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Nana - der Tod traegt Pink

Titel: Nana - der Tod traegt Pink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Staecker , Dorothea Seitz
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unter dem Verlust ihrer Haare? Knapp zwei Wochen nach Beginn der Chemotherapie ist es meist soweit. Der Griff an den Kopf befördert büschelweise Haare in die Hand. Der Krebs wird sichtbar. Nach einiger Zeit verlieren die Patienten auch alle anderen Körperhaare: Augenbrauen, Wimpern, Achselhaar, Schamhaare...
    Während Nana durchaus Freude darüber entwickeln konnte, dass sie sich nun im Intimbereich nicht mehr rasieren musste, litt sie sehr unter dem Verlust ihrer Augenbrauen und Wimpern. Ohne die wirkt ein Gesicht irritierend anders. Manchmal kann ein Gegenüber gar nicht genau benennen, was die Physiognomie derart verändert hat. Irgendwie erscheint es einfach leer. Das kann so belastend speziell natürlich für weibliche Krebspatienten sein, dass sie überlegen, bei einem möglichen Rückfall keine weitere Chemotherapie mehr auf sich zu nehmen.
    Bild 40
    Nana im Mai 2011 mit der am wenigsten geliebten Perücke; mit ihr fühlte sie sich verkleidet.

    Oben wieder mit
    Über rein äußerliche Aspekte hinaus haben Haare natürlich eine wichtige Funktion. Gerade am Kopf schirmen sie schädliche UV-Strahlung ab, schützen vor Kälte, halten Schweiß zurück.
    Eine Perücke dient nur als schlechter Ersatz. Auch wenn Nana jede Menge Perücken besaß, wie Barbara erzählt:

    Perücken waren für Nana ein Riesenthema. Seit ihr im Friseurgeschäft im Klinikum Großhadern die von der Krankenkasse bezahlten Ersatzhaare angepasst wurden, schaute sie liebend gern vorbei, um sich dort weitere Exemplare anzusehen. Oft stellte sie sich vor, das nächste wäre Marke ›Omamodelk silbergrau, mit akkurat ondulierten

    Bild 41
    ein spontan von Barbara geschossenes Foto, während sie ihren Blitz austestet (Dezember 2011).
    Nanas Gesichtsausduck ist gespielt – oder doch echt?
    Bild 42
    Nanas erstes Bild mit Glatze, von Barbara fotografiert am 18.3.2011 beim allerersten Shooting. Nanas Mut zu diesem Foto, zu seiner späteren Öffentlichkeit via Facebook wird belohnt.
    Genau in der Richtung, die Nana sich so sehr gewünscht hat.
    Locken. Bestellt hat sie dann doch lieber im Internet, wo sie nur einen Bruchteil dessen zahlte, was die der Krankenkasse kosten. Die passten auch besser zu Nanas Zwecken.

    Getragen hat sie die Perücken eigentlich nur zu den Fotoshootings. Ihr Standardkommentar zum gekauften Haarteil, egal, ob teuer oder billig: ›Kratzt, drückt, schwitzt!‹ Meist band sie sich ein Tuch um den Kopf oder trug eine dieser zu großen Wollmützen, die junge Leute so gerne aufhaben. Da dies im Moment sowieso modern ist, fiel sie damit sogar an heißen Sommertagen überhaupt nicht auf. Ganz ohne Kopfbedeckung war sie dagegen kaum zu sehen, auch nicht zu Hause. Die Mütze war für sie die praktikabelste Alternative.

    Auf der Krebsstation haben wir viele ältere Damen gesehen, die mit Nachthemd und Ersatzhaar aufrecht in ihrem Bett saßen. Dabei geht es sicher um Würde, aber auch um Normalität. Da hat man viele Jahre lang diese Frisur, dann möchte man sich auch in schwierigen Zeiten daran festhalten. Unser erstes Glatzenfoto hat Nana zwar auf Facebook gestellt aber sie musste zuvor ein, zwei Tage darüber nachdenken, ob sie das wirklich will. Es erschien dann ohne Kommentar, in einem Album, nicht etwa als Profilbild oder sonstwie exponiert. Es hat ihr als starkes Motiv gefallen, aber es erinnerte sie natürlich daran, dass sie krank ist. Es beschönigte nichts – und das tat Nana weh. Sie wusste um die Signalwirkung für andere. Daher ließ sie dieses Bild bis zuletzt auf ihrer Facebookseite. Aber so richtig glücklich wie mit anderen Aufnahmen war sie damit nie.«

    Mitreißend mutig
    Reinhild ist Ende 40. Etwa zeitgleich mit Nana – also im November 2010 – erhält sie ihre Diagnose: Brustkrebs. In der Phase ihrer Chemotherapie surft Reinhild viel im Internet und stößt dabei auf das Magazin des Vereins lebensmut e.V. Sie selbst hat gerade ihr Haar verloren und ist absolut fasziniert von Nanas Selbstbewusstein.
    Als sie auf Nanas Facebookseite Bilder mit Graffitis im Hintergrund entdeckt, ist ihr klar, dass sie Kontakt aufnehmen muss. Denn schließlich hat Reinhild ebenfalls exakt in dieser Münchner Gegend fotografiert.

    Wie Nana versucht sie, trotz der parallel ablaufenden Behandlungen ihre verbleibende Zeit kreativ zu nutzen. Auf ihren Spaziergängen durch München fallen ihr plötzlich all die kleinen und großen Kunstwerke an Hauswänden und Mauern der Stadt auf, an denen sie früher achtlos vorbeigelaufen ist.

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