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Nachtsplitter

Nachtsplitter

Titel: Nachtsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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Fahrtwind hatte sie aus meinem
     Kopf gepustet. Ich freute mich auf ein kühles Bier.
    Pia nickte. »Und die Band ist auch scheiße. Siehst du irgendwen?« Sie schaute sich suchend um.
    Ich schüttelte den Kopf. Lauter unbekannte Gesichter leuchteten mir aus dem Blau der Nacht entgegen. Dabei war bestimmt unsere
     halbe Schule hier.
    »Shit!« Pia duckte sich plötzlich und suchte hinter mir Deckung.
    »Was ist denn?«
    »Da vorne ist Paul mit seinen Kumpels«, zischte Pia. »Sie kommen direkt auf uns zu. Lass uns abhauen!«Sie griff nach meinem Arm und zerrte mich auf die andere Seite des Getränkestands.
    Ich machte mich mit einer schnellen Bewegung los. »Was soll das?«
    »Puh, das war knapp.« Pia tat so, als wäre sie gerade einem Killer-Kommando entwischt. »Wenn Paul mich sieht, werde ich ihn
     bestimmt den ganzen Abend nicht mehr los. Der Typ ist die reinste Klette. Darauf hab ich echt keine Lust.«
    »Willst du jetzt etwa ständig vor ihm weglaufen?«, fragte ich. »Das ist doch albern!«
    »Nur so lange, bis er checkt, dass ich nichts von ihm will.«
    »Warum redest du nicht einfach Klartext mit ihm? Das wäre wesentlich einfacher, als jedes Mal die Flucht zu ergreifen, wenn
     er irgendwo auftaucht.«
    »Hey, ist das da hinten nicht Jakob?« Pia reckte den Hals, um einen Blick über den Pulk von Mittzwanzigern zu werfen, die
     neben uns standen und sich mit ihren Plastikbechern voller Bier zuprosteten. Wahrscheinlich Studenten aus einer der umliegenden
     Uni-Städte. Das Festival zog nicht nur Leute aus unserem Ort an, sondern aus der gesamten Region und darüber hinaus.
    »Lenk nicht ab!«, sagte ich vorwurfsvoll.
    Das war typisch Pia. Mit unangenehmen Themen brauchte man ihr nicht zu kommen. Sie ging Konflikten genauso geschickt aus dem
     Weg wie Gesprächen, auf die sie keine Lust hatte.
    »Das ist er, eindeutig.« Pia grinste, ohne auf meine Bemerkung einzugehen. »Ich glaube, heute ist mein Glückstag.«
    Sie ließ mich stehen, schlängelte sich durch die Menge und tippte einem hochgewachsenen Typ auf die Schulter. Als er sich
     umdrehte, erkannte ich ihn auch. Jakob Irgendwas, der Neue aus unserer Klasse. Vorgestern hatte Herr Mertens ihn mitgebracht
     und als »neues Mitglied unserer Klassengemeinschaft« vorgestellt. Jakob hatte neben ihm gestanden und keine Miene verzogen.
     Er war weder rot geworden noch hatte er zu Boden geschaut. Er hatte uns einfach gemustert, einen nach dem anderen, ohne große
     Neugier. Dann hatte er sich auf dem einzigen freien Platz rechts von mir niedergelassen und seitdem kaum mehr als drei Worte
     von sich gegeben. Die Versuche einiger Mädels, in der Pause mit ihm Kontakt aufzunehmen und ihn ein bisschen auszufragen,
     hatte er allesamt höflich, aber bestimmt abgeblockt. Niemand wusste, woher er kam, was ihn hierher verschlagen hatte und warum
     es scheinbar unter seiner Würde war, mit uns zu reden.
    »Cooler Typ«, hatte Pia mir zugeraunt. Ich hatte das Glitzern in ihren Augen gesehen. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen,
     wann sie es bei ihm versuchen würde. Jetzt war offenbar der richtige Moment gekommen. Kurz erwog ich, eine Wette mit mir selbst
     darüber abzuschließen, ob Pia es schaffen würde, bei Jakob zu landen, oder nicht. Doch da ich ihre Chancenabsolut nicht einschätzen konnte, ließ ich es bleiben.
    Ich sah, wie Pia Jakob ansprach. Sie lächelte, seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht deuten. Er schien überrascht zu sein,
     aber nicht wirklich begeistert. Eher amüsiert. Pia zeigte zu mir, legte den Kopf schief. Sie griff nach seinem Arm, er folgte
     ihr. Sie gaben ein schönes Paar ab. Er war einen Kopf größer als sie, eher drahtig als muskulös, die dunklen Haare nachlässig
     mit etwas Gel gestylt. Sie tänzelte wie eine blonde Elfe vor ihm über den staubigen Platz, zwischen den Festivalbesuchern
     hindurch, die allmählich etwas zahlreicher wurden.
    »Sieh mal, wen ich getroffen habe!«, rief Pia aufgedreht.
    »Hallo«, sagte Jakob.
    Ich nickte ihm zu. »Hi. Ich bin Jenny.«
    »Ich weiß.«
    Während Jakobs Blick auf mir ruhte, fielen mir zum ersten Mal seine Augen auf. Sie waren dunkel und matt wie schwarzes, unpoliertes
     Glas. Als würden sie das Licht aufsaugen.
    Markus erschien neben mir. »Da seid ihr ja! Ich hab euch schon überall gesucht. Verdammt voll am Getränkestand.« Er verteilte
     Plastikbecher mit Bier an Pia und mich.
    »Das ist Jakob«, sagte Pia. »Er ist neu in unserer Klasse.«
    »Tatsächlich?« Markus musterte

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