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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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morgen. Und auch wenn sie sich erinnerte, musste das nichts bedeuten. Das Mädchen gehörte zu der Gemeinde, es unterwarf sich dem Duft der Königin. Die Kleine würde nicht entkommen, wie Kilian es versucht und Finn es getan hatte. Dafür würde Linnea schon sorgen.
    Â»Später. All das klären wir später, glaub mir. Jetzt muss ich los, aber ich bin so schnell wie möglich zurück. Versprochen.«
    Sie verließ die Wohnung, obwohl sie viel lieber geblieben
wäre. Ihre Leibwächter, die für ihren Schutz verantwortlich waren, wollten ihr folgen, doch sie befahl den Metamorphen, zurückzubleiben, und Micaela wies sie an, in die Wohnung zu gehen und auf Ylva aufzupassen.
    Jetzt legte sie den gleichen Weg zurück, den sie kurz zuvor in Smaragdas Körper hinter sich gebracht hatte. Nur auf zwei Beinen, warm angezogen und nicht auf die Sonnenstrahlen angewiesen. Trotzdem kam sie sich fremd vor, noch wirkten die Bewegungen nicht geschmeidig und vertraut, als hätte sie den menschlichen Körper bloß geliehen.
    Bald stand sie vor Julianes Haus: Ein alter Bau, der sicherlich keinen Energiepass bekommen würde, so viel Wärme strömte aus allen Ritzen nach draußen.
    Die alte Dame schien noch nicht da zu sein. Wunderbar. Ein wenig hatte Linnea befürchtet, ihre Erzfeindin würde früher heimkehren. Dann wäre die ganze Überraschung hin gewesen, die sie so sorgfältig vorbereitet hatte, was äußerst bedauerlich gewesen wäre.
    Linnea hatte im Schlangenkörper die nötigen Vorkehrungen getroffen, den Ersatzschlüssel im Haus gefunden und ihn in die Rosenbüsche gelegt. Kein einfaches Unterfangen für ein Kriechtier, aber so war es für sie jetzt ein Leichtes, hineinzugelangen.
    Die Tür quietschte beinahe vertraut, die Diele unter ihrem rechten Fuß stöhnte beim Auftreten. Ansonsten – eine so herrliche Ruhe. Ja, alles war genauso, wie sie es hinterlassen hatte. Wirklich alles?

    Eigentlich hatte sie geschworen, nicht nach unten zu gehen. Das würde sie nur ablenken, Zeit vertrödeln, die sie vielleicht nicht mehr hatte. Aber jetzt, da sie hier im Flur stand und das Echo eines aussichtslosen Kampfes unter ihren Füßen spürte, durch die Dielen, Steine und ihr Schuhwerk hindurch, musste sie ihn einfach sehen.
    Nicht sofort fand sie die Tür zum Keller – in ihrer Wahrnehmung verschmolz diese mit dem Blau der Wände, und so gut wie in ihrer gewohnten Umgebung konnte sie sich hier noch nicht orientieren. Auch auf der steilen Treppe, die nach unten führte, musste sie aufpassen.
    Im engen Vorraum unten streckte sie die Arme aus, um die Wände mit Regalen und irgendwelchen Dosen zu berühren. Auf ihrem Gesicht spürte sie einen leichten Luftzug und steuerte die Richtung an, aus der er kam. Ein schmaler Durchgang folgte, dann erstreckte sich die Waschküche vor ihr. Die Waschmaschine spülte vor sich hin, der Trockner brummte, und die Wärme der Geräte zeichnete sich deutlich in ihrer Infrarotwahrnehmung ab. Doch nicht das ließ sie innehalten. Ihr Gespür für Übersinnliches schlug Alarm. Spuren des Schattenreiches, tief mit den Fasern des Hauses verwachsen. Hier, im Keller, am stärksten. Was hatte das zu bedeuten?
    Alles Mögliche. Dass einst eine Hexe das Haus besucht hatte, dass es an einem magischen Ort erbaut worden war … Nein, sie musste sich keine Sorgen machen. Wenn die Spuren sich so tief in das Mauerwerk
eingeätzt hatten, waren sie schon sehr lange da. Ob Juliane Dwenger von der uralten Magie wusste, mit der ihr Haus buchstäblich getränkt war? Vermutlich nicht.
    Linnea setzte ihren Weg fort und trat in den letzten Raum des verwinkelten Kellers. Hier verharrte sie und beobachtete die leuchtende Gestalt, die mit den Fesseln kämpfte. Es musste dunkel sein, denn der Gefangene bemerkte ihre Anwesenheit nicht.
    Lautlos schritt sie voran. Erst als sie ihm ihre Hand auf die Brust legte, zuckte er zusammen und erstarrte. Nur sein Herz trommelte wie wild unter ihrer Handfläche.
    Sie schmiegte sich an ihn, fuhr über seine Schultern und Arme, die nach oben gestreckt und an den Gelenken mit Handschellen an ein Fenstergitter gefesselt waren.
    Â»Guten Morgen, Dornröschen. Ich habe schon befürchtet, du wachst nie auf. Ausgeschlafen? Nach achtzehn Stunden könnte man das annehmen.«
    Finn stöhnte. Sie streichelte ihm über die Wangen, die mit Bartstoppeln

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