Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition)
erst recht keinen freien Platz mehr.
Graf Zahl machte den zaghaften Versuch, ihm zu erklären, dass er in ganz Rottweil kein Lokal finden würde, in dem derzeit eine problemlose Vernehmung möglich war. Doch Müller lief mit grimmigem Blick aus dem Lokal und dirigierte seine Gesprächspartner zu einem Café außerhalb der eigentlichen Rottweiler Narrensprungzone, wo vielleicht noch ein ruhigeres Plätzchen zu ergattern war.
Dem Blick von Frau Berger war nicht zu entnehmen, ob sie empört, entsetzt oder einfach nur erschöpft war. Sie setzte sich schweigend an den letzten freien Tisch des Cafés.
»Also, Frau Berger, wir haben erfahren, dass Sie sehr wütend auf Ihren Exmann waren, weil er sich nach all den Jahren scheiden ließ. Zudem soll die Scheidung wohl … auch finanziell nicht sehr gut für Sie gelaufen sein. Und Sie sollen ihn bedroht haben.«
Frau Berger sammelte sich. Ehe sie antworten konnte, kamen ihr allerdings die Kinder am Nebentisch dazwischen, die aus vollem Leib einen bekannten Rottweiler Narrenspruch brüllten: »Narro kugelrund, d’ Stadtleut sind wieder älli g’sund!« Und dann, in bestem Alemannisch, der Satz von den sieben Söhnen: »Narro siebe Sih, siebe Sih sind Narro g’si.«
Müller hätte sie am liebsten verhaftet. Sein Fasnachtstrauma machte sich wieder bemerkbar. »Also?«, fragte er Frau Berger.
»Ja, mein Exmann hat mich um viel Geld betrogen. Ich habe vielleicht auch mal gesagt, dass ihm das noch leidtun wird. Aber ihn deswegen umzubringen – fast ein Jahr nach der Scheidung?«
»Vielleicht nicht Sie selbst, aber Sie könnten ja jemanden beauftragt haben?«, wandte der Kommissar ein.
»So ein Unsinn«, echauffierte sich Frau Berger.
In diesem Moment spürte Graf Zahl den Vibrationsalarm seines Telefons.
»Hallo, Graf Zahl«, hörte er Hummel am anderen Ende. Das passte jetzt wirklich schlecht. Weder sollte Hubertus erfahren, dass er mit dem Kommissar in Rottweil saß – und umgekehrt schon gar nicht …
»Hallo!«, brüllte Zahl, ohne den Namen seines Gesprächspartners zu nennen.
»Hast du schon was rausgefunden?«
»Hier tobt der Federahannes. Bin gerade dabei!«
»Okay«, rief Hubertus, der hauptsächlich das Hintergrundgeräusch im Lokal hörte. »Lass uns nach dem Maschgerelauf telefonieren und unsere Erkenntnisse austauschen.«
»Was?«
»Te-le-fo-nie-ren. Nach dem Masch-ge-re-lauf!«
»Ich schalte mein Handy erst um sechzehn Uhr wieder an«, sagte Zahl und atmete tief durch.
21. MASCHGERELAUF
Hubertus hatte aufgehört, die Weinschorle zu zählen. Doch sein glasiger Blick verriet, dass das halbe Dutzend schon überschritten war. Immer wieder klopfte er Klaus auf die Schulter. »Toller Narro … bin stolz auf dich!«
Sein Freund erwiderte das Lob mit leicht besorgter Miene. Denn Hubertus hatte es sich an dem Tisch im Erker des Narrostübles fast schon etwas zu bequem gemacht. Ohne Scheme, ohne Kragen und vor allem ohne Rollen trank es sich leichter.
Verständnisvoll betrachtete Klaus den nassgeschwitzten Freund. Schließlich war es für den kein leichter Morgen gewesen. Nach dem anstrengenden Umzug hatte er tatsächlich die Kabine der Umzugssprecher aufgesucht und seinen angehenden Schwiegersohn ultimativ aufgefordert, die hochschwangere Martina nach Hause zu bringen. Hubertus hatte ihnen eine ganz schöne Szene gemacht, woraufhin Didi kleinlaut nachgegeben und Martina lauthals protestiert hatte: »Dass dein Enkel Hummel heißt, kannst du dir schon mal abschminken!«
Klaus versuchte die Aufmerksamkeit wieder auf den Fall zu lenken, was in einem Narrostüble nicht gerade leicht war. Hier ging es eigentlich nur um ein Thema – die Fasnet. Ständig wurden neue Lieder angestimmt, und man schunkelte, was das Zeug hielt. Die improvisierten Lokale waren ausschließlich für Hästräger reserviert.
»Hör mal, wie sollen wir jetzt den Narro mit dem Foulard finden? Grüne Farbe, schwarze Verästelungen, die gibt’s wahrscheinlich wie Sand am Meer«, fragte er und biss in eine Brezel.
»So viele wird’s davon nicht geben. Außerdem machen wir jetzt den Narro-TÜV«, antwortete Hubertus und zog aus seiner Hosentasche ein zerknülltes Blatt Papier, das er ausbreitete, um konzentriert das darauf abgebildete Gekritzel zu betrachten. Berta Gremmelsbacher hatte ihm das Muster des Foulards wie eine Art Phantombild aufgezeichnet.
»Wie? Narro-TÜV?«, fragte Klaus mampfend.
»Pass auf« – Hubertus beugte sich zu Klaus hinüber – »die Herrscher der
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