Naechtliche Versuchung - Roman
zurückkehren, wo er Theone und dich mit offenen Armen empfangen wird. Er bittet dich inständig um Verzeihung.«
Diese Worte fügten Kyrian noch schlimmere Schmerzen zu als Valerius’ glühendes Eisen. Nicht sein Vater müsste sich entschuldigen, nicht er war starrsinnig und dumm gewesen.
Nein, ich tat dem Mann, der mich immer liebte, ein bitteres Unrecht an. Mögen die Götter uns beiden gnädig sein, denn nun weiß ich, wie begründet seine Bedenken waren.
Zetes drehte sich wieder zu Valerius um. »Für das Leben seines Sohnes wird Alkis dir alles geben. Alles!«
»Wie verlockend!«, höhnte Valerius. »Aber wäre es nicht reiner Wahnsinn, den Mann laufen zu lassen, der uns beinahe besiegt hätte?« Mit schmalen Augen starrte er Zetes an. »Niemals!« Er zog einen Dolch aus seinem Gürtel. Unsanft packte er die drei langen Feldherrnzöpfe, die an Kyrians Schläfe hingen, und schnitt sie ab. »Da!«, rief er und übergab sie dem alten Mann. »Bring das seinem Vater und sag ihm, das ist alles, was er von seinem Sohn bekommt.«
»Nein!«
»Wachen! Schafft seine Hoheit hinaus!«
Schweren Herzens beobachtete Kyrian, wie sein Onkel aus der Kammer gezerrt wurde.
»Kyrian!«
Verzweifelt stemmte sich Kyrian gegen die Fesseln. Doch
sein geschundener Körper war so geschwächt, dass er seine Schmerzen noch verstärkte. Er wollte Zetes zurückrufen und beteuern, wie bitter er die Worte bereute, die er seinen Eltern ins Gesicht geschleudert hatte. Lass mich nicht sterben, ohne dass sie es erfahren.
»Nein, Valerius, du darfst das nicht tun!«, flehte Zetes, bevor die Tür ins Schloss fiel und die atemlose Stimme verstummte.
»Hol meine Geliebte!«, befahl Valerius einem Diener. Sobald der Mann den Raum verlassen hatte, stieß Kyrians Peiniger einen übertriebenen Seufzer aus, als wäre er tief enttäuscht worden. »Anscheinend nähern sich unsere gemeinsamen Tage dem Ende, Kyrian. Wenn dein Vater deine Heimkehr herbeisehnt, ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis er gegen mich zu Felde zieht. Natürlich darf ich ihm keine Gelegenheit bieten, dich zu retten, oder?«
Um Valerius’ triumphierendem Grinsen zu entrinnen, schloss Kyrian die Augen. In seiner Fantasie sah er seinen Vater an jenem letzten verhängnisvollen Tag, als sie einander im Thronsaal gegenübergestanden hatten. Den »Kampf der Titanen« hatte Julian diese Szene genannt. Denn weder der Vater noch der Sohn waren zu einem Kompromiss bereit gewesen.
In Kyrians Ohren gellten die Worte, die er hervorgestoßen hatte. So dürfte kein Sohn mit dem Vater sprechen. Und diese Erinnerungen quälten ihn noch schmerzlicher als alles, was Valerius ihm antat.
Während er mit sich haderte, schwang die Tür der Folterkammer auf, und er hob die Lider. In stolzer Haltung trat Theone ein - wie eine Königin, die ihren Hofstaat um sich
versammelt. Sie blieb neben Valerius stehen und schenkte ihm ein zärtliches, einladendes Lächeln.
Ungläubig starrte Kyrian seine Frau an, als ihm das ganze Ausmaß ihres Verrats bewusst wurde. Allmächtiger Zeus, das muss ein Albtraum sein … Nein, diesen Schicksalsschlag vermochten sein gemarterter Körper und die verletzte Seele nicht zu ertragen.
»Eins muss ich dir zugestehen, Kyrian«, spottete Valerius, schlang seine Arme um Theone und küsste ihren Nacken. »Mit deiner Gemahlin hast du eine großartige Wahl getroffen, sie ist wirklich gut im Bett.«
Es war das grausamste aller Leiden, die Kyrian in diesem Raum erduldet hatte. Schamlos erwiderte Theone seinen Blick, während Valerius hinter ihr stand und ihre Brüste umfasste.
In ihrem Gesicht las Kyrian keine Liebe. Keine Reue. Nichts. Wie einen Fremden musterte sie ihn.
»Komm, Theone, zeigen wir deinem Ehemann, wobei er uns in der Nacht seiner Heimkehr gestört hat!« Valerius löste die Brosche von ihrem Himation, das zu Boden glitt und ihren nackten Körper enthüllte. Dann umarmte er sie wieder und küsste sie.
Entsetzt beobachtete Kyrian, wie sie Valerius von seiner Rüstung befreite und seine intimen Zärtlichkeiten genoss.
Diesen Anblick ertrug Kyrian nicht länger, und so schloss er die Augen. Aber er hörte, wie Theone seinen Feind bat, mit ihr zu verschmelzen, hörte ihr lustvolles Stöhnen, den Schrei ihres Höhepunkts. Und da spürte er, wie sein Herz dahinwelkte und starb.
Damit hatte Valerius ihn endgültig vernichtet. Kyrian
überließ sich seinem Schmerz, bis er gar nichts mehr fühlte. Nur noch leere Einsamkeit.
Nach dem Liebesakt schlenderte
Weitere Kostenlose Bücher