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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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auf seinen Schultern. »Das war etwas anderes«, gab er trocken zurück, und es kam für sie einer Ohrfeige gleich.
    Â»Ach ja?« Alba beugte sich vor und krallte ihre Finger in die Sessellehnen. »Was war denn so anders daran, eine Barkeeperin zu heiraten, die dazu noch ein Kind hatte und ihr Trinkgeld damit aufbesserte, dass sie sich von den Gästen ab und zu befummeln ließ?«
    Er öffnete den Mund, sichtlich überrascht von dieser feurigen Ansage. Auch Alba erstarrte, nicht weniger überrascht von so viel Wagemut. Eine frühere Alba hätte es niemals gewagt, ihrem Vater solche Worte entgegenzuschleudern.
    Dann stand Herr Wagner auf. Er verschränkte seine Hände hinter dem Rücken und schritt durch das Zimmer, ganz wie ein Präsident, der nach einem Ausweg aus einer kniffligen Situation suchte.
    Â»Du bist inzwischen erwachsen, Alba. Also kann ich die Karten offenlegen und mit dir Klartext reden. Deine Mutter ist eine sehr kluge Frau. Durch ihr Fingerspitzengefühl habe ich so manch anderen Geschäftspartner gewonnen
oder Insidertipp bekommen. Sie weiß eben, wem sie unter welchen Umständen schöne Augen machen muss. Und bei einem Bettgeplänkel wird das eine oder andere Geheimnis viel leichter verraten. Du verstehst?«
    Nein … unmöglich! Alba glaubte, ihre Sprache wieder verloren zu haben. Die Worte klumpten in ihrer Kehle, und sie musste mit sich kämpfen, um sie mehr oder minder deutlich auszusprechen: »Sie hat mit den richtigen Leuten geschlafen, damit du …« Hätte er sie nicht unterbrochen, hätte sie nicht gewusst, was sie weiter sagen sollte. Zu scheußlich war die Vorstellung, die sich in ihrem Geist manifestierte.
    Â»Es war zu unser aller Bestem.«
    Alba rieb sich die Stirn. Ihr wurde flau im Magen, als hätte ihr Leben gerade bei einer Achterbahnfahrt einen Looping hingelegt. Ihre Mutter, die sie so lange für die Untreue verabscheut hatte, war nichts anderes als ein Spielzeug in den Händen eines ambitionierten Gatten.
    Sie redete langsam. Entkräftet. »Bei Finn rümpfst du die Nase, aber selbst bist du nicht besser als jeder schäbige Zuhälter an der Reeperbahn.«
    Er kniff die Augen zusammen. Jetzt wirkte sein Gesicht wahrhaft mumienhaft. »So etwas will ich nicht in meinem Haus dulden! Du bist anscheinend doch noch zu jung und naiv, um das zu begreifen. Eine eigene Wohnung willst du! Dein Leben verändern! Und was planst du mit deinem neuen Leben anzufangen, hm?«

    Alba zwang sich, den Kopf zu heben und ihm direkt in die Augen zu schauen. »Etwas Sinnvolleres als bis jetzt. Ich breche das Studium ab und mache eine Ausbildung zur Automechanikerin. Auch wenn ich das meiste eh schon weiß.«
    Wende nicht den Blick ab! Sieh ihn an. Sieh ihn an. Sieh ihn an … Und doch schlug sie die Lider nieder, als er an sie herantrat und allein mit seiner Präsenz ihren Willen brach.
    Â»Entschuldige, ich glaube, ich habe dich gerade irgendwie falsch verstanden. Es klang nämlich so, als wolltest du dein Leben wegwerfen.«
    Alba knetete die Finger, spürte, wie sich ihre Lippen bewegten und die Laute hervorstammelten: »Jura ist nichts für mich. Mein Herz schlägt für Autos.« Und Finn, fügte sie stumm hinzu. Aber das wirst du nicht verstehen, obwohl ich es gehofft habe.
    Â»Und wer sagt dir, dass du in ein bis zwei Wochen das Ganze nicht schon wieder schmeißt? Nein, tut mir leid, das kann ich nicht unterstützen. Ich hoffe nur, dass du zur Vernunft kommst und das tust, was man von dir erwartet.«
    Â»Was erwartet man denn von mir?«
    Er legte die Hand auf ihre Schulter. Sein Ton wurde väterlich, fürsorglich, davon überzeugt, ihre Trotzphase gemeistert zu haben. »Alba, unsere Bank hat sich verspekuliert. Wir werden die Finanzkrise nicht überstehen, wenn wir keine finanzielle Unterstützung bekommen. Wir können alles verlieren. Alles. Verstehst du?«

    Sie nickte.
    Â»Deshalb sage ich dir, was du gleich tun wirst. Du gehst nach unten und versöhnst dich mit Georg. Ich habe bereits mit ihm geredet, er versteht, wie sehr dich der Tod deines Großvaters verstört hat. Er wird dir verzeihen. Und heute Abend verkünden wir eure Verlobung.«
    Â»Du brauchst sein Geld«, flüsterte Alba.
    Â»Es wird für beide Parteien zu einem lukrativen Geschäft. Es ist bereits alles besprochen.«
    Â»Das bin ich also für dich? Nur eine

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