Nana
man seiner heute nicht mehr bedurfte. Das Zimmer war durch eine Lampe beleuchtet; im Kamin brannte ein großes Feuer.
Der Kleine wird ja nie trocken werden und sich einen tüchtigen Schnupfen holen, sagte Nana mitleidig, als sie Georges zusammenschauern sah.
Und keine Männerhose im ganzen Hause. Sie wollte eben den Gärtner zurückrufen, da kam ihr ein Gedanke. Zoé, mit dem Auspacken der Koffer beschäftigt, brachte ihrer Herrin frische Wäsche zum Wechseln: ein Hemd, Röcke, einen Frisiermantel.
Das ist ja vortrefflich, rief Nana, Zizi wird alles dies anlegen. Du hast doch keinen Abscheu vor meiner Wäsche, wie? Wenn deine Kleider trocken werden, wirst du sie wieder anziehen und wirst rasch nach Hause laufen, damit Mama dich nicht auszankt. Eile dich; inzwischen will auch ich in meinem Kabinett die Wäsche wechseln.
Als sie zehn Minuten später im Schlafrock zurückkehrte, faltete sie entzückt die Hände und rief:
Oh, der liebe Fratz. Wie herzig ist er als kleine Frau.
Er hatte ganz einfach ein langes Nachthemd angezogen, ein gesticktes Beinkleid und einen langen Batistfrisiermantel mit Spitzen. Mit seinen nackten, weißen Armen und seinen blonden Locken, die ihm durchnäßt in den Nacken fielen, glich er völlig einem Mädchen.
Er ist so schlank wie ich, sagte Nana, indem sie ihn um die Taille nahm. Zoé, schau doch, wie prächtig ihm das steht. Wie für ihn gemacht, ausgenommen das Leibchen, das etwas zu weit ist; er hat freilich vorne nicht so viel wie ich, der arme Zizi.
Ja, das fehlt mir ein wenig, meinte Georges lächelnd.
Alle drei kamen allmählich in eine heitere Stimmung. Nana knöpfte ihm den Schlafrock von oben bis hinunter zu aus Schicklichkeit, wie sie sagte. Dann drehte sie ihn hin und her wie eine Puppe, gab ihm zarte Stöße und bauschte ihm rückwärts die Röcke auf. Dabei fragte sie ihn aus, ob er sich wohl fühle, ob ihm schon wärmer sei. Ah, freilich fühlte er sich wohl! Nichts ist so warm wie ein Frauenhemd. Wenn es möglich wäre, trüge er nie ein anderes. Er war glücklich in diesem feinen, schmiegsamen Linnen, das so lieblich duftete und in welchem er gewissermaßen das warme Leben Nanas fühlte.
Inzwischen hatte Zoé die nassen Kleider in die Küche geschafft, um sie dort bei einem großen Feuer rasch trocknen zu lassen. Georges, der in einem Sessel ausgestreckt lag, wagte jetzt ein Geständnis:
Sag' einmal, du ißt nichts? Ich muß dir bekennen, daß ich fast vor Hunger umkomme; ich habe nicht zu Mittag gegessen.
Nana wurde ernstlich erzürnt über ihn. Das ist doch dumm, mit leerem Magen der Mama durchzugehen und in einen Tümpel zu fallen. Indes knurrte auch ihr der Magen; freilich müsse man essen, aber man werde sich begnügen müssen mit dem, was man finde. Dann schoben sie ein Tischchen vor den Kamin und hielten die drolligste unvorbereitete Mahlzeit. Zoé lief zum Gärtner, der eine Kohlsuppe bereitet hatte für den Fall, daß Madame nicht in Orleans essen werde; Madame hatte nämlich vergessen, in ihrem Briefe ihm aufzutragen, was er bereiten solle. Glücklicherweise war der Keller wohl gefüllt. Man hatte also Kohlsuppe mit einem Endchen Wurst. Nana durchstöberte ihre Taschen und fand noch allerlei Mundvorrat, den sie aus Paris mitgebracht hatte: eine kleine Leberpastete, Orangen, Bonbons. Sie aßen wie die Vielfraße mit dem Appetit ihrer zwanzig Jahre als Kameraden, die sich voreinander nicht schämten. Nana nannte Georges »meine Liebe«; das schien ihr zärtlicher und vertraulicher. Zum Nachtisch leerten sie mit demselben Löffel einen Topf Eingemachtes, den sie auf einem Schrank entdeckt hatten.
Ach, meine Liebe, sagte Nana, den Tisch wegschiebend, seit zehn Jahren habe ich nicht so gut gespeist.
Es war indessen spät geworden, und sie wollte den Kleinen nach Hause schicken aus Besorgnis, daß er tüchtig ausgezankt werden könne. Er meinte, es sei noch Zeit. Auch wollten die Kleider nur langsam trocknen; Zoé sagte, sie brauchten noch eine Stunde dazu; und da sie vor Ermüdung fast umfiel, schickten sie sie zu Bette. Sie waren nun allein in dem stillen Hause.
Es war ein milder Abend. Das Feuer im Kamin verglühte langsam; es war sehr heiß in diesem großen, blauen Zimmer, wo Zoé das Bett bereitet hatte, bevor sie hinaufging. Nana, fast erdrückt von der Hitze, erhob sich, um das Fenster zu öffnen. Sie stieß einen Ruf der Überraschung aus.
Welch ein herrlicher Abend! rief sie. Schau, meine Liebe.
Georges trat nun gleichfalls ans Fenster und nahm
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