Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz
nebenbei mit dem Handrücken über die Stirn, »was hier jetzt alles offenbar wird.« Die Zeitungen hatten über Daniels und Pauls Tod geschrieben, auch über die Gerüchte, die die jungen Männer umgaben.
»Glaubst wirklich, die Burschen sind …?«
»… schwul?« Der Mann sah seine Partnerin forschend an. »Na, werden schon was g’funden haben daran. Wenn die Gerüchte stimmen.«
»Über den Pfarrer, meinst? Schauderhaft, was da auf einmal alles rauskommt. Wer hätt’ das gedacht.«
»Niemand, nein. Woher auch?«
»Hoffentlich finden’s den Schuldigen bald. Nicht, dass noch mehr passiert.«
Jemand tupfte Berenike von hinten auf die Schulter. Unwillkürlich fuhr sie herum. Es war nur Gerhard. Der Bergarbeiter grinste. »Darf ich um den nächsten Tanz bitten?«
Zögernd ließ Jonas sie aus. »Ungern«, grinste er.
»Aber nur, wenn’s was Langsames spielen.« Berenike atmete tief durch.
»Warten wir’s ab.«
Ein Slow Fox erklang. Jonas ging quer über die Tanzfläche zurück zu ihrem Tisch, neigte sich zu Ariane. Gerhard verbeugte sich eine Spur zu förmlich und hielt die Arme auf. Sie legte zögernd ihre rechte Hand in seine, die linke auf seine Schulter.
»Ich hab gehört, du hast mit Ariane geredet«, fing Berenike nach einer Weile an, in der sie sich stumm zu der langsamen Melodie gewiegt hatten.
»Über eure Zeit im Schacht, genau, das habe ich.«
»Glaubst du im Ernst, dass ein Bergmann uns entführt hat?«
»Ich kann dir den Ort nochmal zeigen, wenn du dich traust. Den alten Schacht findet so bald keiner, der sich nicht sehr gut im Bergwerk auskennt. Der Stollen ist schon einige Jahre nicht mehr in Betrieb, da gibt’s nichts mehr abzubauen.«
»Wieso hast du uns entdeckt?«
Gerhard blieb mitten im Tanz stehen, dass sie fast aufeinander prallten. »Was willst damit sagen?«
Ein Paar hinter ihnen prallte mit ihnen zusammen. »’tschuldigung«, murmelte Berenike.
»He, was soll das!«, rief ein Bursch im Steirerjanker grinsend. »Muss ich euch antreiben?«
Die anderen bewegten sich weiter, sahen sich noch mal um. Gerhards Augen wirkten riesig in dem gedämpften Licht. »Willst du mich beschuldigen? Nur weil ich einmal im Leben Blödsinn g’macht hab?«
»Komm weiter.« Berenike zog Gerhard mit sich, suchte sich wieder in den Tanzschritt zu finden. Gerhard tapste ihr auf die Füße, nach ein paar Takten hatte er sich wieder im Griff. Er schlang seinen Arm fester um ihre Taille und drehte sie hart im Kreis herum.
»Ich hab mich gewundert, dass uns überhaupt jemand befreien gekommen ist, nach allem, was du sagst, weißt.« Der Tanz wurde ihr mit einem Mal unangenehm. Gerhard drückte sie zu eng an sich, ließ keine kleine Bewegung ihrerseits zu. »Die Ariane und ich haben uns schon keine Hoffnung mehr gemacht, lebend da raus zu kommen, weißt du.« Berenike schüttelte es, als spürte sie wieder den nassen, kalten Stein da unten im Salzbergwerk an ihrer Haut.
»Glaub was du willst, Berenike. Ich hab dir gesagt, wie es war.«
Die Musik kam zu einem Ende, Gerhard blieb stehen, presste ihren Körper immer noch mit seinen muskulösen Armen an sich. »Ich danke für den Tanz!«, sagte er plötzlich sehr förmlich und floh von der Tanzfläche. Im Vorbeigehen beobachtete er die Tanzenden, strich an einer blondgelockten Frau vorbei.
Sie bemerkte Jonas, der am Rand des Tanzbodens stand und eine Hand nach ihr ausstreckte. Als würde sie aus den Händen eines Mannes in die eines anderen gegeben, ging es ihr durch den Kopf.
Ariane tauchte auf, hängte sich an Gerhard und zog ihn zu den Melodien einer Polka zurück auf die Tanzfläche. »Wart ein bisserl, Ariane, hm?«, murrte er, »ich bin noch ganz …« Der Rest seiner Worte ging in der Musik unter, die eben wieder zu spielen anfing. Gerhard ließ sich von Ariane mitziehen.
»Nike«, flüsterte Jonas Berenike ins Ohr, dabei hauchte er ihr einen Kuss in den Nacken, dass ihr heiß und kalt wurde und sich die kleinen Härchen an ihrem Hals aufstellten.
Ein Weilchen später saßen sie zu viert an ihrem Tisch, als ein paar Schützen hereinkamen. »Oh nein, nicht schon wieder!« Ariane raufte sich bei ihrem Anblick dramatisch die Haare. »Ich könnt die Jäger alle sonst wohin verfrachten.«
»Ehrlich, Ariane«, Jonas beugte sich näher zu der Journalistin hinüber und fuhr leise fort: »Ich find Jagen auch blöd. Aber ein Tipp – pass ein bissl auf, was du sagst. Du hast schon genug Drohungen hervorgestoßen. Ich glaub selbst nicht,
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