Nachtseelen
Brüste frei. Sie verschränkte die Arme vor ihnen, umarmte sich wie ein Mädchen, das sich selbst zu trösten versucht.
Georg griff nach ihren Handgelenken und führte ihre Arme auseinander. »Warum so schüchtern?« Seine Stimme bebte vor Erregung, die er im Zaum zu halten versuchte. Sie rechnete es ihm hoch an, dass er ihr die ganze Angelegenheit so schön wie möglich zu machen versuchte, aber die Bemühungen waren umsonst. Nichts vermochte die Leere in ihr zu füllen und das Eis ihrer Gefühle zu brechen.
Seine Zunge kreiste um ihre Brustwarzen, die sich an der kühlen Luft hart aufrichteten. Mit einer Hand zog er ihren Rock hoch und schob das Höschen beiseite.
Dann drang er in sie ein. Es tat weh. Seine Erektion füllte sie aus â etwas Hartes, Fremdes, das nicht in sie hineingehörte. Schmatzend klatschte Fleisch auf Fleisch, und sie ekelte sich vor dem Geräusch.
Dies war die Stelle, an der Alba das Geschehen ausblendete.
Während Georg mit groben StöÃen weiter in sie drang, zog alles Mögliche durch ihren Kopf, das herzlich wenig mit seinen Anstrengungen zu tun hatte.
Sie dachte an die entführten Kinder und die rätselhaften Notizen ihres GroÃvaters, an den Mörder und seine Fähigkeiten, die sie nie für real gehalten hätte, wenn sie ihn nicht selbst beobachtet hätte. Und auch dann wollte sie ihren Wahrnehmungen nicht so recht trauen. Sie bedauerte den Tod ihres Opas, versuchte sich an ihre Kindertage in diesem Haus zu erinnern und konnte es nicht.
Irgendwann schweiften ihre Gedanken zu Finn.
Sein Gesicht tauchte vor ihrem inneren Auge auf, und Alba setzte ihre ganze Vorstellungskraft ein, um das Bild bei sich zu behalten und seine Züge etwas länger zu genieÃen. GenieÃen ⦠Es kam ihr befremdlich vor, an einen Mann zu denken, während ein anderer über ihren Körper verfügte, wie es ihm beliebte. Aber die Illusion, Finn wäre bei ihr, genoss sie tatsächlich.
Ein warmer Strudel wirbelte in der Mitte ihres Bauches. In Zeitlupe erlebte sie erneut, wie sie aus der Kapelle gestürzt war. Den Fall, seine Umarmung, die Wärme seines Körpers. Sein Duft stieg ihr in die Nase. Kein Parfüm oder Aftershave â es war der Geruch nach frischen Holzspänen. Aromatisch und herb, erinnerte er sie an einen Wald.
Sie spürte ein angenehmes Ziehen in ihrem Inneren, das in ihr ein seltsames Verlangen auslöste. Etwas, was sie noch nie zuvor empfunden hatte. Und schon gar nicht
mit einer solchen Intensität. Ein irrsinniger Wunsch, ihn zu küssen, überfiel sie.
Alba schloss ihre Hände um seinen Nacken, zog in an sich, bog ihm ihr Becken entgegen. Liebe mich!
Der Strudel riss sie mit sich, und ihr wurde schwindelig. Sie atmete heftiger. Liebe mich, so, wie sich noch keiner getraut hat, mich zu lieben! Ihre Fingernägel zogen Striemen über seine Haut, und ein schmerzerfülltes Aufstöhnen drang an ihre Ohren. Sie nahm es kaum wahr. Stürmisch küsste sie seine Lippen und schmeckte das Pfefferminz.
Liebe mich leer, bis in mir nichts mehr bleibt, auÃer dem Verlangen nach dir. Liebe mich, als gäbe es kein Morgen und keine Welt um uns herum. Nur mich und dich. Und dich in mir.
Aber diesen Traum zu Ende zu träumen blieb ihr verwehrt.
Georg schnaufte, brach über ihr zusammen, und Alba wurde sich mit einem Schlag der Wirklichkeit bewusst. Sein schweiÃnasser Körper klebte an ihrem. Dann fiel er zur Seite wie ein Blutegel, der sich an ihr satt gefressen hatte.
»Oh, Schatz«, presste er atemlos hervor. Seine Hand suchte die ihre. »Es war so ⦠so ⦠Es war einfach unglaublich!«
Alba bemühte sich, den Wirbelsturm ihrer Sinne zu bezwingen. Aber er blieb da und verzehrte sie, nährte sich an ihrem unerfüllten Verlangen. Sie schloss die Augen, um in das Gesicht zu blicken, das sie sehen wollte.
»Finn.« Sein Name kam wie ein Windhauch von ihren Lippen. Das erste Wort seit zwölf Jahren, das sie nicht gestottert hatte.
Georg hörte es nicht. Er rückte an sie heran, umarmte sie und küsste ihre Wange. »Ich liebe dich.«
Zusammen mit dem Kuss sickerte Schuld in ihre Seele und verbitterte sie im Innersten. Es mochte sein, dass Georg groÃartigen Sex mit ihr hatte, aber sie nicht mit ihm. Sie hatte ihn betrogen. Wenn auch nur in Gedanken.
Kapitel 8
E ine halbe Nacht verbrachte Finn damit, die Bücher, die er in einer
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