Nana
der Buchmacher gleichfalls mit gedämpfter Stimme. Das ist hübsch, wie? ... Ich muß gestehen, daß ich den Kurs auf drei gebracht habe ... Der Graf schien unzufrieden.
Nein, nein. Suchen Sie, ihn wieder auf zwei zu bringen. Ich werde Ihnen nichts mehr sagen, Maréchal.
Was kann Ihnen das jetzt schaden? entgegnete der Buchmacher mit der vertraulichen Unterwürfigkeit eines Mitschuldigen. Ich muß die Leute heranlocken, um Ihre zweitausend Louis anzubringen.
Vandeuvres hieß ihn schweigen. Als er sich entfernte, bedauerte der Buchmacher, daß er den Grafen über den steigenden Wert seiner Stute nicht befragt hatte. Wenn die Stute Glück hätte, wäre er geliefert, denn er hat zweihundert gegen fünfzig gesetzt. Nana, die nichts von dem Geflüster verstanden hatte, wagte es nicht, Aufklärungen zu verlangen. Der Graf wurde immer nervöser und übergab sie plötzlich Labordette, den sie trafen.
Führen Sie sie zurück ... Ich habe zu tun ... Auf Wiedersehen.
Er trat in den Saal ein. Es war dies ein enger Raum mit niedriger Decke, fast ganz ausgefüllt durch eine große Wage. Der Saal glich dem Gepäckmagazin auf einer kleinen Bahnstation. Da war Nana wieder stark enttäuscht. Sie hatte sich einen riesigen Raum vorgestellt mit einer ungeheuren Wage, um die Pferde zu wiegen. Und jetzt sah sie, daß nur die Jockeis gewogen werden. Ah, da lohnt es ja gar nicht die Mühe, daß sie mit ihrer Wage so viel Aufsehens machen. Eben stand ein Jockei mit dummem Gesicht auf der Wage und wartete, daß der Wiegemeister, ein dicker Mensch im Überrock, sein Gewicht feststelle. Inzwischen hielt ein Stallknecht vor der Türe das Pferd Cosinus, das eine bewundernde Menge stillschweigend umstand.
Man schickte sich an, die Bahn abzuschließen. Labordette trieb Nana zur Eile an; doch bevor sie gingen, zeigte er ihr einen kleinen Menschen, der mit Vandeuvres abseits stehend sprach.
Das ist Price, der da ...
Ah, der mich reiten wird ... murmelte sie lachend.
Sie fand ihn sehr häßlich. Alle Jockeis schienen ihr wahre Kretins zu sein. Sie fand es auch natürlich, denn »man hinderte sie zu wachsen« sagte sie. Price, ein Mann von vierzig Jahren, sah aus wie ein vertrocknetes altes Kind, mit einem langen, magern, runzligen, harten, bewegungslosen Gesicht.
Der Körper war so hager, so knochig, daß die blaue Jacke mit weißen Aufschlägen auf einer hölzernen Puppe zu sitzen schien.
Nein, der wird mir kein Glück bringen ... murmelte Nana im Weggehen.
Eine große Menschenmenge bedeckte noch immer die Bahn, deren durchnäßter und zertretener Rasen schwarz geworden war. Vor den zwei Anzeigetafeln, die auf hohen gußeisernen Säulen angebracht waren, drängte sich die Menge, die Köpfe erhebend und jede Pferdenummer, die durch eine elektrische Leitung vom Wiegeraum aus ersichtlich gemacht wurde, mit lautem Gejohle begrüßend. Die Herren machten Notizen auf ihren Programmen. Die Anzeige, daß Pichenette nicht laufen werde, verursachte Erregung. Nana ging mit Labordette rasch über die Bahn. Die Glocke tönte unaufhörlich, damit das Publikum den Rasen räume.
Ah, Kinder, rief Nana, wieder in den Landauer steigend. Lauter Schwindel, ihr Wiegeraum ...
Man begrüßte sie mit lautem Jubel und Klatschen. Bravo Nana! Sie ist uns wiedergegeben! ... Es war auch dumm zu glauben, daß sie durchgehen werde. Sie kam eben im rechten Augenblick zurück. Aufgepaßt, das Rennen beginnt! Man vergaß den Champagner; niemand dachte mehr ans Trinken ...
Nana fand zu ihrer Überraschung Gaga in ihrem Wagen und Bijou und Ludwig auf ihren Knien. Gaga sagte, sie sei gekommen, um das Kindchen zu küssen, denn sie liebe die Kinder gar so sehr. In Wahrheit aber war sie gekommen, um sich La Faloise zu nähern.
Nun und Lili? fragte Nana. Sie ist wohl da unten im Kupee des Alten? Ich habe soeben eine saubere Geschichte gehört ...
Gaga machte eine betrübte Miene.
Meine Teure, ich bin sehr traurig darüber, sagte sie. Gestern habe ich soviel geweint, daß ich im Bett bleiben mußte, und ich dachte wirklich nicht, daß ich würde heute ausgehen können. Du kennst ja meine Meinung über diesen Punkt ... Ich wollte nicht; ich habe sie in einem Kloster erziehen lassen, um sie anständig zu verheiraten. Ich habe ihr stets gute Ratschläge erteilt; habe sie streng überwacht ... Aber sie hat durchaus wollen ... Es hat eine Szene gegeben; Tränen, harte Worte; ja sie erhielt sogar eine Ohrfeige von mir. Alles umsonst ... Sie langweilte sich zu sehr und wollte
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