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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Depp
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Es war Chanterelle.
    »Wo steckst du, Alter?«, flüsterte sie heiser.
    »Ziemlich in der Klemme«, sagte Special. »Kannst du ein bisschen lauter sprechen? Das Netz ist scheiße.«
    »Du musst sofort herkommen. Der Irre hat ein Rasiermesser.«
    »Wieso? Was denn für ein Rasiermesser?«
    »Soll ich ihn vielleicht nach der Marke fragen? Tickst du noch richtig? Er hat ein Rasiermesser und voll einen an der Waffel. Du musst sofort kommen.«
    »Wo bist du gerade?«
    »Auf dem Klo. So eine Pinkelorgie, wie ich sie hier hinlege, hat die Welt noch nicht gesehen. Jetzt komm endlich!«
    »Baby, ich muss erst …«
    »Aber plötzlich!«
    »Okay, okay …«
    Special überlegte kurz, das Geld in seinem Wagen zu deponieren. Aber nur ganz kurz. Dafür war das Pflaster hier doch ein bisschen zu heiß. Er klemmte sich die Tüte unter den Arm, ging zum Hotel, stapfte zu Chanterelles Zimmer rauf und klopfte.
    »Bist du das?«, hörte er sie rufen.
    »Ja, ich bin’s. Mach auf.«
    »Ich komm nicht hin.«
    »Scheiße.« Durch die Tür sagte er: »He, du kleines Arschloch. Ich möchte dir raten, mich reinzulassen.«
    Keine Antwort.
    »Brech sie auf!«, sagte Chanterelle.
    »Ich hab keinen Bock, die Tür einzutreten«, sagte Special. »Mach auf, du Wichser, dann passiert dir nichts.«
    »Brech sie auf!«, schrie Chanterelle. »Brech sie auf!«
    »Okay«, rief Special ihr zu. »Wenn du unbedingt willst, aber die Reparatur zieh ich dir vom Lohn ab. Ich kann bloß hoffen, dass du echt in Gefahr bist.«
    Obwohl die Tür alles andere als stabil war, musste er ein halbes Dutzend Mal mit Karacho dagegentreten, bis sie endlich aus dem Schloss sprang. Mitten im Zimmer stand Perec mit dem Rasiermesser in der Hand.
    »Als Erstes legst du mal schön dein Spielzeug weg, du Penner«, befahl Special, noch etwas außer Atem. »Und dann unterhalten wir uns.«
    Perec glupschte ihn mit großen Augen an.
    »Die Tür ist im Arsch, und meine Nutte scheißt sich ins Höschen. Entweder du schmeißt jetzt das Rasiermesser aufs Bett, oder ich werde richtig sauer.«
    Perecs Blick huschte zur offenen Tür.
    »Wenn du dich vom Acker machen willst, bitte schön. Ich halt dich nicht auf. Chanterelle, hat er bezahlt?«
    »Nein«, rief sie.
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein«, sagte Special. »Bist du im Hurereigrundkurs durchgefallen? Wie lautet das erste Gebot? Immer zuerst abkassieren! Schon mal was von gehört?«
    »Wollte ich ja gerade. Aber da hat der Mistbock das Messer rausgeholt.«
    »Da siehst du mal, was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln hält. Jetzt haben wir nämlich ein Problem am Hals. Wie viel schuldet er dir?«
    »Hundertdreißig.«
    »Okay«, sagte Special zu Perec. »Du blätterst die hundertdreißig hin, dann kannst du abzischen.«
    Perec fischte mit seiner freien Hand das Geld aus der Tasche und warf es aufs Bett. Special fiel noch etwas ein: »Da wäre dann auch noch die kaputte Tür. Macht mindestens fünfundsiebzig.«
    »Jetzt fang doch nicht schon wieder damit an«, meldete sich Chanterelle aus dem Klo zu Wort.
    »Ich hab dir gesagt, dass ich nicht dafür aufkomme. Und für dumm verkaufen lass ich mich auch nicht.« An Perec gewandt: »Du legst noch mal fünfundsiebzig Eier drauf, dann kannst du abhauen.«
    »Lass ihn gehen!«, rief Chantarelle.
    Special riss allmählich der Geduldsfaden. Er wollte ihr gerade sagen, dass sie die Klappe halten und gefälligst ihm das Verhandeln überlassen sollte, als Perec an ihm vorbei in Richtung Tür stürzte. Obwohl Special immer noch die Geldtüte unter dem Arm klemmen hatte, bekam er ihn am Kragen zu fassen und schleuderte ihn zurück ins Zimmer. Perec sprang auf ihn zu und zog ihm das Rasiermesser quer über die Brust.
    »Scheiße«, sagte Special. Er war total baff. Mit so einer Attacke hatte er bei dem kleinen Mickerling nie im Leben gerechnet.
    »Special?«, rief Chanterelle. »Schatzi? Alles in Ordnung? Special? Baby?«
    Specials Hemdbrust verfärbte sich leuchtend rot. Warm lief es ihm in den Hosenbund. Als er die Hand auf die Wunde legen wollte, verschwand sein Finger in einem tiefen Spalt. Das Blut ergoss sich über seine Hose und die guten Ferragamo-Schuhe. Ihn ergriff eine große Müdigkeit. Er torkelte nach hinten, landete mit dem Rücken an der Wand und ließ sich erleichtert daran herunterrutschen. Dann fiel ihm die Tüte wieder ein. Sie lag neben Perec auf dem Boden. Der starrte ungläubig auf die Geldscheine, die aus dem aufgeplatzten Riss herausquollen.
    »Wehe, du Penner«,

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