Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
er dalag mit offenem Munde und die Nase bei jedem Schnarchen bewegte, daß sie in lautes Gelächter ausbrach. Sie verließ mit Daguenet und Georges das Zimmer, durchschritt das Speisezimmer und ging, immer lauter lachend, in den Salon.
    Oh, meine Liebe, sagte sie zu Rosa, indem sie sich ihr fast in die Arme stürzte; Sie können sich nicht vorstellen ... Kommen Sie, ich will Ihnen etwas zeigen.
    Die übrigen Frauen mußten auch alle mitgehen. Sie nahm sie zärtlich bei den Händen und führte sie fast gewaltsam mit einer Aufwallung von so maßloser Heiterkeit, daß alle mitlachen mußten. Die ganze Gesellschaft verschwand und erschien bald wieder mit lautem Gelächter, nachdem sie einen Augenblick in tiefem Stillschweigen den schlafenden Bordenave umstanden hatte. Als sie auf das Gebot einer von ihnen einen Augenblick inne hielten, hörte man von ferne das Schnarchen Bordenaves.
    Es war nahezu vier Uhr morgens.
    Im Speisesaal hatte man einen Spieltisch aufgestellt, an dem Vandeuvres, Steiner, Mignon und Labordette Platz nahmen.
    Hinter ihnen standen Lucy und Karoline und wetteten, während Blanche, schläfrig und unzufrieden mit ihrer Nacht, alle fünf Minuten Vandeuvres fragte, ob sie noch nicht gingen.
    Im Salon versuchte man zu tanzen, Daguenet saß am Klavier. Allein der Tanz ermüdete, die Damen saßen erschöpft auf den Sofas.
    Plötzlich entstand ein Geräusch.
    Elf junge Leute waren angekommen und drängten einander lachend im Vorzimmer, um Eintritt zu erlangen. Sie kamen vom Ball des Ministers des Innern in Frack und weißer Krawatte mit allerlei fremden Ordenskreuzen geschmückt. Nana, wütend über diesen geräuschvollen Eintritt, rief die Kellner, die in der Küche zurückgeblieben waren, um all diese Herren hinauswerfen zu lassen. Sie schwur, daß sie sie nie gesehen. Fauchery, Labordette, Daguenet eilten den Ankömmlingen entgegen, um der Hausfrau Achtung zu verschaffen. Derbe Worte flogen herüber und hinüber; Fäuste wurden in die Luft gestreckt. Einen Augenblick konnte man glauben, daß die Herren einander mit Ohrfeigen traktierten. Ein kleiner Blonder in der Gesellschaft, ein Herr mit kränklichem Aussehen, wiederholte fortwährend:
    Aber Nana, erinnern Sie sich doch; Sie haben uns ja eingeladen ... neulich bei Peters ... in dem großen, roten Salon.
    Sie erinnerte sich an nichts mehr. An welchem Abend? Als der kleine Blonde den Mittwoch nannte, erinnerte sie sich, daß sie an jenem Abend allerdings bei Peters gespeist habe, aber sie habe niemanden eingeladen. Das wisse sie genau.
    Vielleicht doch, brummte Labordette zweifelnd; du warst vielleicht betrunken.
    Nana lachte. Das sei schon möglich. Da die Herren einmal da seien, mögen sie eintreten. Alles wurde beigelegt; mehrere der Neuangekommenen trafen Bekannte im Salon, der Lärm löste sich in Händedrücken auf. Der kleine Blonde mit der kränklichen Miene trug einen der großen Namen Frankreichs. Die Herren kündigten an, daß noch andere Gäste nachfolgten, und in der Tat öffnete sich jeden Augenblick die Tür und es kamen Herren mit weißen Handschuhen in amtlicher Haltung. Sie kamen alle vom Balle des Ministers des Innern.
    Fauchery fragte scherzweise, ob nicht auch der Minister kommen werde. Diese Frage ärgerte Nana, und sie erwiderte gereizt, der Minister gehe oft zu Leuten, die weit weniger wert seien als sie. Sie nährte im stillen noch immer die Hoffnung, daß Graf Muffat kommen werde. Er konnte sich ja eines besseren besonnen haben.
    Während sie mit Rosa plauderte, schielte sie fortwährend nach der Tür. Es schlug fünf Uhr. Man tanzte nicht mehr; nur die Spieler wollten nicht aufhören, Labordette allein hatte den Spieltisch verlassen. Die Damen waren in den Salon zurückgekehrt. Die Schläfrigkeit einer allzu ausgedehnten Nacht senkte sich über das Zimmer; die Lampen brannten trübe. Die Damen waren in der trübseligen Stimmung, ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Blanche de Sivry sprach von ihrem Großvater, dem General, während Clarisse einen Roman erfand von einem Herzog, der als Jagdgast ihres Onkels sie verführt hätte. Die eine lachte über die Geschichten der andern. Lucy Stewart schämte sich ihrer Abstammung nicht; sie erzählte mit Freuden, wie ihr Vater, der Wagenschmierer auf dem Nordbahnhof, sie geliebt und jeden Sonntag mit Apfelkuchen gefüttert habe.
    Oh, was ich euch erzählen will, rief plötzlich die kleine Maria Blond. Meiner Wohnung gegenüber wohnt ein Herr, ein Russe, mit einem Wort: ein sehr reicher

Weitere Kostenlose Bücher