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Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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Zigeuner?«
    Szukalski war es zwar gelungen, sich nach außen zu kontrollieren, aber gegen das heftige Pochen seines Herzens hatte er nichts auszurichten vermocht, und so fürchtete er fast, daß Dieter Schmidt es hören könnte, als er antwortete: »In der Leichenhalle, Herr Hauptsturmführer!«
    »Ist er tot?«
    »Ja.«
    »Wie günstig für Sie.«
    »Wie belieben, Herr Hauptsturmführer?«
    »Jetzt werde ich den Mann nicht mehr befragen können. Sagen Sie mir nur, Herr Doktor«, Schmidt hob jetzt die Stimme, »haben Sie wirklich geglaubt, Ihnen könnte es gelingen, die Sache geheimzuhalten? Und haben Sie etwa wirklich angenommen, daß ich nichts über seinen Fall erfahren würde, wenn Sie ihn in Ihren Berichten nicht erwähnen? Szukalski, es war wirklich töricht, davon auszugehen, daß ich nichts herausbekomme, wenn Sie von dem Vorfall nichts berichten.«
    {87} »Ich weiß nicht recht, was Sie meinen, Herr Hauptsturmführer.« Szukalski drängte es verzweifelt, sich mit der Zunge über die trockenen Lippen zu fahren, doch er unterdrückte sein Verlangen. »Der Tod des Mannes ist nicht günstig für uns, und wir haben wirklich alles getan, um ihn zu retten.«
    »Lügen Sie mich nicht an, Szukalski! Sie haben den Zigeuner ausgeschaltet, weil Sie nicht wollten, daß ich ihn verhöre!«
    »Aber das stimmt ni …«
    »Was für ein Glück für mich, daß Milewski Angst um seine Eier hatte! Ich mußte gar nicht viel tun, um ihn zum Reden zu bringen. Deshalb ist Ihr Plan, von dem Zigeuner nichts zu berichten, fehlgeschlagen, Herr Doktor!«
    »Entschuldigen Sie bitte, Herr Hauptsturmführer, aber ich verstehe wirklich nicht, worauf Sie hinauswollen.« Mit ruhigen Fingern blätterte Szukalski die Unterlagen auf seinem Klemmbrett durch. »Aha, hier ist es«, meinte er schließlich und zückte ein Blatt Papier. »Ich nehme an, das ist, wonach Sie suchen, Herr Hauptsturmführer.«
    Als er Schmidt das Dokument reichte, war er dankbar, daß seine Hand nicht zitterte. »Wie Sie sehen, ist der Bericht auf heute, den fünfundzwanzigsten Dezember datiert. Ich wollte ihn gerade durch einen Boten an Sie schicken.«
    Dieter Schmidt nahm das Blatt Papier langsam an sich, um es zu studieren. Sein Blick schien nicht über die Zeilen zu wandern, sondern stets auf derselben Stelle zu verharren. Aber Szukalski spürte, daß der Kommandant das Geschriebene durchaus wahrnahm und gerade las, wie Milewski den Zigeuner bei seinem Hof gefunden und ihn ins Krankenhaus nach Sofia gebracht hatte, wie der Zigeuner dem Bauern seine Geschichte hatte erzählen können, nach der seine Wunde Folge eines Angriffs durch eine Gruppe von SS -Soldaten war, daß neben ihm hundert Menschen erschossen worden waren, daß Dr. Duszynska ihm in einer Operation die Kugel entfernt hatte und daß der Zigeuner in der Nacht verstorben war, ohne wieder zu Bewußtsein zu kommen.
    In dem Bericht fehlte nicht ein einziges Detail. Was Jan Szukalski über diese Angelegenheit wußte, war nun auch Dieter Schmidt bekannt, der alles durch die äußerst gewissenhaften handschriftlichen Notizen von Dr. Maria Duszynska bestätigt fand.
    {88} Auch als er die Überprüfung des Schriftstücks beendet hatte, blieb der Blick des Kommandanten noch lange auf dem Bericht haften, und es gelang ihm ebenso wie Szukalski, sich bemerkenswert zusammenzureißen. Aber einem erfahrenen Arzt wie Jan Szukalski blieben die Hinweise auf seinen wahren Zustand wie die heftig pochenden Halsschlagadern, die erweiterten Pupillen und die eigenartig aschfarbene Haut nicht verborgen. Als Dieter Schmidt ihn schließlich wieder ansah, war sein Blick kalt und durchdringend, sein Gesichtsausdruck nachdenklich. Dann nickte er langsam und erklärte freundlich: »Der Bericht ist vollständig, Herr Doktor, Sie haben sich wie gewöhnlich selbst übertroffen.«
    »Danke schön, Herr Hauptsturmführer.«
    »Ja …«, meinte Schmidt, der immer noch nachdenklich nickte, »ein sehr interessanter Bericht.« So als müsse er sich selbst an etwas erinnern, stellte sich der Kommandant plötzlich kerzengerade hin und schlug sich mit dem Stock gegen seinen Oberschenkel. »Von jetzt an möchte ich zwei Berichte von Ihnen, Herr Doktor, morgens und abends. Ist das klar?«
    »Jawohl, Herr Hauptsturmführer.«
    »Und wenn Ihnen irgend etwas Besonderes auffällt, dann müssen Sie mir sofort Bericht erstatten. Haben Sie das auch verstanden, Szukalski. Sofort!«
    »Ja, Herr Hauptsturmführer.«
    Nachdem er einem seiner Bewacher das Blatt

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