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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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auf sie und stand da, wo er immer stand – im Halteverbot. Als Valerie in Begleitung von Paul aus dem Flughafengebäude in Wien-Schwechat kam, erschien ihr nach dem kühlen Jet die brütende Sommerhitze des frühen Abends doppelt so heiß. Die Aussicht auf eine klimatisierte Limousine war deshalb doppelt verlockend.
    »Soll ich dich in die Stadt mitnehmen?«, fragte Valerie und deutete auf den großen Mercedes.
    »Nein, lass nur«, winkte der Reporter ab. »Ich muss als Erstes ein paar Anrufe machen, schauen, wo Georg sich herumtreibt, dann die verlorenen Stunden aufholen, die uns der Ausflug nach Berlin gekostet hat. Du weißt ja: Keine Zeit hatten wir gestern …«
    Valerie nickte. »Es tut mir leid, dass wir in Berlin so wenig Erfolg hatten, aber jetzt wissen wir wenigstens, dass das vierte Dokument in Wien ist«, sagte sie und öffnete den Kofferraum des Botschaftswagens, ließ ihren Rucksack hineinfallen und umarmte Paul.
    »Pass auf dich auf und lass uns später telefonieren«, sagte sie, als die Fondtür des Mercedes aufging und Samuel Weinstein ausstieg. Der Militärattaché schnippte ein unsichtbares Staubkörnchen von seiner Uniform und lächelte gekünstelt.
    Wagner musste lachen, als er Valeries Gesicht sah.
    »Ich wünsche dir noch eine unterhaltsame Fahrt!«, rief er schließlich, winkte und war bereits um die Ecke verschwunden.
    »Ich hoffe, der kostspielige Ausflug nach Berlin hatte den gewünschten Erfolg«, versuchte es Weinstein mit einem geschäftsmäßigen Beginn. Goldmann nickte nur stumm und stieg ein. Der Militärattaché nahm neben ihr Platz und betrachtete angelegentlich seine Fingernägel, während der schwere Wagen fast lautlos anrollte und sich auf die Fahrspur in Richtung Wien einreihte.
    »Der Botschafter möchte Sie übrigens sprechen«, meinte er mit einem vorsichtigen Seitenblick auf Valerie. »Er ist nicht so überzeugt von der Berliner Blitzaktion, schon gar nicht angesichts der Spesen.«
    Valerie drehte sich zu Weinstein und legte ihren Kopf schief. »Ich frage mich gerade, woher der Botschafter die buchhalterischen Informationen bekam«, meinte sie schnippisch. »Derselbe Informant ist sicherlich perfekt darüber unterrichtet, worum es ging und wie dringend es war. Weinstein, Sie sind ein wahrer Quell der Freude. Danke für die Unterstützung und dafür, dass Sie mir den Rücken freigehalten haben. Sollte ich wieder einmal Ihre Hilfe brauchen, dann erinnern Sie mich daran, dass ich auf Ihre Urlaubszeit warte. Vielleicht ist Ihr Vertreter loyaler.«
    »Major Goldmann, Sie wissen genauso gut wie ich, dass der Informationsfluss in die Chefetage Priorität hat«, verteidigte sich Weinstein und schaute auf die silbern glitzernden Leitungen und Hochbehälter der Raffinerie Schwechat, die vor den Fenstern vorbeizogen.
    »Das war wohl eher eine Flutwelle«, fuhr ihn Valerie an. »Reden Sie mit Shapiro, wenn Sie das noch nicht getan haben, und dann können Sie sich bei mir entschuldigen.«
    »Ich habe schon mit Shapiro geredet«, gab Weinstein zurück. »Er ist nicht begeistert von Ihrem Vorgehen in Berlin, weder was den Verlust des Dokumentes betrifft noch von ihrem Abgang am Flughafen Tegel. Der BND hat vor Kurzem eine offizielle Beschwerde losgelassen, erst nach Tel Aviv und dann nach Wien. Die haben Ihre mangelnde Kooperation gar nicht lustig gefunden.«
    »Wenn ich kooperiert hätte, wie Sie das so schön formulieren, dann säßen wir noch immer und wahrscheinlich noch die ganze Nacht in einem Büro in Berlin und würden versuchen, auf unnötige Fragen möglichst unverbindliche Antworten zu geben«, sagte Valerie scharf, »und wertvolle Zeit verlieren.«
    Sie überlegte, ob sie Weinstein vom letzten Telefonat mit Shapiro erzählen sollte, entschied sich aber dagegen.
    Der Militärattaché setzte eine überhebliche Miene auf. »Nun, Major Goldmann, lassen Sie mich kurz Bilanz ziehen. Sie haben das russische Dokument verloren, bevor Paul Wagner es entziffern konnten, Daniel Singer wurde trotz Ihrer Anwesenheit erschossen, Sie haben den BND verärgert und ein paar Zehntausend Euro an Flugkosten verbraten. Und das in einigen wenigen Stunden. Eine reife Leistung …« Weinstein verschränkte die Arme vor der Brust und ein zufriedener Zug erschien auf seinem Gesicht.
    »Sie sind erstaunlich gut unterrichtet«, gab Valerie zu und ärgerte sich darüber, wie viele Informationen Shapiro offenbar im Gespräch mit dem Militärattaché herausgerückt hatte. Andererseits war Weinstein der

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