Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Naechte am Rande der inneren Stadt

Titel: Naechte am Rande der inneren Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
Vom Netzwerk:
Ärmel.
    Du, sagte ich und presste die Worte heraus wie gegen einen harten Widerstand, ich musste mich zwingen, als hinge mein Leben
     davon ab, es zu sagen: Du bist der erste Mann, bei dem ich niemals das Bedürfnis habe, zu einem anderen zu gehen. Du beleidigst
     mich. Ich habe dir alles von mir erzählt, ich habe gedacht, dass wir es teilen. Du hast gesagt, wir sollten absolut ehrlich
     miteinander sein, erinnerst du dich? Aber langsam habe ich das Gefühl, nur du darfst erzählen, was du willst und wann du willst,
     und das, was ich wissen will, verschweigst du, und das, was ich dir sage, willst du nicht wissen! Was ist schlimm daran, dass
     ich einen andern traf? Du hattest doch sowieso keine Zeit für mich! Was heißt hier Klammertouren? Vor ein paar Wochen noch
     hast du nicht genug bekommen von mir, hast mich geradezu daran gehindert, andere Leute zu treffen, hast immerzu bei mir gesessen!
     Hab ich mich beschwert, dass du mehr Zeit zum Lernen brauchst? Hey? Wenn das so weitergeht, verlasse ich dich!
    Ich fing an zu weinen, nein, das ist gar kein Ausdruck, ich heulte, ich schluchzte. Ich würgte viehische Geräusche aus meinem
     Hals, der sich anfühlte, als hätte jemand seine Faust ganz tief hineingesteckt.
    Ich kann das nicht! schrie ich. Ich schlug auf seine Brust. Ich will das nicht!
    |246| Sei ruhig, zischte er, sei leise, komm jetzt! Er zerrte mich in den Hof und zu seiner Wohnung. Wie kannst du so ein Spektakel
     machen!
    Er hielt mich fest wie ein tobendes Kind, und dann redete er auf mich ein, und am Ende hatte
ich
das Gefühl, die Destruktive zu sein, etwas falsch zu sehen, ihm nicht zu vertrauen, Gespenster zu sehen.
    Gegen Morgen schlief ich erledigt ein. Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte.
     
    Die erotische Liebe ist ein Labyrinth. Weh der, die den Faden verliert.
    Er mag es, mit mir Geduld zu haben
– aber ich will wissen, wer er ist! Er zwingt mich zur Selbstentblößung, er kitzelt alles aus mir heraus, jede Regung, dann
     nennt er sie unsinnig! Und dann wieder: Er liebe mich doch, ich könne mich ihm doch zeigen, wie ich bin, alles wäre gut –
    Im Halbschlaf fühlte ich, wie er mein Gesicht streichelte. Wir schliefen nicht miteinander. Das wäre nicht gut, sagte er.
    Er tut so, als wäre ich diejenige, die schwierig ist in der Liebe. Er sagt, zur Liebe gehört die Freiheit, sonst stirbt sie.
    Offenbar weiß er ganz genau, was Liebe ist.
    Und ich? Ich?
     
    In Filmen und Romanen heißt es immer, die Frau sei ein rätselhaftes Wesen. Demnach wäre Robert eine Frau.
     
    Das Ende vom Lied war sein Vorschlag, wir sollten nicht mehr selbstverständlich jede Nacht miteinander verbringen. Er müsse
     ein paar Dinge mit sich selbst ausmachen.
    Ich nickte. Ich werde beweisen, dass ich lieben kann. Dass ich dich annehme. Ich will das Harte fortschmelzen in dir.
    Zähne zusammen! Nicht weinen!
    Ich würde am liebsten sofort mit einem anderen schlafen.
    Treu heißt tot!
lese ich bei Zwetajewa.
    |247| Ich will aber nicht fliehen! Ich fliehe ja bei der kleinsten Verstörung!
    Also gut. Ich bleibe.
    Trotzdem. Ich zweifle an allem. An allen Beziehungen. An mir. Dass ich die anderen nicht so behandeln kann, wie ich behandelt
     werden möchte. Wenn ich das schaffen würde! Es kommt mir vor, als würde ich mir die ganze Zeit etwas vormachen und ich komme
     nicht dahinter. Ich habe das Gefühl, zwischen einem großen Entweder-Oder in der Falle zu stecken, ohne zu wissen, worum es
     sich handelt. Bei Jackson wusste ich, wer ich bin! Alles war einfach und klar, auch die Eifersucht. Sie kam und ging und alles
     war gut. Wir waren, wie wir sind, ohne irgendwelche Bekenntnisse und Erkenntnisse einzufordern, nichts war kompliziert. Warum
     nur musste er fortgehen?
    Robert hat es geschafft: Ich bin mir selber fremd. Ich muss wissen, was es damit auf sich hat, ich muss begreifen, wer ich
     bin!
    Bin ich darauf hereingefallen, begehrt zu werden? Als er seine Kreise um mich zog? Hätte ich ihn mir gar nicht ausgesucht?
     
    Ich fühle eine große Schwäche. Ich habe Sehnsucht nach Mama und darf es nicht... Ich liebe den, der mich verbrennt. Warum?
     Ist Leidenschaft ohne Sinn? Ich muss mit dir sprechen. Du willst allein sein. Ich will lernen, gelassen zu sein, dich anzunehmen,
     nicht zu verzweifeln, nicht an dir und nicht an mir zu zweifeln, nur weil du Zeit für dich brauchst! Eine Zeit konntest du
     nicht genug von mir bekommen, hast stundenlang hier gesessen – aber gut, nun brauchst du Zeit, musst

Weitere Kostenlose Bücher