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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sage ihm, daß er mir langweilig ist ...
    Plötzlich wurde sie nachdenklich. Wie, wenn sie am folgenden Tage ihn haben wollte? ... Dann aber rief sie mit der Gebärde eines Straßenjungen, lachend und mit den Augen zwinkernd:
    Ach was, wenn ich haben will, daß er sicher wiederkommt, muß ich ihn erst recht hinauswerfen!
    Zoé war verblüfft. Sie betrachtete ihre Herrin voll Bewunderung und entfernte sich, um Steiner den Laufpaß zu geben.
    Nana wartete einige Minuten, damit Zoé Zeit gewinne »auszukehren«, wie sie es nannte. Die Sache ging übrigens rasch vonstatten. Nana steckte den Kopf in den Salon und fand diesen leer; dann blickte sie in das Speisezimmer, auch hier war niemand. Als sie, beruhigt und sicher, niemanden mehr zu finden, ihren Rundgang fortsetzte, stieß sie in einem Kabinett plötzlich auf einen ganz jungen Menschen. Er saß still und artig auf einem hohen Koffer, einen riesigen Strauß auf den Knien haltend.
    Ach, mein Gott, rief sie, da ist ja noch einer!
    Der junge Mann war, als er ihrer ansichtig wurde, rot wie eine Klatschrose aufgesprungen. Er war so erregt, daß er mit seinem Strauß nichts anzufangen wußte, er nahm ihn von einer Hand in die andere. Seine Jugend, seine Verlegenheit, sein drolliges Gehaben mit den Blumen stimmten Nana günstig; sie brach in ein Gelächter aus.
    Also auch die Kinder ... Da kommen ja die Männer scharenweise ans Gängelband ...
    Sie überließ sich ihrer guten Laune, nahm einen vertraulichen, mütterlichen Ton an, klopfte sich auf die Schenkel und fragte:
    Du willst dir also die Nase putzen lassen, Kleiner?
    Ja, sagte der junge Mensch in leisem, flehendem Tone.
    Diese Antwort stimmte sie noch heiterer.
    Er sei siebzehn Jahre alt, erzählte er, und heiße Georges Hugon. Gestern sei er im Theater gewesen, und nun sei er gekommen, sie zu sehen.
    Und diese Blumen sind für mich?
    Ja!
    So gib sie her, Närrchen!
    Als sie ihm den Strauß abnahm, stürzte er sich auf ihre Hände mit dem Ungestüm seines jugendlichen Alters. Sie gab ihm einen leichten Schlag, damit er ihre Hände wieder losließ. Während sie ihn schalt, kehrte ihre gute Laune wieder; ihre Wangen röteten sich, sie lächelte. Dann schickte sie ihn fort, indem sie ihm gestattete, wiederzukommen. Er war trunken vom Glück und fand kaum die Türe.
    Nana kehrte in ihr Zimmer zurück, wo Francis bald darauf eintraf, um sie für den Abend zu frisieren. Sie saß still und träumerisch vor dem Spiegel, ihren Kopf den geschickten Händen des Friseurs überlassend, als Zoé eintrat und meldete:
    Madame, einer ist da, der nicht gehen will.
    So laß ihn hier, sagte sie ruhig.
    Ja, so werden wir das Haus nie leer bekommen.
    Laß die Leute nur warten; wenn sie hungrig sind, werden sie fortgehen.
    Ihre Gedanken hatten eine andere Richtung genommen. Sie war entzückt davon, die Männer Maulaffen feilhalten zu lassen. Um ihre Freude voll zu machen, entschlüpfte sie den Händen des Friseurs und lief selbst zu den Türen, um die Riegel vorzuschieben. Nun mögen sie sich versammeln, durch die Mauer werden sie doch nicht rennen. Zoé kann ja durch die kleine Tür eintreten, die nach der Küche führt. Inzwischen läutete die elektrische Klingel. Alle fünf Minuten ertönte ihr heller, zitternder Klang mit der Regelmäßigkeit einer Maschine. Nana zählte die Ankömmlinge, um sich zu zerstreuen. Plötzlich fiel ihr etwas ein.
    Meine Krachmandeln, sagte sie.
    Francis hatte vergessen, ihr die Krachmandeln zu übergeben. Er zog aus der Tasche seines Überrockes einen Papiersack mit der Miene eines Weltmannes, der seiner Freundin ein Geschenk überbringt. Das hinderte ihn aber nicht, die Krachmandeln auf die Rechnung zu stellen. Nana nahm den Papiersack zwischen die Knie und begann zu essen.
    Alle Wetter, brummte sie nach einer Weile, ist das eine Bande!
    Die Klingel war dreimal hintereinander in Bewegung gesetzt worden. So ging es fort. An der Art zu läuten konnte man schon merken, ob ein Neuling oder ein Erfahrener kam. Ein wahres Sturmläuten, wie Zoé sagte, um ein ganzes Stadtviertel in Aufruhr zu versetzen; eine Armee von Männern auf den Beinen, einer nach dem andern kam, um auf den Elfenbeinknopf der Klingel zu drücken. Bordenave scheint aller Welt ihre Adresse gegeben zu haben. Das ganze Theaterpublikum von gestern drohte zu kommen.
    Beiläufig, Francis, sagte Nana plötzlich, haben Sie fünf Louisdor?
    Francis trat einige Schritte zurück, betrachtete die Frisur und sagte ruhig:
    Fünf Louisdor? Je nachdem

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