Nacktbadestrand
Verständnis hatte. Meine Unerfahrenheit mit Sex und meine Erlebnisse und Probleme mit den verschiedenen Männern konnte ich mit niemandem so gut besprechen. Meine Söhne würde es irritieren, die Nachbarn erst recht und die Männer, mit denen ich schlief, würde es nur unnötig eifersüchtig machen.
Ich erzählte dem Grafen also von den verschiedenen Stellungen, die ich bisher ausprobiert hatte. Endlich sprach ich auch über meine wenig erfolgreichen Versuche mit Analverkehr.
Als ich bemerkte, dass er zwar aufmerksam zuhörte, aber so gut wie überhaupt keine Ahnung von normalem Sex hatte, musste ich beinahe lachen. Ich hatte endlich einen Gesprächspartner mit einem offenen Ohr für meine Probleme gefunden.
Von da an meldete er sich regelmäÃig, reichte mir Telefonnummern von verschiedenen Männern weiter, die er immer vorsortierte, und wir unterhielten uns über meine Erlebnisse. Manchmal sprachen wir über seine Familie, über seine Zwangsphantasien nur selten.
Die letzten zwei Männer, die noch auf meine alten Inserate in der Zeitung geantwortet hatten, waren ein Schotterunternehmer aus Wien und ein zu zwanzig Jahren Haft verurteilter Mörder.
Der Schotterunternehmer hieà Gerald Kerbler. Zum ersten Mal besuchte er mich in der dritten Adventwoche. Es war wunderbar. Schon bei der BegrüÃung zerstreute er alle meine bisherigen Bedenken bezüglich meines neuen Lebensstils. Er war zwar etwas schüchtern, aber ich konnte gleich erkennen, dass er sich über unsere Begegnung freute. Mir ging es genauso.
Ich redete in einem fort über alle möglichen Themen, strich mir durchs Haar, lachte laut, lächelte leise, machte ihm Komplimente, tat einfach alles, was mir nur einfiel, um seine Aufmerksamkeit und Zuneigung zu gewinnen. Seine dunklen Augen, seine vollen Lippen, sein freundlicher Blick, seine gesamteAusstrahlung weckten ein Gefühl in mir, das ich noch nicht kannte oder das ich vergessen hatte.
Ich kam mir wie ein Mädchen vor, das um jeden Preis versucht, dem geliebten Klassenkollegen aufzufallen. Dabei war der Klassenkollege bereits bei mir zu Hause und trank auf meinem Sofa Kaffee. Und das Ziel war mehr als erreichbar. Denn er war ein erwachsener Mann, der sehr wohl wusste, zu welchem Zweck er zu mir gekommen war.
Dieser Gedanke machte mich fröhlich. Was hatte ich mir nur Sorgen gemacht, dass mir etwas zustoÃen könnte bei all den vielen Herrenbesuchen! Jetzt war dieser Gerald bei mir und mir war klar, dass ich all die Monate seit dem Frühling, vielleicht die ganzen vierzig Jahre seit meiner Scheidung oder überhaupt mein ganzes Leben lang, seit ich an Männer denken konnte, nur auf diesen einen hier gewartet hatte.
Jeder einzelne Mann, mit dem ich bis zu meinem vierzigsten Lebensjahr etwas gehabt hatte, war längst verstorben. Alle hatte ich sie überlebt, um einmal im Advent als Achtzigjährige diesen Fünfundvierzigjährigen kennenzulernen.
Er war weiterhin unglaublich verlegen. Ich erzählte etwas über den Schlosspark von Laxenburg. Und dann etwas über Pferde. Dabei hatte ich überhaupt keine Ahnung von diesen Tieren.
Er lächelte, sah zu Boden, schwieg. Ich bekam Angst, dass er es sich anders überlegen würde.
Ich erzählte etwas über meine Kinder und dann etwas über meine Arbeit im Erziehungsheim und über die Buchhandlung, die ich geführt hatte.
Ich wollte ihm etwas über sein Familienleben entlocken. Er sagte nichts, sah mir kurz in die Augen, dann wieder weg. Ich schnappte seinen Blick auf und war sofort davon überzeugt, dass seine Verlegenheit mit Zuneigung zusammenhängen musste. Alles jubelte in mir.
Mit dieser Ãberzeugung hätte es mir nichts mehr ausgemacht, es zumindest für heute beim Plaudern zu belassen. Das sagte ich ihm auch. Aber kaum hatte ich es ausgesprochen, hatte ich plötzlich wieder Angst, einen Fehler begangen zu haben, der alle meine Bemühungen zunichte machen würde.
»Willst du lieber Tee als Kaffee?«, fragte ich hastig, als würde gerade diese eine nicht gerade einfallsreiche Frage alles wiedergutmachen.
»Was hättest du denn für Tee?«, fragte er leise zurück.
»Mal schauen«, sagte ich und ging in die Küche.
Auch er stand auf. Er folgte mir. Ich öffnete den Schrank.
»Russischen Tee, Hagebuttentee, Kamillentee, Früchteteeâ¦Â«
Er stand hinter mir. Ich drehte mich um. Er wollte an
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