aber nie taub«, erwiderte sie ruppig, was die Umstehenden dazu veranlasste, sie

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