Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
seinem geistigen Auge ließ er die Unterhaltung, die er mit dem guten Doktor geführt hatte, noch einmal ablaufen. In dem Moment, als Jeffrey die Bank beschuldigt hatte, das Geld nicht herauszurücken, hatte O’Shea gewußt, daß er log. Jetzt fragte er sich, warum. »Diese Doktoren«, sagte O’Shea. »Die glauben immer, sie sind schlauer als alle andern.«
    Er wendete, fuhr den Weg zurück, den er gekommen war, und rollte am Haus der Rhodes’ vorbei; er überlegte, wie er jetzt vorgehen sollte. Eine Straße weiter wendete er wieder und fuhr noch einmal am Haus vorbei. Er bremste ab, fand eine Parklücke und bog hinein.
    Wie er die Sache sah, gab es zwei Möglichkeiten: Entweder ging er noch einmal hinein und fragte den Doc, warum er log, oder er blieb hier sitzen und wartete ein Weilchen. Er wußte, er hatte dem Mann eine Heidenangst eingejagt. Das war auch seine Absicht gewesen. Leute mit einem schlechten Gewissen reagierten auf eine solche Konfrontation oft mit einem verräterischen Akt. O’Shea beschloß, vor dem Haus zu warten. Wenn binnen einer Stunde nichts passierte, würde er essen gehen und nachher noch einmal vorbeischauen.
    Er stellte den Motor ab und ließ sich, so gut es ging, hinter dem Lenkrad zusammensinken. Er dachte an Jeffrey Rhodes und fragte sich, was der Bursche wohl verbrochen haben mochte. Mosconi hatte es ihm nicht gesagt. Aber wie ein Krimineller kam dieser Rhodes ihm nicht vor, nicht mal wie einer von der Weiße-Kragen-Sorte.
    Ein paar Mücken störten ihn in seinem Sinnen. Als er die Fenster hochdrehte, stieg die Temperatur im Wagen an. O’Shea begann seine Pläne zu überdenken. Als er gerade den Motor anlassen wollte, bewegte sich etwas am hinteren Ende der Garage. »Was haben wir denn da?« fragte er und duckte sich noch tiefer.
    Zunächst konnte er nicht erkennen, wer es war - der Mr. oder die Mrs. - , aber dann kam Jeffrey um die Garage herum und lief geradewegs zu seinem Auto. Er hatte seinen Aktenkoffer in der Hand und lief irgendwie vornübergebeugt, als wolle er nicht, daß man ihn vom Haus aus sah.
    »Jetzt wird’s interessant«, flüsterte O’Shea. Wenn er beweisen könnte, daß Rhodes gegen die Kautionsauflagen verstieß, und wenn er ihn einfangen und hinter Schloß und Riegel bringen würde, dann hätte er einen Batzen Geld verdient.
    Jeffrey schloß die Autotür nicht, weil er fürchtete, daß Carol es hören könnte; er löste nur die Handbremse und ließ den Wagen die Einfahrt hinunter und auf die Straße rollen. Erst dort startete er den Motor und fuhr los. Er reckte den Hals, um das Haus möglichst lange im Blick zu behalten, aber Carol zeigte sich nicht. Eine Straße weiter schlug er die Wagentür zu und legte den Sicherheitsgurt an. Die Flucht war leichter gewesen, als er gedacht hatte.
    Nachdem er den verstopften Lynn Way mit seinen Gebrauchtwagenplätzen und grellbunten Neonreklamen erreicht hatte, wurde er allmählich ruhiger. Er war immer noch ein bißchen zittrig wegen O’Shea, aber es war eine Erleichterung zu wissen, daß er diesen Kerl und das drohende Gefängnis bald weit hinter sich gelassen haben würde.
    Als er sich dem Logan International Airport näherte, erwachten die gleichen Bedenken, die er schon am Morgen gehabt hatte. Aber jetzt brauchte er nur seine brennenden Ohren zu berühren, um seinen Entschluß erneut zu festigen. Diesmal blieb ihm nichts anderes übrig, als die Sache durchzuziehen, ganz gleich, was für Skrupel er hatte oder wie groß seine Angst war.
    Ein paar Minuten hatte er noch Zeit; er ging zum Ticketschalter, um sein Ticket nach Rio de Janeiro vom Vormittag umschreiben zu lassen. Sein Shuttle-Ticket war noch gültig. Wie sich herausstellte, war der Nachtflug nach Rio billiger als der Nachmittagsflug, und Jeffrey bekam eine beträchtliche Summe erstattet.
    Das Ticket im Mund, den Reisekoffer in der einen und den Aktenkoffer in der anderen Hand, eilte er zur Sicherheitskontrolle. Das Umschreiben hatte länger gedauert, als er gedacht hatte. Diese Maschine wollte er nun wirklich nicht verpassen.
    Er ging zum Röntgenapparat und wuchtete seinen Reisekoffer auf das Transportband. Er war gerade im Begriff, den Aktenkoffer dazuzulegen, als ihn jemand von hinten am Kragen packte.
    »Sie wollen Urlaub machen, Doktor?« fragte O’Shea mit spöttischem Grinsen und riß Jeffrey das Ticket aus dem Mund. Mit der Linken hielt er Jeffrey weiter am Kragen fest, während er das Ticketheft aufblätterte, um das Flugziel zu lesen. Als er sah,

Weitere Kostenlose Bücher