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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Depp
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ja auch nicht völlig von der Hand zu weisen war. Hollywood wollte, dass man genauso manisch und panisch war wie alle anderen in Hollywood, sonst galt man nicht als vertrauenswürdig. Wer glücklich und zufrieden in seinem Weinberg werkelte, hatte nämlich meistens keine große Lust, sich mit den Kompromissen und Ängsten herumzuquälen, die man als Star akzeptieren musste. Deshalb empfand man es als einen Schlag ins Gesicht gegen das ganze System, wenn jemand ernsthaft versuchte, sein Glück selbst in die Hand zu nehmen. Die Industrie brauchte Marionetten, die hungrig waren – hungrig nach Liebe, nach Ruhm, nach Drogen, nach Geld, vollkommen egal, wonach, Hauptsache, es eignete sich als Köder für den Angelhaken. Nein, es zahlte sich nicht aus, Hollywood den Rücken zu kehren.
    Spandau war beim Auspacken, als Anna bei ihm anklopfte und im nächsten Augenblick auch schon den Kopf durch die Tür steckte.
    »Und? Wie gefällt es Ihnen?«
    »Noch ein paar Dienstboten mehr, und es ließe sich aushalten«, antwortete er.
    Sie ging ans Fenster und sah hinaus.
    »Nicht übel. Aber meine Aussicht ist besser.«
    »Sie sind ja auch der Star.«
    »Stimmt«, sagte sie. »Ich bin der Star.«
    Er packte weiter aus. Sie nahm eines seiner Bücher in die Hand. Blood and Thunder von Hampton Sides.
    »Über den Wilden Westen?«
    »Hm.«
    »Jemand hat mir erzählt, Sie nehmen an Rodeos teil.«
    »Hilft gegen Schüchternheit.«
    Sie lachte. »Verstehe. Ich war seit meiner Kindheit nicht mehr auf einem Rodeo. Unser Vater hat uns manchmal mitgenommen. Was für Disziplinen?«
    »Kälberfangen. Und Bronc Riding, wenn ich mir bis dahin noch nichts gebrochen habe.«
    »Haben Sie was drauf?«
    »Nein.«
    Sie sah ihn an.
    »Von mir aus können Sie gern wieder nach Hause fliegen, wenn Sie nicht bleiben wollen. Das Ticket haben Sie. Ich halte Sie schließlich nicht als Geisel fest. Es war sicher eine Schnapsidee von mir, aber ich hatte gedacht, Sie würden sich freuen mitzukommen.«
    »Ich bin hier ungefähr genauso nützlich wie Zitzen an einem Eber«, sagte er. »Sie haben Vignon gehört. Ich spreche noch nicht mal die Sprache. Das ist doch alles ein schlechter Witz.«
    »Sie sind meinetwegen hier. Weil ich Sie dabeihaben wollte.«
    »Schon klar. Sie sind der Star.«
    »Jetzt schmollen Sie doch nicht gleich«, sagte sie. »Was möchten Sie hören? Dass ich mich sicherer fühle, wenn ich Sie um mich habe? Dass Sie mir guttun, weil ich es satt habe, von Leuten umgeben zu sein, denen ich nicht vertrauen kann, die ich nicht respektiere und mit denen ich nichts zu tun haben will? Also, bitte sehr: Ich finde es schön, dass Sie hier sind. Ich möchte, dass Sie bleiben.«
    »Also zücken Sie mal eben Ihr Scheckheft, und schon bin ich da, wo Sie mich haben wollen.«
    »Okay, super. Es geht also ums Geld, ja? Wenn es Ihnen damit besser geht, kann ich Sie auch von der Gehaltsliste streichen lassen, und Sie beteiligen sich zur Hälfte an der Miete. Wäre das Balsam für Ihre empfindsame Männerseele? Ich habe genug Kohle, ich kann mir das leisten. Wenn ich diesen Scheiß schon mitmachen muss, dann aber bitte wenigstens mit jemandem, den ich mag.«
    »Ich bin hier überflüssig, Anna«, sagte er.
    »Ihre Aufgabe ist es doch, mich zu beschützen, oder nicht? Und ich fühle mich von Ihnen beschützt. Mission erfüllt. Was gibt es da noch rumzuzicken?«
    »Kommt es auch schon mal vor, dass Sie Ihren Kopf nicht durchsetzen?«, fragte er.
    »Nein«, sagte sie. »Heißt das, Sie bleiben?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete er. »Doch, schon möglich.«
    »Ich hab Ihnen ja gleich gesagt, dass Sie sich in mich verguckt haben.«
    »Meinen Sie, das ist der Grund?«
    »Worauf Sie Gift nehmen können. Es ist bloß eine Frage der Zeit, bis Sie mit mir in die Federn steigen.«
    »Ich glaube, so was nennt man sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.«
    »Es zählt bloß als sexuelle Belästigung, wenn Sie es nicht auch wollen. Ansonsten läuft es unter der Rubrik ›der Natur ihren Lauf lassen‹.«
    »Daraus wird nichts, Anna. Ich lasse mich nicht mit Klienten ein.«
    »Ja, ja. Verstehe. Sie herzlose Maschine, Sie.«
    Sie warf ihm eine Kusshand zu und schwebte hinaus. Spandau schmunzelte. Er konnte nicht anders. Sie war unwiderstehlich.

2
    Am folgenden Morgen traf sich die Jury im Carlton zu ihrer ersten Sitzung. Franz hatte ein leichtes Frühstück vorbereitet, aber Anna bekam keinen Bissen hinunter. Sie konnte kaum mit ansehen, wie sich Spandau und Pam über Eier und

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