Nana
nicht klug, fügte Zoé hinzu.
Ohnehin verdrießlich geriet Nana durch diese Vorwürfe außer sich. Nach dem Ärger, den sie soeben überstanden, empfange man sie nun so.
Laßt mich in Ruhe, schrie sie.
Still, Madame, es sind Leute da, sagte Zoé.
Nana fuhr mit gedämpfter Stimme fort:
Glaubt ihr etwa, ich hätte mich unterhalten? Die Geschichte wollte kein Ende nehmen ... Ich wollte, ihr wäret dabei gewesen ... Ich war wütend und hatte nicht übel Lust, Ohrfeigen auszuteilen. Und keine Droschke, um zurückzukommen. Glücklicherweise ist es nicht weit von hier. Ich bin gerannt wie toll.
Hast du das Geld? fragte die Lerat.
Welche Frage! entgegnete Nana.
Sie hatte sich mit dem Rücken gegen den Feuerherd auf einem Sessel niedergelassen und zog ein Kuvert aus dem Mieder. Darin befanden sich vierhundert Franken. Man sah die Banknoten durch einen breiten Riß, den sie mit dem Finger in das Kuvert gemacht hatte, um sich von seinem Inhalte zu überzeugen. Für die Lerat war es heute schon zu spät aufzubrechen; man vereinbarte, daß sie am folgenden Tage fahre.
Nana wollte sich in lange Erklärungen einlassen, aber die Zofe unterbrach sie mit den Worten:
Madame, es sind Leute da, die Sie erwarten.
Darüber geriet Nana wieder in Zorn. Die Leute sollen warten, bis sie mit ihren eigenen Angelegenheiten fertig sei.
Die Lerat streckte die Hand nach dem Geld aus.
Nein, nicht alles! rief Nana. Dreihundert Franken für die Amme, fünfzig Franken für die Reisekosten, fünfzig Franken behalte ich für mich.
Da galt es aber, einen Hundertfrankenschein zu wechseln. Das ging nicht so leicht, denn es waren keine zehn Franken im Hause. Sie wandte sich gar nicht an Madame Maloir, denn diese hatte nie mehr als sechs Sou für den Omnibus bei sich. Endlich ging Zoé hinaus und sagte, sie wolle in ihrem Koffer nachsehen. Sie kam bald darauf zurück und brachte hundert Franken in lauter Hundertsousstücken. Man zählte das Geld auf einer Ecke des Küchentisches. Madame Lerat entfernte sich sofort und versprach, Ludwig am folgenden Morgen zu holen.
Du sagst, daß Leute da sind? fragte Nana, noch immer sitzend und ausruhend.
Ja, Madame, drei Personen.
Sie nannte den Bankier zuerst. Nana schnitt eine Grimasse. Dieser Steiner ist sehr im Irrtum, wenn er glaubt, daß sie sich von ihm langweilen lasse, weil er ihr gestern einen Blumenstrauß zugeworfen.
Überdies habe ich genug davon, erklärte sie. Ich werde nicht empfangen. Sage, daß du mich heute nicht mehr zu Hause erwartest.
Madame werden sich das überlegen und Herrn Steiner empfangen, erwiderte Zoé, ohne sich zu rühren, mit ernster Miene. Sie schien wütend darüber, daß ihre Herrin wieder im Begriffe stand, eine Dummheit zu begehen.
Dann erwähnte sie den Walachen, dem wohl auch schon die Zeit zu lang werden müsse. Nana geriet in Zorn und wurde noch hartnäckiger. Sie wolle niemanden empfangen. Wer habe ihr diesen lästigen Menschen auf den Hals gejagt?
Wirf das ganze Pack hinaus, rief sie. Ich will mit Madame Maloir eine Partie Bezigue spielen, das ist mir lieber.
Sie wurde durch die Klingel unterbrochen.
Das schlug dem Faß den Boden aus. Wieder einer, der sie langweilen wollte! Sie verbot Zoé, zu öffnen. Doch die Kammerfrau hörte nicht darauf, sondern ging hinaus und öffnete. Als sie zurückkam, übergab sie ihrer Herrin mit würdevoller Miene zwei Visitenkarten und berichtete:
Ich sagte diesen Herren, daß Madame empfangen, die Herren sind im Salon.
Nana war wütend aufgesprungen; die beiden Namen, die sie auf den Karten las, Marquis Chouard und Graf Muffat de Beuville, besänftigten sie. Sie schwieg einen Augenblick. Dann fragte sie:
Wer sind diese Leute, kennst du sie?
Ich kenne den Alten, erwiderte die Kammerfrau, indem sie in geheimnisvoller Weise den Mund spitzte.
Als ihre Herrin fortfuhr, sie mit den Blicken zu fragen, fügte sie einfach hinzu:
Ich habe ihn irgendwo gesehen.
Dieses Wort war für Nana entscheidend. Sie verließ mit Bedauern die Küche, dieses trauliche Plätzchen, wo man bei dem Dufte des auf dem Herde brodelnden Kaffees sich so wohl befand und so gemütlich plaudern konnte. Sie ließ in der Küche Madame Mailor zurück, die jetzt Karten legte. Sie hatte ihren Hut noch immer nicht abgelegt; aber um bequemer zu sein, hatte sie die Bänder gelöst und auf ihre Schultern zurückgeworfen.
Nana befand sich im Toilettezimmer und schlüpfte dort mit Hilfe Zoés in einen Frisiermantel. Für den Verdruß, den man ihr verursachte,
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