Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
Vom Netzwerk:
aus dem Verlies. Als Alba in den Keller trat, flog ihr Blick zu Finn. Ich bin gleich bei dir , wollte sie ihm zurufen und blieb stumm.
    Sie ließ das Mädchen los, das sich an sie zu klammern versuchte und, allein gelassen, aufwimmerte.
    Alba hingegen wimmerte nicht, obwohl auch sie niemanden hatte, an den sie sich hätte klammern können. Für sie hörte die Welt auf, sich zu drehen, überhaupt zu existieren.
    Finn war tot.

Epilog
    S ie musste ihn nicht berühren, um Gewissheit zu erlangen, sie wusste es auf den ersten Blick. Vielleicht war er gestorben, als er ihr nicht geantwortet hatte, noch bevor sie in das Verlies gegangen war. Vielleicht kurz danach. Das spielte keine Rolle mehr.
    Finn war tot.
    Und auch das spielte keine Rolle. Das Leben ging weiter, nur er und zusammen mit ihm auch sie gehörten nicht mehr dazu. Alba ließ sich neben ihm nieder und umschloss seine Finger. Kalt und schwer lag seine Hand in der ihren.
    Irgendwann stand Adrián wieder bei ihr. »Um die Kinder werden sich die Polizisten kümmern. Die Mädchen sind in Sicherheit, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    Machte sie sich auch nicht. Sie beobachtete, wie sich seine Lippen beim Sprechen bewegten, doch seine Worte verloren für sie jegliche Bedeutung. Was um sie herum geschah, war nur noch ein Film, der ohne ihr Zutun immer weiterlief. Ein Film, den sie nicht mochte und dem sie trotzdem zusehen musste.
    Â»Es tut mir wirklich leid, Alba. Ich weiß nicht, warum
Alfred nicht gekommen ist. Etwas muss ihn aufgehalten haben, ich kann ihn nicht mehr erreichen. Es … es tut mir wirklich sehr leid.«
    Ihr … nicht. Sie hockte auf ihren Fersen und hielt Finns Hand. Auch das hatte keinen Sinn mehr, aber irgendetwas musste sie tun. Bedauerlicherweise konnte sie sich nicht einfach so auflösen und zu dem werden, was sie empfand. Zu nichts.
    Â»Alba, es ist besser, wenn wir jetzt gehen. Wir können nichts mehr für ihn tun.«
    Natürlich. Deshalb tat sie auch nichts, außer Finns Hand zu halten. Und wünschte sich, ihr Großonkel würde sie in Ruhe lassen.
    Â»Alba? Hörst du mich?«
    Sie streichelte über Finns Finger, berührte die Narbe an seinem Handrücken. Jetzt konnte nichts und niemand ihm noch wehtun, er müsste nie wieder leiden. Das war schön. Sie sollte sich für ihn freuen.
    Â»Was ist mit dir? Du machst mir Angst. Wenn ich mich auf dein Âjnâ konzentriere, falle ich in eine Leere, die ich noch nie bei einem Menschen in einem solchen Ausmaß gespürt habe. Komm, lass uns gehen, ich muss dich jetzt von hier fortbringen. Das ist besser für dich, glaub mir.«
    Er griff nach ihren Schultern. Um sie hochzuheben und davonzutragen, besaß er nicht genug Kraft. Und selbst wenn doch – was er mit ihrem Körper anstellte, war ihr gleichgültig. Denn auch ihr Körper war bloß ein Teil des seltsamen Films um sie herum, der immer weiter ablief.

    Auf einmal erklang eine lispelnde Stimme, die Alba nicht kannte: »Ich hätte nicht gedacht, dass sich alles noch zum Guten für mich wenden würde.« Im Film erschien eine neue Figur: eine zierliche Frau. Ihr bronzefarbenes Haar war zu einem Zopf geflochten, der ihr bis zur Taille reichte. Vor ihren Füßen ringelte sich eine grüne Schlange. Alba erkannte das Tier. Sie hatte es damals auf dem Dachboden gesehen.
    Damals.
    Vor einer Ewigkeit.
    Als Finn noch lebte.
    Hinter der Frau standen Micaela mit ihrer Katze und zwei Männer, deren Seelentiere anscheinend anderswo weilten. Also musste die Schlangenfrau Linnea sein, die Königin der Metamorphe. Was für eine Ehre.
    Â»Ich kann es nur wiederholen: Wie schön, wenn einem die Arbeit abgenommen wird.« Linnea lachte und trat mit dem Fuß gegen Julianes Kopf, der über den Boden zu Alba kullerte. Alba hätte ihn zurückgekickt, sie wollte das Ding nicht bei sich haben, aber dafür hätte sie sich bewegen müssen. »Die Erzfeindin ist besiegt. Der Verräter hat mit dem Tod bezahlt. Das Weibsstück, das mir ihn, einen meiner Gefolgsleute, streitig machen wollte, ist ebenfalls in meiner Gewalt und zu guter Letzt: ein Totenküsser. Nein, der Totenküsser. Der mir einst entwischt ist und jetzt keine Energie hat, um gegen mich und meine Leute zu bestehen. Wunderbar.«
    Â»Dass ich keine Energie mehr habe – darauf würde
ich an deiner Stelle nicht wetten«, knurrte Adrián, der die

Weitere Kostenlose Bücher