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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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übertönend. Schwahl trat zum Schreibtisch, ergriff den Federhalter und strich einen der aufgeführten Namen durch, reichte darauf Kluttig die Liste.
    »Erschießen! Ohne Aufsehen und in aller Stille!«
    Kluttig, glaubend, Schwahl habe signiert, nahm die Liste entgegen und entdeckte, dass der Kommandant Krämers Namen durchgestrichen hatte.
    »Herr Standartenführer!«, fuhr er auf.
    »Den brauche ich noch!«, stoppte Schwahl ab, keinen Widerspruch duldend, hob aber gleichzeitig die Schultern. »Tja, mein Lieber, so ist das nun mal. Die ganzen Jahre über haben wir es uns mit der Verwaltung des Lagers bequem gemacht und sie den Häftlingen überlassen. Nun sind wir auf sie angewiesen. Ohne einen gut eingespielten Lagerältesten kann ich die Evakuierung nicht durchführen!«
    »Aber Standartenführer! Krämer ist doch der wichtigste Mann …«
    Schwahl lächelte wissend: »So was wie ein General, nicht wahr? – Na bitte schön. Umso besser für uns. Wie setzt man einen General matt? Man nimmt ihm die Offiziere. Legen Sie die anderen um, und Ihr Krämer frisst mir aus der Hand. Leuchtet Ihnen das ein?« Schwahl, von seiner eigenen Klugheit geschmeichelt, klopfte Kluttig gönnerhaft auf die Schulter.
    »Wenn es Ihr Vergnügen sein sollte, dann können Sie Krämer meinetwegen noch als Letztem den Genickschuss verpassen. Jetzt aber brauche ich ihn noch.«
    Kluttig musste sich damit zufriedengeben.
     
    Kluttig saß, nachdem sich der Führerstab versammelt hatte, in einer Ecke des Dienstzimmers und hatte das fatale Gefühl, von dem schlauen Schwahl übertölpelt worden zu sein, der ihm einen Brocken hingehalten, nach dem er geschnappt hatte. Argwöhnisch beobachtete Kluttig den Kommandanten. Wie eitel sich der feiste Kerl spreizte. Schwahl ging referierend hin und her, Himmlers Fernschreiben in der Hand. »Der Befehl ist klar und wird selbstverständlich durchgeführt!« Mit stechenden Blicken beobachtete Kluttigdie Wirkung von Schwahls Worten auf den Gesichtern der anderen. Neben Schwahls Schreibtisch saß der versoffene Weisangk, trüb vor sich hin stierend. Offensichtlich fehlte ihm der Schnaps, mit dem der Kommandant geizte, wenn der Stab versammelt war.
    Sturmbannführer Kamloth, der Befehlshaber der SS-Truppe, stand in der Mitte des Zimmers, ein Bein vorgestreckt und die Hände vorn verschränkt. Am Konferenztisch saßen der Arbeitsdienstführer, der Verwaltungsführer und der Ordonnanzoffizier des Kommandanten. Die vielen Blockführer standen entsprechend ihrer niedrigen Charge hinter den Offizieren.
    Auch Reineboth hatte es für richtig befunden, gemäß seinem geringeren Dienstgrad in diesem Kreis zu stehen.
    Kluttigs Blick ging von einem zum andern. Auf allen Gesichtern lagen Ergebenheit und Einverständnis mit dem Kommandanten.
    {In Kluttig knurrte Hundewut.} Was waren sie alle für feige Gesellen! Sie schienen Himmlers Befehl als willkommene Gelegenheit zu betrachten, sich gefahrlos davonzuschleichen, alle zusammen! Selbst Reineboth schien lammfromm zu sein.
    Keiner beachtete Kluttig, {als hätten sie sich gegen ihn abgesprochen, und} sie hörten andächtig dem Kommandanten zu.
    »Der Zeitpunkt der Evakuierung liegt bei uns, wir müssen uns nach der Frontlage richten.« Schwahl trat, ganz Feldherr, an die Karte und strich mit breiter Hand über Süddeutschland hinweg. »Nur nach hier werden wir uns noch durchschlagen können.«
    Weisangk grunzte. Theatralisch breitete Schwahl die Arme aus. »Ein anderer Weg bleibt uns nicht mehr offen …«
    In Kluttig zerrte es. Er war versucht, aufzuspringen und loszutrompeten, aber die Gemeinsamkeit des Einverständnissesaller hielt ihn nieder. Schwahl stellte sich in der Mitte des Zimmers auf, und als wollte er Kluttig verhöhnen, sagte er: »Selbstverständlich besteht im Lager eine geheime Organisation. Wir sind nicht so dumm, diesen Umstand zu übersehen. Aber es ist eben nur ein Umstand.« Er wandte sich Kamloth zu: »Glauben Sie, Herr Sturmbannführer, dass Ihre Truppe von dieser Organisation ernstlich bedroht werden könnte?« Der Sturmbannführer beantwortete die Frage mit einem geringschätzigen Lachen, und Schwahl beeilte sich zu sekundieren: »Ganz Ihrer Meinung. Mit ein paar Salven ins Lager hinein wird jeder Widerstand augenblicklich gebrochen, und ich würde nicht zögern, von dieser Maßnahme Gebrauch zu machen, wenn sie sich als notwendig erweisen müsste.« Er schaltete eine imposante Pause ein, legte die Hände auf den Rücken und schwenkte wieder um den

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