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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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anzusehen.
    Er zog die Augenbrauen zusammen. »Und ich muss zugeben, damals hast du mir bei weitem besser gefallen. Alba, mach bitte keine Szene, beruhige dich.«
    Beruhigen? Pah! Sie war die Ruhe selbst. Nur eben nicht so, wie Georg es von seinem kleinen Mädchen erwartete. »Ich glaube, damit wurde bereits alles gesagt, was noch zu sagen war. Ein ›uns‹ bringt das trotzdem nicht zurück.«
    Â»Aber ich liebe dich!«
    Sie holte tief Luft, was ihr schwerfiel, als wäre ihr Brustkorb in ein Korsett geschnürt. »Das tut mir leid für dich. Ich hoffe, du wirst es mir irgendwann verzeihen.«
    Alba wandte sich ab. Letztes Mal hatte sie Gewissensbisse, Georg allein zurückzulassen, um zu einem anderen zu eilen. Sein heiseres »Geh. Geh zu diesem Finn«
war wie ein Stoß in eine frische Wunde gewesen. Jetzt wünschte sie sich, sie könnte seiner damaligen Aufforderung folgen, sich von ihm losreißen und alles hinter sich lassen. Sie wünschte sich, er würde nicht versuchen, sie aufzuhalten. Nur konnte sie im Moment nicht gehen, und auch er ließ nicht von ihr ab. Er stand so dicht hinter ihr, dass sie seinen Atem an ihrer Wange spürte.
    Wie sehr muss ich dir wehtun, damit du begreifst, dass du ohne mich besser dran wärst?
    Ganz in der Nähe bemerkte sie ihre Mutter mit einem älteren Herrn plauschen, der einen Kopf kleiner als sie war, dafür aber dreimal so breit. Klimpernde Wimpern, ein reizendes Lächeln und eindeutig zweideutige Gesten … Alba spürte ein Ziehen in der Magengrube. Wieder so ein wichtiger Partner, den ihr Vater sich angeln wollte oder von dem er sich irgendwelche Insidertipps erhoffte?
    Als ihre Mutter das Gesicht zu ihr drehte, meinte Alba davon einen Hilferuf ablesen zu können. Wieso war sie vorher nie hinter dieses Spiel gekommen? Wieso hatte sie nie gesehen, wie ihre Mutter sich verkaufte und ihren Kummer im Alkohol ertränkte, damit sie, Alba, ein schönes Leben haben konnte?
    Sie wollte hinlaufen, ihre Mutter von dem Mann wegzerren und zusammen mit ihr diesem Leben den Rücken kehren. Alba gab dem Impuls nach, schob sich zwischen zwei anderen Gästen hindurch, um ihre Mutter zu erreichen.

    Georg griff nach ihrem Ellbogen, und diesmal gelang es ihr nicht, ihn abzuschütteln.
    Â»Es wird alles gut, glaub mir«, redete er sanft auf sie ein. »Du brauchst Hilfe. Professionelle Hilfe. Wir fahren jetzt nach Hause, du ruhst dich aus, und morgen früh …«
    Alba hielt inne.
    Am anderen Ende des Saals stand Adrián. Fein angezogen, als hätte er sich mit Absicht für die Party in Schale geworfen. Anscheinend fühlte er sich wohl in seiner maßgeschneiderten Kleidung und präsentierte sich so nicht zum ersten Mal.
    Â»Nein!«, stieß Alba erstickt hervor und schob Georg als Schutzschild zwischen sich und den Nachzehrer. Sie umklammerte das Revers seines Smokings und drückte die Stirn an seine Brust. Vielleicht hatte der Untote sie nicht bemerkt? Könnte es ihr gelingen, den Saal heimlich zu verlassen?
    Die durch die vielen Parfüms schwere Luft schien ihre Sinne zu benebeln. Oder war es Adriáns Versuch, ihren Verstand zu erreichen?
    Ihre Verfassung musste Georg in der Annahme bestätigt haben, sie wäre viel zu verwirrt, um ihre Handlungen noch rational erklären zu können.
    Â»Komm jetzt«, sagte er noch fürsorglicher als je zuvor und zog sie mit sich zum Ausgang.
    Was sollte sie jetzt tun? Sich wehren und eine Szene machen? Dann würde der Nachzehrer sie garantiert entdecken. Mit Georg könnte sie ihm aber vielleicht entwischen.

    Sie zwang sich, auf den Boden zu starren. So weit sie sich erinnern konnte, durfte sie Adrián unter keinen Umständen in die Augen sehen. Denn alles fing mit dem Blickkontakt an. So musterte sie das Parkett und die vielen Schuhe.
    Alba glaubte, ihren Verfolger nun hinter sich gelassen zu haben. Gleich würden sie in der Eingangshalle sein und schließlich draußen. Doch zu früh gefreut.
    Â»Alba!«, ertönte die Stimme ihres Großonkels neben ihr. »Du willst doch nicht schon jetzt deine eigene Geburtstagsparty verlassen?«
    Georg hielt an. »Ihr kennt euch?«, rief er überrascht aus, fand jedoch sofort seine Manieren wieder. »Entschuldigung. Herr Sarmiento, ich glaube, niemand hätte es für möglich gehalten, Sie heute hier zu treffen. Es ist mir eine Ehre …«
    War der Untote in

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