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Nachtseelen

Titel: Nachtseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krouk Olga
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Königin nicht aus den Augen ließ.
    Â»Ach, komm schon. Sieh dich nur an! Ein Schmetterling würde dich umwerfen. Also spiel nicht den Helden, sondern ergib dich.«
    Â»Das hättest du wohl gern. Während wir hier plauderten, habe ich Conrad informiert. Bald ist er mit unseren Leuten da, und du wirst mit deinen Helfern richtig ins Schwitzen kommen, glaub mir.«
    Alba sah vom einen zum anderen und wusste, wie es ausgehen würde. Ihr Großonkel konnte einen Kampf in seinem Zustand unmöglich überstehen, bis Verstärkung anrückte.
    Sie verflocht ihre Finger mit Finns. Auch ich werde sterben , regte sich ein Gedanke in ihrem Kopf, als hätte ein Souffleur ihr den Text zugeflüstert. Hier werde ich mein Ende finden. Dies ist mein Ende.
    Â»Conrad …« Linnea schloss die Augen und ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. In ihrer Stimme schwang eine Schwermut mit, die gar nicht zu den harten Zügen ihres Gesichts passte. »Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen. Leider habe ich das Gefühl, er geht mir aus dem Weg.« Vielleicht wollte sie herablassend oder sarkastisch klingen, doch Alba sah in ihr nur eine verbitterte Frau, die um einen Mann trauerte, der ihr nie mehr gehören würde. Alba beneidete sie darum. Denn immerhin konnte diese Frau trauern und somit etwas empfinden, immerhin war der Mann noch da und nicht gänzlich verloren.

    Â»Welch ein Wunder«, spottete Adrián. »Ich glaube, er steht nicht so auf Schlangen.«
    Â»Genug geplaudert«, schnaufte die Königin, um den Moment der unachtsamen Schwäche zu überspielen, und schnippte mit den Fingern, was irgendwie theatralisch wirkte.
    Die zwei Metamorph-Männer stürzten sich auf Adrián. Sie schlugen den Untoten nieder. Als er am Boden lag, drückte einer von ihnen ihm sein Knie in den Rücken und hielt ihn so, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Micaela ging gemächlich zu Alba und zerrte sie von Finn weg. »Hallo, meine Hübsche. Hast du mich vermisst?«, raunte sie ihr ins Ohr.
    Finns Hand konnte sie nicht mehr halten. So sah Alba ihn stumm an, ohne auf irgendetwas zu reagieren.
    Mein Gott, warum? Warum muss das alles so enden?
    Aber wenigstens endete es endlich. Der Film lief ab. Bald würde das Licht angehen, und die Zuschauer würden den Saal verlassen.
    Das Licht ging tatsächlich aus, oder zumindest wurde es schwächer, als hätte jemand eine Lampe zugedeckt. Die Welt war wie mit einem dunklen Schleier überzogen, der sich wie Rauch bewegte. Alba bemerkte Schatten darin, unförmige Gestalten mit leeren Augenhöhlen und aufgerissenen Mündern, die Edvard Munchs ›Der Schrei‹ hätten entsprungen sein können.
    Die Metamorphe befanden sich dahinter, auf der anderen Seite, redeten durcheinander, ohne begreifen zu können, was mit ihren Gefangenen geschehen war,
wobei die Geräusche nur gedämpft und verzerrt den Schleier durchdrangen. Bloß Linnea starrte den Rauch direkt an – überrascht, verärgert und ein klein wenig ängstlich.
    Alba sah an sich herunter. Ihr Körper schimmerte bläulich und in einigen anderen Farben, die nicht ganz so deutlich zu definieren waren, wirkte ätherisch und durchsichtig. Adriáns Schimmern – warum auch immer er gerade neben ihr stand – kam ihr matt vor, von einem eintönigen Grau dominiert.
    Sie beide waren nur Geister ihrer selbst. Der Rauch schien an ihnen zu saugen, und bald würden sie selbst zu Schatten werden und mit stummen Schreien durch die dunklen Wogen gleiten.
    Adrián fuhr mit der Hand durch den Rauch, der sie umgab, und seine Finger wirkten wie Rauchfäden einer Kerze. »Es fühlt sich … so dunkel an. Was ist passiert? Etwas Merkwürdiges geht hier vor. Und das gefällt mir ganz und gar nicht.«
    Mir … schon. Wir sind einfach nur tot …
    Â»Das seid ihr nicht. Ihr steht an der Pforte zum Schattenreich, das ist alles«, donnerte eine Stimme, die von überall zu kommen schien – aus den Wogen, aus den Mündern der Schatten, aus Alba und Adrián selbst.
    Dann erblickte Alba das Wesen, das gesprochen hatte. Es war eine riesige, menschenähnliche Gestalt mit blauschwarzer Haut und sechs Armen. Das verfilzte Haar fiel ihr wie ein schwarzer Umhang über die Schultern. Die blutunterlaufenen Augen funkelten wie Sterne. Doch
noch verstörender wirkten Schmuck und Kleidung der Gestalt: eine Kette aus

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