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Nachtsplitter

Nachtsplitter

Titel: Nachtsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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hatte
     es so eilig wegzukommen, dass ich fast meinen Stuhl umwarf, als ich mich zwischen den eng stehenden Tischen durchdrängelte.
     Die Sonne stach mir in die Augen und das Geschrei des Kindes dröhnte in meinem Kopf.
    »Warte, Jenny!« Meine Mutter legte einen Zehneuroschein auf den Tisch und folgte mir. Sie griff nach meinem Arm. »Du bist
     ganz blass. Bestimmt die Hitze.«
    »Ja, bestimmt.« Wir überquerten den Marktplatz und bogen in eine kleine Seitenstraße ein. Mit jedem Schritt, den ich mich
     vom Café entfernte, fühlteich mich besser. Ich versuchte, die quälenden Bilder, die mir durch den Kopf gingen, zu ignorieren.
    Dieser eklige Typ mit seinem schmierigen Grinsen. Das Glitzern in seinen Augen. Was wusste er von mir, das ich nicht wusste?
     Welche Albträume würden sich noch als Wirklichkeit herausstellen?
    Und was, wenn die Wirklichkeit nur ein Traum war?
    »Setz dich da hin.« Meine Mutter drückte mich auf eine Bank, die im Schatten einer Kastanie stand. »Bin gleich wieder da.«
     Sie ging in den Supermarkt gegenüber und kam kurze Zeit später mit einer Wasserflasche zurück. »Trink einen Schluck. Dann
     stabilisiert sich dein Kreislauf.«
    »Danke.« Ich nahm die Flasche und setzte sie an die Lippen. Das eisgekühlte Wasser tat gut. Ich war noch etwas zittrig, aber
     die Übelkeit und das Schwindelgefühl waren verschwunden. »Geht schon wieder.«
    »Sicher?« Mama sah mich prüfend an.
    Ich nickte. »Alles in Ordnung.«
    »Lass uns nach Hause fahren«, schlug Mama vor. »Du solltest dich etwas hinlegen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nicht nötig. Ich bin wieder fit, ehrlich. Außerdem wolltest du doch noch Besorgungen machen. Und
     ich hab auch noch was vor. Wir sehen uns später zu Hause, okay?«
    Meine Mutter zögerte. »Ich weiß nicht . . . Und wenn dir wieder schwindelig wird? Mit einem Kreislaufkollaps ist nicht zu
     spaßen, Jenny.«
    »Mach dir keine Sorgen.« Ich lächelte meiner Mutterberuhigend zu. »Ich hab nur zu viel Sonne abbekommen, das ist alles. Mir geht's bestens.«
    »Na gut. Ich hab tatsächlich noch etwas zu erledigen.« Mama machte ein geheimnisvolles Gesicht. Als wüsste ich nicht ganz
     genau, dass sie mir etwas zum Geburtstag kaufen wollte. »Aber sobald du dich schlecht fühlst, rufst du mich an, ja?«
    Ich nickte. »Mach ich. Bis später! Und gib nicht alles Geld auf einmal aus.«
    Mama lachte und ging in Richtung H&M davon. Hoffentlich musste ich an meinem Geburtstag nicht so tun, als würde ich mich über
     ein grasgrünes T-Shirt freuen. Oder über einen schicken neuen Rucksack.
    Ich blieb noch eine Weile auf der Bank sitzen, während ein lauer Wind durch die Kastanienblätter fuhr und sie leise rascheln
     ließ.
    Dann fasste ich einen Entschluss.

7
    »Wir müssen reden.«
    Wenn Jakob überrascht war, mich so schnell wiederzusehen, ließ er sich nichts anmerken. Er hatte gerade an einem der Tische
     vor dem Café abkassiert und steckte das große Portemonnaie mit einer routinierten Bewegung hinten in seinen Hosenbund. DerTyp mit dem schmierigen Grinsen war nicht zu sehen und darüber war ich froh.
    »Okay«, sagte Jakob. »Ich hab gleich Feierabend. Gib mir eine Viertelstunde.«
    Während ich wartete, verschwand die Sonne hinter den Häusern und das Café leerte sich allmählich. Eine junge Frau wischte
     die Tische ab und stapelte die Stühle übereinander. Auch die umliegenden Geschäfte schlossen eins nach dem anderen. Es war
     kurz nach sechs. Feierabendzeit.
    Ich trat nervös von einem Bein aufs andere. War es die richtige Entscheidung gewesen, in die Offensive zu gehen und Jakob
     anzusprechen? Aber was hatte ich für Alternativen? Ich wollte endlich wissen, was los war.
    Als Jakob aus dem Café kam, straffte ich die Schultern und ging auf ihn zu. Er trug jetzt wieder seine normalen Klamotten
     und hatte sich die Tasche aus Lkw-Plane über die Schulter gehängt.
    Wir liefen schweigend nebeneinander her, über den Marktplatz und die Haupteinkaufsstraße hinunter. Instinktiv wählte ich eine
     Route, auf der noch andere Menschen unterwegs waren.
    Ich holte tief Luft und stellte die Frage, auf die ich immer noch keine Antwort bekommen hatte: »Was willst du von mir?«
    Jakob warf mir einen schnellen Seitenblick zu. »Wieso ich von dir? Du wolltest doch mit mir reden.«
    »Du weißt genau, was ich meine.« Ärger stieg in mirauf und verdrängte die Angst. »Warum verfolgst du mich?«
    Jakob zog eine Augenbraue hoch. »Was soll das heißen? Du bist heute im

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