Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narcopolis

Narcopolis

Titel: Narcopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeet Thayil
Vom Netzwerk:
nicht zu essen, nicht mit so großem Appetit; und ihr verdient eure guten Zähne nicht oder eure hervorragende Verdauung. Ihr verdient es nicht zu leben, dachte er, und griff sich wiederholt an den Hals, um zu spüren, wie das Fieber unter seiner Haut kochte.
Ein Stück die Straße runter
kam ihm plötzlich wie eine unüberwindbare Entfernung vor, schaffte er es ohne Hilfe doch kaum vom Tisch zurück zu seiner Turkey-Matratze.
    Allmählich ging es ihm besser, oder er gab es zumindest vor, und als er sah, wie sie sich am Mittwoch duschten und rasierten, wie sie ihre besten Sachen anzogen, tat er es ihnen gleich, zog die einzigen Sachen an, die er besaß, ein kariertes Hemd und ein Paar Jeans, das er einmal im Gefängnis und einmal im Center von Hand gewaschen hatte; und als ein Dutzend Turkeys und Nicht-Turkeys losgingen, geführt vom Parsen und vom Katholiken, schloss er sich an, ging mit dem zögerlichen Schritt des Rekonvaleszenten, ein Sonderling in einer Gemeinschaft von Sonderlingen, stolperte oder schritt friedlich mit den Normalen dahin, während Jean-Luc sich das schmutzige blonde Haar mit den Händen kämmte, der dicke Kettenraucher Walter auf Oriya mit sich selbst redete und alle ausnahmslos den Frauen auf der Straße hinterhersahen. Sie machten eine Pause, tranken Tee, aßen Kuchen, machten noch eine Pause für Beedis und Zigaretten, und zwischen Zigarettenladen und dem Nebengebäude, in dem Soporo Onar seine Rede halten sollte, eine Entfernung von kaum zwanzig Metern, schlüpfte Rumi rückwärts in eine Schar Fußgänger und verschwand.
    •••
    Dass der Neue fehlte, merkte Bull erst, als alle saßen und er Gelegenheit hatte, seine Schar zu zählen. Er zählte gleich noch einmal, aber das Ergebnis blieb dasselbe, zehn Turkeys, wo aber war Nummer elf? Er schaute sich im Saal um, die übliche Mixtur von Usern, Losern und alten Leuten, Tantchen in Hauskleidern, kränkelnden Gemeindemitgliedern und ganz hinten einer Meute Jungen in Tarnklamotten und Basketballschuhen, die auffällig fehl am Platz wirkten. Er fragte Charlie: Haben wir den neuen Turkey verloren? Wie heißt er noch? Ramesh? Charlie zählte seinerseits nach. Der kommt schon wieder, sagte er. Wo will er auch hin? Bull schüttelte den Kopf, denn der Saal füllte sich, weshalb sie nicht länger ungestört miteinander reden konnten. In der ersten Reihe saßen ausschließlich Safer-Insassen, und alle schienen schon zu wissen, dass der neuste Turkey getürmt war, dass er jetzt, in diesem Augenblick, dort draußen herumlief und sich die Kante gab; und obwohl keiner was sagte, blickten einige zum Ausgang und wünschten sich, sie wären draußen auf der Straße, frei zu tun, wonach ihnen der Sinn stand, auch, dem Ganzen ein Ende zu setzen, denn das war doch die eigentliche Bedeutung von Freiheit, nicht wahr? Die vollkommene, erwachsene Freiheit, für sich selbst zu entscheiden, was richtig oder falsch ist, und das Falsche zu wählen, wenn man es denn wollte. Bull wusste es aus eigener Erfahrung von damals, als er beschlossen hatte, alles in den Sand zu setzen, die Monate seltsamer Nüchternheit für eine letzte Verrücktheit zu vergessen; und er wusste, Charlie konnte es ebenfalls spüren: das einschießende Blut, das sich wie Glück anfühlte. Noch Zeit für eine schnelle Zigarette?, fragte Jean-Luc, und normalerweise hätte Bull wie immer ja gesagt, aber gerade hatte jemand die Biege gemacht, und wer weiß schon, welche Impulse das im Franzosen auslöste. Er zögerte, und dieses Zögern reichte Jean-Luc, um genau zu wissen, was dem Bullen durch den Kopf ging. Im selben Moment räusperte sich Father Fo.
    •••
    Er schloss sich einigen Leuten an, die zu einem Café an der nächsten Ecke wollten. Es gehörte zu einer neuen Kette und hatte große Fenster. Die vorherrschende Farbe war versengtes Orange, damit die Kunden sich warm und geborgen fühlten, was schlagartig seine Wut weckte. Also ging er über die Straße zu Nikitas Schönheitssalon für Damen und Herren, trat rasch ein und schloss die Tür, verriegelte sie, ehe die junge Frau auch nur protestieren konnte. Sonst war weiter niemand im Laden. Er zog die Vorhänge vor, befahl ihr, die Bluse auszuziehen, und sie widersprach nicht. Sie war jung und dunkelhäutig; ihre Brüste waren schwer, und sie hob sie ungeschickt aus den Körbchen ihres BH s. Er zog ihr die Hose runter, ließ sie zu Boden fallen und riet ihr zu bleiben, wo sie war, sich im Spiegel anzusehen und ihre Nippel zu berühren, ihre

Weitere Kostenlose Bücher