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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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Blockältester schrie verzweifelt los: »Wo soll ich die Leute noch unterbringen? In meinem Block biegen sich schon die Wände!« Krämer schrie zurück: »Das ganze Lager ist zum Brechen voll und nicht nur dein Block! Hier, nimm dir fünfzig Mann und hau ab damit!« Das Kleine Lager musste aufnehmen, was es nur konnte. Die durch die Aussonderung entstandenen Lücken in den Blocks der übriggebliebenen {Juden} ließ Krämer mit den Zugängen auffüllen. Die sonst so reinlich nach Nationalitäten geschiedenen Blocks wurden so zu einem Völkergemisch. {Egal}, nur weg mit den Menschen. Wer weiß, wie lange wir noch hier sind? Das Lager summte und kam nicht mehr zur Ruhe. Der Nachmittag ging hin, ehe es gelungen war, den Zustrom zu bewältigen. Indessen fuhren die Lastautos mit den zusammengelesenen Toten ein. Die 25 Mann vom Lagerschutz marschierten zu ihrem Block. Die Autos verschwanden hinter der Planke des Krematoriums. Die polnischen Leichenträger kletterten auf die Wagen, balancierten über die Toten und warfen sie hinunter. Die Leichen flogen im Schwung, mit dem Kopf zuerst, mit den Beinen zuerst. Dumpf prallten die Körper auf. Die nachfolgenden Leichen überkollertenden anwachsenden Haufen, blieben sitzen, sahen Betrunkenen ähnlich, die man aus der Kneipe geworfen hat. Manche der Toten schlugen Purzelbäume, blieben mit ausgegrätschten Gliedern auf dem Kopfe stehen. Mancher Tote kugelte sich mit seinem Nachbarn vom Wagen herunter, in letzter Umarmung. Manche führten die komischsten Verrenkungen aus, die zum Lachen reizten, manche Toten lachten mit. Mit aufgerissenen Augen und lachverzerrtem Mund flogen sie hinunter … und der Haufen türmte sich.
     
    Krämer wurde zu Reineboth befohlen. Der Jüngling hatte all seine Schnoddrigkeit verloren. Zwar lag sie noch in seinem Ton, doch von dem zynischen Gehabe war nichts übriggeblieben.
    »Haben Sie das Zeug untergebracht?«, fuhr er Krämer an, als dieser eintrat.
    »Jawohl.«
    »Na also! – Herhören! Bis morgen früh machen Sie einen Transport von 10   000 fertig. Marschfähige Leute, verstanden?«
    »Jawohl.«
    Reineboth trat dicht an Krämer und funkelte böse: »Wenn es wieder solche Fisimatenten gibt wie bei den Juden, dann hänge ich Sie eigenhändig am Tor auf, verstanden?«
    »Jawohl.«
    »Morgen früh, das heißt um acht Uhr, steht der Transport. Wegtreten!«
    Kluttig, der auf Reineboths Tisch saß, stellte sich Krämer in den Weg: »Wo sind die 46?«
    Krämer lag es auf der Zunge, mit einem »Ich weiß es nicht« zu antworten, doch er sagte: »Es geht im Lager alles drunter und drüber. Der Lagerschutz hat gesucht und nichts gefunden.«
    Kluttig packte Krämer hart an der Brust. »Bursche«, knirschte er, »dich hebe ich mir bis zuletzt auf. {Glaube nicht,dass du hier den General spielen kannst.} Glaube nicht, dass du davonkommst! Du, Höfel und der Pole … für euch drei habe ich noch was im Magazin.« Er hielt Krämer die Pistole vor die Nase. Krämer nahm die Drohung schweigend an, es durchfuhr ihn: Höfel und Kropinski leben noch …
    »Auch dein verstecktes Judenbalg entgeht uns nicht! Bis zum letzten Mann räumen wir auf!« Reineboth trat dazwischen. »Sie wissen Bescheid«, schnitt er ab, schickte Krämer fort und fuhr zu Kluttig herum, als er mit diesem allein war. »Du Idiot! – Ich erzähle ihm, dass der Pole und Höfel schon längst verreckt sind, und du …«
    »Wie sprichst du mit mir, deinem Hauptsturmführer?«
    Reineboth lachte schief: »Den Hauptsturmführer gewöhne dir ab, mein Sohn. Wir müssen möglichst schnell zu höflichen und – bescheidenen Menschen werden.«
     
    Um rasch über alle Vorgänge informiert zu sein, wartete Bochow in der Schreibstube auf Krämers Rückkehr und ging in dessen Raum hinüber, als er Krämer über den Appellplatz kommen sah. Er merkte ihm das Besondere an, als Krämer mit kräftigem Schwung die Mütze auf den Tisch warf: »Was ist los?« Krämer lachte mit breiter und grimmiger Fröhlichkeit. »Wie er mir mit dem Schießeisen vor der Nase herumfuchtelte …«
    »Wer?«
    »Kluttig.«
    Krämer setzte sich an seinen Tisch und lachte gallig. »Und wie der Reineboth mich nicht schnell genug loswerden konnte, weil der Schafskopf von einem Hauptsturmführer zu viel quatschte.«
    »Was ist?«, drängte Bochow.
    Krämer hob in sattem Triumph die Arme über den Kopf, wollte losschreien, vom Lachen durchtränkt, lag der Schrei schon auf seinem Gesicht, aber in plötzlicher Mattheit verwelktedas viel zu

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