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Nachtsplitter

Nachtsplitter

Titel: Nachtsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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das dunkelbraune
Tomte
-Tour- T-Shirt , das ich ihm als Erinnerung an unser erstes gemeinsames Konzert zum Geburtstag geschenkt hatte, und seine löchrige Lieblingsjeans.
     Seine Augen lächelten, als er mich sah, und ich bekam nun doch noch ein schlechtes Gewissen. Er war kein bisschen sauer, weil
     ich ihn hatte warten lassen. Wie immer.
    Ich bremste und stieg vom Rad. »Sorry, ist etwas später geworden.«
    »Wir mussten uns erst noch hübsch machen.« Pia kicherte.
    Markus stand jetzt direkt vor mir. Er strich mir eine leicht verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn und fuhr mit dem Finger
     meinen Hals entlang. »Du siehst toll aus.« Er küsste mich. Es schmeckte nach Tabak und Pfefferminzkaugummi. So vertraut und
     doch irgendwie schal. Seit wann eigentlich?
    Sein Mund hatte mir gleich gefallen. Er war ziemlich groß, mit prallen, sanft geschwungenen Lippen. Der ideale Kussmund, hatte
     ich gedacht, als ich Markus zum ersten Mal ins Gesicht sah. Das war vor einem Dreivierteljahr auf einem Konzert im Alten Schlachthofgewesen. Rock und Punk von verschiedenen Newcomer-Bands. Die meisten ziemlich schlecht, es war kein besonders toller Abend
     gewesen. Pia und ich wollten gerade gehen, als Markus mich anrempelte. Sein Bier schwappte auf meine Jeans. Ich war ziemlich
     sauer. Er entschuldigte sich ungefähr tausendmal und bestand darauf, mir und Pia als Entschädigung etwas zu trinken auszugeben.
     Ich hatte eigentlich keine Lust, aber Pia war sofort Feuer und Flamme. Kein Wunder, Markus passt genau in ihr Beuteschema.
     Groß, blonde Wuschelhaare, Koteletten, Dreitagebart. Und dann noch der Kussmund und seine tollen blauen Augen. Wenn er einen
     damit ansieht, ist das, als würde einem die Sonne ins Gesicht scheinen. Warm, angenehm, einfach ein rundum gutes Gefühl.
    Pia baggerte Markus nach allen Regeln der Kunst an, während ich etwas gelangweilt danebenstand. Aber er ging überhaupt nicht
     darauf ein. Er schien immun gegen Pias Charme zu sein und das kommt wirklich nicht oft vor. Statt mit meiner besten Freundin
     zu flirten, wollte er wissen, was ich für Musik höre. So fing alles an.
    »Ihr habt noch nichts verpasst«, sagte Markus. Seine Hand lag auf meiner Hüfte. »Die erste Band hat gerade erst angefangen.«
    »Na dann, nichts wie rein ins Vergnügen!« Pia marschierte sofort los.
    Wir schoben unsere Fahrräder ein Stück denSandweg entlang, lehnten sie an einen Baum und ketteten sie aneinander. Der Wald war voller Fahrräder, sie standen überall
     herum wie die Objekte eines seltsamen Kunstprojekts.
    Der Festivalplatz war erst zur Hälfte gefüllt. Vor der Bühne hatte sich ein kleiner Pulk gebildet, vermutlich eingefleischte
     Fans der Band, die sich dort gerade abmühte. Sie spielten Coverversionen von AC/DC und das nicht einmal schlecht. Trotzdem
     kam keine richtige Stimmung auf. Die meisten Besucher warteten auf die Haupt-Acts des Abends und hielten sich bis dahin in
     der Nähe der Getränkebuden auf.
    »Wollt ihr was trinken?«, fragte Markus über die Musik hinweg. Sein Arm lag locker auf meinen Schultern, während wir über
     den Platz schlenderten. Ich unterdrückte den Impuls, ihn abzuschütteln.
    Anfangs hatte mir das gefallen. Händchen halten, Arm in Arm durch die Gegend laufen, eng aneinandergeschmiegt, sodass jeder
     sehen kann, dass man zusammengehört. Zu zweit sein, nicht mehr allein. In Sicherheit. Jetzt nervte mich dieses Beziehungsgetue
     immer öfter. Vielleicht machte mich zu viel Nähe einfach aggressiv.
    »Für mich ein Bier«, sagte Pia.
    »Okay.« Markus nahm den Arm von meiner Schulter und ich atmete sofort wieder freier. »Und für dich?«
    »Dasselbe.«
    Er verschwand zwischen den Leuten, die dennächstgelegenen Getränkestand umlagerten. Die Sommernacht senkte sich sanft über den Platz. AC/DC schepperte aus den Boxen.
     Es roch nach Fichtennadeln, trockener Erde und Gras. Nach der langen Hitzeperiode war der Boden hart und rissig. Ein dünner
     Staubfilm hatte sich auf meine Chucks gelegt. Selbst die hohen Fichten, die den Platz umgaben, sahen grau aus. Irgendwo hinter
     den Bäumen lag der See. Plötzlich sehnte ich mich nach seinem kühlen, klaren Wasser, das alles abwaschen würde. Den Staub,
     die leicht melancholische Stimmung, die mich gerade überkam, und den schalen Nachgeschmack von Markus' Kuss.
    »Mann, hier ist ja noch überhaupt nichts los«, stellte ich fest.
    Die angenehme Benommenheit vom Sekt, die ich zu Hause noch gespürt hatte, war verflogen. Der

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