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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Nana tat, als wolle sie die Gräfin Sabine scharf beobachten. Als sie später an der kaiserlichen Tribüne vorbeikam, schien der Anblick des Grafen Muffat, der in strammer Haltung hinter der Kaiserin stand, sie zu belustigen.
    Wie dumm schaut er doch aus, sagte sie laut zu Vandeuvres.
    Sie wollte alles sehen.
    Dieser Teil des Parkes mit seinen Rasenplätzen und Gebüsch schien ihr nicht so lustig. In der Nähe des Gitters hatte ein Konditor ein großes Büffet mit Gefrorenem errichtet. Unter einer ländlichen Strohhütte sah sie eine Gruppe von Leuten gestikulieren und schreien. Das war der Ring. Nebenan befanden sich leere Pferdestandplätze; zu ihrer Enttäuschung sah sie da nur das Pferd eines Gendarmen. Dann kam der »Padock«, eine kleine Seitenbahn von hundert Metern im Umfange, wo ein Stallbursche Valerio II., dessen Kopf verhüllt war, umherführte. Auf den Treppenstufen, die zu den Tribünen führten, standen viele Herren mit dem orangefarbenen Abzeichen im Knopfloch. In den offenen Galerien der Tribünen herrschte ein unaufhörliches Gewoge, das Nana einen Augenblick interessierte; aber, dachte sie, im Grunde ist all das nicht wert, daß man sich darüber kränkt, wenn man hier nicht Einlaß findet.
    Jetzt gingen Daguenet und Fauchery grüßend vorüber. Sie machte ihnen ein Zeichen, sie mußten also zu ihr kommen. Sie brachte jetzt mit ihrem Treiben eine Weile den ganzen Wiegeraum in Aufruhr. Dann unterbrach sie sich und rief:
    Schau, der Marquis von Chouard. Wird der aber alt. Er arbeitet also noch immer daran, sich zugrunde zu richten?
    Da erzählte Daguenet den jüngsten Streich des Alten; eine Geschichte von vorgestern, die noch niemandem bekannt war. Nachdem er monatelang um Gaga herumgelungert, hatte er ihr um dreißigtausend Franken ihre Tochter Amélie abgekauft.
    Eine saubere Geschichte, rief Nana entrüstet. Es ist eine Freude, Töchter zu haben. Doch da fällt mir ein ... Das muß ja Lily sein, da unten in einem Wagen in Gesellschaft einer Dame. Ich habe das Gesicht erkannt; der Alte scheint sie spazieren geführt zu haben.
    Vandeuvres interessierte sich nicht für dieses Gespräch; er war ungeduldig und suchte sich von ihr loszumachen. Da Fauchery ihr im Weggehen gesagt hatte, sie müsse sich die Buchmacher ansehen, sonst habe sie nichts gesehen, mußte der Graf sie wohl oder übel zu den Buchmachern führen. Da war sie auch zufrieden; dieser Anblick interessierte sie.
    Zwischen mehreren, von jungen Kastanienbäumen umsäumten Rasenplätzen öffnete sich ein runder Platz. Hier hatten unter schattigem Laub die Gilde der Buchmacher in langer Reihe ihr Lager aufgeschlagen, um den Wettenden zu Diensten zu stehen wie auf offenem Markte. Um die Menge zu beherrschen, stellten sie sich auf hölzerne Bänke. Um ihre Zettel weithin sichtbar zu machen, hefteten sie diese an den Bäumen an. Fortwährend spähten sie ringsumher und auf einen Wink, auf ein Augenblinzeln schrieben sie die Wetten ein, so rasch, daß die Zuschauer sie anstaunten, ohne zu begreifen. Es war ein Wirrwarr von Zurufen und Ziffern. Von Zeit zu Zeit wurde das Getöse noch lauter; Laufjungen erschienen am Eingang des Platzes, riefen den Buchmachern hastig ihre Ziffern zu und verschwanden wieder in der Menge.
    Das ist drollig, murmelte Nana, der die Geschichte außerordentlich gefiel. Die sehen ja nach vorn und hinten ... Der große da schaut aber wild aus. Dem möchte ich nicht im Dunkel eines Waldes begegnen.
    Vandeuvres zeigte ihr einen Buchmacher, der früher Angestellter in einer Modewarenhandlung, in zwei Jahren drei Millionen gewonnen hatte. Es war ein Blonder von zarter, schmächtiger Gestalt; ein grenzenloser Respekt umgab ihn; die Leute blieben stehen, um ihn zu betrachten.
    Sie war im Begriff, den Platz zu verlassen, als Vandeuvres einem der Buchmacher mit dem Kopfe ein Zeichen gab. Dieser rief den Grafen herbei. Er war früher bei Vandeuvres als Kutscher bedienstet gewesen; ein Riese an Gestalt mit Schultern wie ein Ochse, das Gesicht hochgerötet. Seitdem er mit Geldmitteln von zweifelhafter Herkunft auf den Wettrennplätzen das Glück versuchte, trat ihm der Graf näher; er gab ihm geheime Aufträge und behandelte ihn noch immer als Diener, vor dem man keine Geheimnisse hat. Trotz der Freundschaft des Grafen hatte auch dieser Mann große Summen verloren, und auch er spielte heute, fieberhaft erregt, seine letzte Karte aus.
    Nun, Maréchal, fragte der Graf leise, wieviel haben Sie gesetzt?
    Fünftausend Louisdors, erwiderte

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