Nachtseelen
merken sollen, das Schattenreich, das sie umgibt, spüren können. Oder warst du zu sehr damit beschäftigt, sie zu besteigen?«
»Du lügst«, würgte er hervor.
»Tu ich das?«
»Du lügst.« Er wandte sein Gesicht ab, um seinen Schmerz zu verbergen. »Das ist nicht wahr. Das kann nicht wahr sein.« Seine Stimme verebbte.
»Sie sagt die Wahrheit«, erwiderte die Mächtige leise. »Ach Adrián, ich wünschte mir, du hättest es auf andere Weise erfahren. Aber ich konnte es dir unmöglich sagen, ich â¦Â«
»Seid still«, brüllte er. »Ihr alle! Ich will nichts mehr von euch hören. Lasst mich hier raus!« Wieder versuchte er durch den Rauch hindurchzugelangen, obwohl er ihm nicht entkommen konnte.
»Die Schatten«, setzte die Hexe erneut an, ohne seine Forderung zu beachten. »Erinnerst du dich, wie du mich gefragt hast, was das für Schatten waren, die manchmal unter meiner Haut zu huschen schienen? Oder der EnergiestoÃ, ohne dass ich meine Kraft dazu aufbringen musste? Ich bin es, Adrián. Erkennst du mich nicht in dieser Gestalt?«
Er knirschte mit den Zähnen und brachte es nicht über sich, die Mächtige anzuschauen. Seine Züge wirkten hart, die Augen dunkel und matt.
»Adrián â¦Â«, beinahe zärtlich erklang der Ruf der Hexe, wurde aber von Linnea unterbrochen: »Hm, dann
hat sie euch vermutlich ebenfalls unterschlagen, dass sie Hermann Herzhoff umgebracht hat?«
Adrián zuckte zusammen, während Linnea weitersprach, als hätte sie ihren Spaà daran, ihn zu quälen: »Sie hat ihn gefoltert und sich an seinen Schreien ergötzt, und als er nur noch eine Haaresbreite vom Tod entfernt war, hat sie ihn aufgeschlitzt. Danach ist sie wohl zu dir zurückgekehrt, hat wieder ein armes, hilfloses Mädchen gespielt, damit sie sich an deiner Liebe satt trinken konnte.« Sie wandte sich an die Hexe: »Und das Feuer, wie bist du dem entkommen?«
»Wie kannst du das Schattenreich sehen und es betreten?«, kam es hasserfüllt zurück. »Vielleicht sollte ich dich zerquetschen, damit du für immer deinen Mund hältst?«
»Tut die Wahrheit so weh, dass du mich dafür töten willst? Beruhige dich, denn das kannst du nicht. Ich bin Oyas Geliebte, ich gehöre nur ihr. Zuerst konnte ich das Schattenreich nur spüren. Dann hat die Göttin mich mit hineingenommen, und nun kann ich es sehen.
Beantwortest du jetzt auch umgekehrt meine Frage, oder â¦
Nein, ich glaube, ich weià es selbst. Du musstest aus deinem Körper vor den Flammen fliehen. Und Oya dachte, du würdest das nicht übers Herz bringen! Wegen deines Totenküssers, um ihn weiter glauben zu lassen, du wärst ⦠bloà untot, genauso wie er.«
Durch den Schleier drangen Kampfgeräusche heran. Alba schaute sich um. Conrad und seine Nachzehrer
stürmten in den Keller und stürzten sich auf die Metamorphe, die den Angriff nicht erwartet hatten. So starb einer der Männer, noch bevor er die Untoten überhaupt wahrgenommen hatte. Die Nachzehrer besaÃen Schusswaffen, machten aber keinen Gebrauch davon. Vermutlich, um die Nachbarn nicht noch mehr zu verstören.
»Conrad!« Bei seinem Anblick setzte Linnea spontan zu einer Bewegung an, als wolle sie ihn umarmen, wurde sich allerdings sogleich ihres Temperaments bewusst, hielt inne und gab sich locker. »Na, endlich ist auch der Ehrengast eingetroffen. Entschuldigt mich.« Sie schlüpfte durch den Rauchschleier auf die andere Seite.
Als hätten sie auf ihr Erscheinen gewartet, rückten von der Waschküche her weitere Metamorphe in den Raum vor und nahmen die Nachzehrer in die Zange.
»Adrián â¦Â«, rief die Hexe dem Untoten zu, der die Kampfhandlungen fieberhaft beobachtete, unfähig, dem Oberhaupt seines Clans zu helfen. »Adrián, hör mich doch an!«
Er reagierte nicht. Gebannt verfolgte er den Kampf, versuchte den Schleier zu durchdringen, doch die Mächtige schien ihn nicht durchlassen zu wollen.
»Adrián ⦠Ich bin noch die, in die du dich verliebt hast. Als wir uns getroffen haben, war Evelyns Seele mit meinem Wesen bereits verschmolzen, du hast nie eine andere Evelyn gekannt. Auch wenn ich erst jetzt begreife, dass nichts davon Zufall war, sondern von Oya genau geplant. Wie auch ⦠all das hier.«
Der Nachzehrer lieà von seinen Bemühungen, auf die andere
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