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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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daß das Frühstück aufgetragen sei. Man begab sich in das Speisezimmer, wo eine bejahrte Dame bereits bei Tische saß. Sie hatte ihren Hut nicht abgelegt und trug ein dunkles Kleid von unbestimmter Farbe, zwischen der Farbe des Flohs und der des Gänsemistes schwankend. Nana schien über ihre Anwesenheit nicht verwundert; sie fragte sie bloß, weshalb sie nicht in ihr Zimmer gekommen sei.
    Ich habe Stimmen gehört, erwiderte die Alte, und dachte, Sie seien in Gesellschaft.
    Madame Maloir, eine Frau von Würde und Benehmen, diente Nana als »ältere Freundin« und Gesellschafterin. Die Anwesenheit der Madame Lerat schien sie anfangs zu beunruhigen. Als sie erfuhr, daß es eine Tante sei, betrachtete sie diese mit sanften, lächelnden Blicken. Nana, die einen Wolfshunger hatte, warf sich inzwischen auf die Radieschen, die sie ohne Brot knusperte. Madame Lerat machte Umstände und wollte keine Radieschen essen, sie machten heiser, meinte sie. Zoé brachte Koteletten; Nana verschmähte das Fleisch und sog an den Knochen. Zuweilen schielte sie nach dem Hute ihrer alten Freundin.
    Ist das der neue Hut, den ich Ihnen gegeben habe? fragte sie endlich.
    Ja, ich habe ihn umgeändert, brummte Madame Maloir mit vollem Munde.
    Der Hut hatte eine merkwürdige Form; oberhalb der Stirne war er ungeheuer breit und überragt von einer riesengroßen Feder. Madame Maloir hatte die Manier, alle ihre Hüte zu »überarbeiten«; sie allein wußte, meinte sie, was ihr gut stehe und im Handumdrehn machte sie aus dem elegantesten Hute eine Schlafmütze. Nana, die ihr den Hut erst gekauft hatte, um ohne zu erröten mit ihr ausgehen zu können, war ärgerlich darüber und rief ihr zu:
    So legen Sie ihn wenigstens ab.
    Nein, ich danke, entgegnete die Alte mit vieler Würde; er geniert mich beim Essen gar nicht.
    Nach den Koteletten kam Blumenkohl mit einem Rest kalten Huhns.
    Nana schnitt zu allen diesen Gängen nur Grimassen, ließ alles stehen und aß nur noch Konfitüren.
    Der Nachtisch zog sich in die Länge. Zoé trug das Tafelgeschirr nicht ab, als sie den Kaffee brachte. Die Damen begnügten sich damit, ihre Teller wegzuschieben. Das Gespräch ging noch immer um den Triumph vom vorigen Abend. Nana drehte sich Zigaretten und rauchte, sich in ihrem Sessel wiegend. Zoé war im Zimmer geblieben, lehnte sich an den Anrichtetisch, kreuzte die Arme und begann, ihre eigene Geschichte zum besten zu geben. Sie behauptete, sie sei die Tochter einer Hebamme zu Bercy, die schlechte Geschäfte gemacht habe. Zuerst sei sie bei einem Zahnarzt in Dienst gewesen, später bei einem Versicherungsagenten. Doch da gefiel es ihr nicht. Sie zählte dann nicht ohne Stolz alle Damen auf, bei denen sie als Kammerfrau gedient habe. Sie sprach von diesen Damen in einem Tone, als ob sie deren Schicksal hundertmal in Händen gehabt habe. Ohne sie wäre es so mancher dieser Damen gar übel ergangen. Eines Abends zum Beispiel, als Madame Blanche sich eben in Gesellschaft Herrn Octaves befand, kam ihr »Alter«. Was tut Zoé? Sie stellte sich, als ob sie beim Durchschreiten des Salons stolperte und fiel. Der Alte eilte herbei, rannte in die Küche, um ein Glas Wasser für sie zu holen und – Monsieur Octave hatte inzwischen Zeit zu verduften.
    Die Geschichte ist nicht übel, bemerkte Nana, die mit Aufmerksamkeit, ja, mit einer gewissen Bewunderung diese Bravourstücklein anhörte.
    Ich habe viel Unglück gehabt ... begann darauf Madame Lerat.
    Dabei rückte sie näher zu Madame Maloir und machte ihr allerlei vertrauliche Mitteilungen. Beide tauchten ihren Zucker in den Kaffee und sogen daran. Madame Maloir hörte die Bekenntnisse der anderen an, machte aber ihrerseits niemals solche.
    Man sagte, sie lebe von einer geheimnisvollen Pension in einem Zimmer, das niemand betreten dürfe.
    Plötzlich verlor Nana die Geduld.
    Tante, spiele nicht mit den Messern! Du weißt, das macht mich nervös.
    Ohne viel darauf zu achten, legte Madame Lerat zwei Messer kreuzweise auf den Tisch. Nana wollte übrigens nicht zugeben, daß sie abergläubisch sei. Das Umstürzen des Salzfasses beispielsweise habe nichts zu bedeuten, auch der Freitag nicht. Anders verhalte es sich mit den Messern, diese haben nie gelogen; daran glaube sie. Es werde ihr sicherlich irgend etwas Unangenehmes zustoßen.
    Dann gähnte sie und sagte gelangweilt:
    Schon zwei Uhr. Ich muß ausgehen ... Das ist sehr dumm.
    Die beiden alten Frauen blickten einander an. Alle drei zuckten die Achseln und schwiegen. Gewiß

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