Naechte der Leidenschaft
Glück musste doch seinen Preis haben, oder?
»Mein Gatte muss glücklich sein, einen so treuen und liebenswürdigen Freund zu haben, Sir Blake«, murmelte Emma und trat zu ihm, um sich von ihm zu dem Tisch führen zu lassen, unter dem er kurz zuvor hervorgekrochen war. »Ich hoffe, er weiß zu schätzen, was er an Euch hat.«
Amaury hörte die ohne Zweifel charmante Antwort seines Freundes nicht; seine Frau bot Blake jetzt einen Platz an dem Tisch an, gerade außerhalb seiner Hörweite. Mit Erstaunen beobachtete er, wie einige sanfte Worte von ihr die gesamte Halle in Bewegung brachten, als sie die Leute aufforderte, sich an ihre Arbeit zu machen. Jene, die auf Wache hätten sein sollen, kehrten auf ihre Posten zurück. Die, die in den Küchen arbeiteten, eilten dorthin zurück. Die Übrigen nahmen ruhig am Tisch Platz, um auf das Morgenmahl zu warten. Und alle machten einen weiten Bogen um Amaury, während sie das taten. Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, und die Diener trugen aus der Küche Essen und Bier herein.
Amaury fühlte sich ein wenig verloren, als er einfach nur dastand und zusah, wie seine Frau wieder Ordnung in seine Burg einkehren ließ. Er bemerkte es kaum, als Rolfe und der Bischof an ihm vorbeigingen und ihn seltsam anschauten, während sie an den Tisch traten, um einen Krug Bier zu trinken. Seine Gedanken waren voll und ganz auf das Gefühl konzentriert, einmal mehr ein Außenseiter zu sein. Es war ein Gefühl, das er als Kind oft empfunden hatte. Als illegitimer Sohn eines Adligen von hohem Rang war er aus der Familie seines Vaters ausgeschlossen gewesen, ebenso ausgeschlossen wie aus der Welt der anderen Kinder des Dorfes, in dem er geboren worden war, und die ihn mieden.
Als die Frau seines Vaters es leid gewesen war, ihm im Dorf zu begegnen - dem lebenden Beweis für die Untreue ihres Mannes -, und darauf bestanden hatte, dass er fortgeschickt wurde, hatte sein Vater ihn als Squire in die Dienste eines anderen Lords gegeben. Es war eine großmütige Geste. Sein Vater hätte ihn ebenso gut einfach in die Verbannung schicken können. Doch auch in diesem neuen Zuhause war Amaury ein Außenseiter gewesen. Ein illegitimer Sohn als Squire unter so vielen legitimen Söhnen. Aus ihm war ein starker, fähiger Kriegsmann geworden - aus der Notwendigkeit heraus, sich gegen die Übergriffe dieser anderen Squires wehren zu müssen, die ihren Spaß daran hatten, ihn zu verhöhnen. Anfangs war auch Blake einer von diesen Squires gewesen, und sie hatten einmal gegeneinander gekämpft. Es war ein ausgeglichener Kampf gewesen, an dessen Ende sie beide vor Erschöpfung zusammengebrochen waren. Sie lagen Seite an Seite als sie wieder zu sich kamen und sich von der Strapaze erholten. Und sie waren Freunde geworden. Es hatte lange gedauert, bis diese Freundschaft von den anderen Squires, mit den sie sich im Kampf übten, akzeptiert wurde, und die Hänseleien allmählich aufhörten. Aber es hatte auch immer wieder jemanden gegeben, der ihn einen Bastard genannt hatte und zum Kampf gegen ihn angetreten war: Squires anderer Lords, denen er auf Turnieren begegnete, oder die nur auf der Durchreise waren. Sogar später, als Blake und er beide Ritter waren, hatte es andere Ritter gegeben, die ihn mit Häme daran erinnert hatten, dass er eigentlich nicht zu ihnen gehörte.
Amaury hatte immer geglaubt, dieses Gefühl, ein Außenseiter zu sein, würde verschwinden, wenn er endlich sein eigenes Heim besäße. Denn dann würde auch er endlich irgendwohin gehören. Doch stattdessen stand er nun in der Mitte seiner eigenen Große Halle und empfand genau dieses Gefühl wieder, während seine Frau ihn - mit voller Absicht, wie er argwöhnte - als Strafe für seinen Zorn und seine Arroganz ignorierte und ihr ganzes Bestreben daransetzte, seinen Freund willkommen zu heißen und ihn sich heimisch fühlen zu lassen. Heimischer als Amaury sich je irgendwo gefühlt hatte.
Einen Augenblick lang erhob sich sein Zorn von neuem und fast hätte er wieder begonnen herumzubrüllen, doch er beherrschte sich. Vielleicht war dies genau das, was er verdiente. Er war ein Bastard. Der Sohn eines Herzogsundeines Bauernmädchens. Und wie er seine Frau in der vergangenen Nacht behandelt hatte, war höchst schlimm gewesen. Auch wenn es aus der Notwendigkeit und dem Mangel an Zeit heraus geschehen war. Er hätte darauf bestehen müssen, sich sofort nach der Trauung mit ihr in das Schlafgemach zurückzuziehen, denn er hatte schließlich gewusst,
Weitere Kostenlose Bücher