Nana
kommt zu einem Stelldichein. Nana, ganz bestürzt über die Eifersuchtsszene und über die Wendung, welche die Dinge nahmen, schloß ihn in ihre Arme und tröstete ihn, so gut es ging. Nein, sagte sie; er täusche sich; sie erwarte niemanden; wenn der Graf kommt, so ist das nicht ihre Schuld. Es ist töricht vom Kleinchen, sich unnützerweise solchen Kummer zu machen. Sie schwur bei ihrem Kinde, daß sie niemanden liebe als ihren kleinen Zizi. Dabei küßte sie ihn und trocknete ihm die Tränen.
Du wirst sehen, sagte sie. Alles ist dein ... Steiner ist angekommen. Er ist oben. Den kann ich nicht hinauswerfen, das weißt du.
Ja, ich weiß; ich spreche auch nicht von ihm.
Ich habe ihn ins hintere Zimmer gesteckt und ihm gesagt, ich sei krank. Dort ist er jetzt mit dem Auspacken seiner Koffer beschäftigt. Da dich niemand hat ankommen sehen, versteck dich in meinem Zimmer und erwarte mich dort.
Georges fiel ihr um den Hals. Es ist also wahr, sie liebte ihn ein wenig? Also, wie gestern ... Sie werden die Lampe auslöschen und bis zum Morgen im Dunkel bleiben. Jetzt ertönte die Klingel, er eilte in ihr Zimmer. Hier zog er die Schuhe aus, um kein Geräusch zu machen und wartete geduldig, verborgen hinter einem Vorhang.
Nana empfing den Grafen einigermaßen verwirrt noch unter dem Eindruck der eben geschilderten Szene. Sie hatte ihm allerdings eine Zusage gemacht und sie war auch entschlossen, ihr Versprechen zu halten, denn sie nahm diesen Mann ernst. Allein die Vorgänge von gestern, die sie nicht voraussehen konnte, änderten vieles. Die Reise, dieses Haus und der Kleine, der unerwartet und ganz durchnäßt gekommen war; sie fand dies alles so schön und gut, und es wäre hübsch, diese Lebensweise fortzusetzen ... Um so schlimmer für den Grafen ... Seit drei Monaten läßt sie ihn warten und spielt die ehrbare Frau, um seine Leidenschaft noch mehr aufzustacheln. Er möge noch weiter warten oder seinen Weg gehen, wenn es ihm nicht beliebt. Sie wolle lieber alle ziehen lassen, als Georges betrügen. Der Graf hatte feierlich Platz genommen mit der Miene eines Nachbars vom Lande, der zu Besuch kommt. Bloß seine Hände zitterten ... ... In dieser sanguinischen, bisher jungfräulich gebliebenen Natur hatte das Verlangen, aufgestachelt durch das berechnende Vorgehen Nanas, auf die Dauer furchtbare Verheerungen verursacht. Dieser so ernste Mann, dieser Kämmerer, der mit würdiger Miene die Salons der Tuilerien durchschritt, zerriß Nacht für Nacht in seiner Pein die Kissen seines Bettes. Jetzt aber war er entschlossen, ein Ende zu machen. Unterwegs hatte er in der friedlichen Abenddämmerung den Vorsatz gefaßt, rücksichtslos vorzugehen. Kaum waren die ersten Worte ausgetauscht, als er Nana bei den Händen ergriff.
Nein, nein! Nehmen Sie sich in acht! sagte sie lächelnd, ohne sich zu erzürnen.
Er preßte die Zähne zusammen und faßte sie wieder. Sie wehrte sich; doch er wurde zudringlich und erklärte ihr rund heraus, er sei gekommen, um bei ihr die Nacht zuzubringen. Sie lächelte noch immer, hielt ihn aber zurück. Sie duzte ihn, um ihre Weigerung zu mildern.
Verhalte dich ruhig, mein Lieber ... Ich kann wahrhaftig nicht. Steiner ist oben.
Doch er war wahnsinnig. Nie hatte sie einen Mann in einem ähnlichen Zustande gesehen. Sie wurde von Furcht ergriffen; sie legte ihm die Hand auf den Mund, um seine Schreie zu ersticken. Sie dämpfte die Stimme und bat ihn, zu schweigen und sie zu lassen. Jetzt kam Steiner herab. Als der Bankier eintrat, hörte er, wie Nana, die nachlässig im Sessel zurückgelehnt saß, ausrief:
Ja, ich schwärme für das Landleben.
Sie unterbrach sich und wandte den Kopf dem Eintretenden zu.
Mein Lieber, sagte sie, Graf Muffat hat auf seinem Spaziergang unser Haus beleuchtet gesehen und ist gekommen, um uns willkommen zu heißen.
Die Herren reichten einander die Hände. Muffat hielt sich im Schatten und schwieg. Steiner schien ärgerlich zu sein. Man sprach von Geschäften; Steiner erzählte von einer Verwirrung auf der Börse. Nach Verlauf einer Viertelstunde verabschiedete sich der Graf, Nana gab ihm bis zur Tür das Geleite. Er verlangte ein Stelldichein für die nächste Nacht, sie verweigerte es ihm. Steiner ging bald auf sein Zimmer, um sich zu Bett zu legen und brummte über die ewigen Launen der Frauen. Endlich war sie die beiden Alten los geworden ... Nana fand Georges, geduldig hinter seinem Vorhang wartend. Im Zimmer herrschte völlige Dunkelheit. Er zog sie neben sich auf
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