Naschkatze
Ihnen, Miss Higgins zu helfen, Lizzie.«
»Danke. Ihr wurde nämlich schwindlig, und da...«
»Und da haben Sie genau das Richtige gemacht. Nun, es ist schon nach zwei, also...«
»Ja, ich weiß.« Ich werfe das Zeug aus der Küche auf
den Empfangstisch. Empört öffnet Tiffany den Mund, um zu protestieren. Beinahe erdolchen mich ihre Augen. »Tut mir leid, Tiff, ich muss mich beeilen. Für heute ist meine Schicht vorbei.«
Und dann flitze ich aus der Kanzlei wie ein Fahrradkurier, der die Sixth Avenue entlangrast.
Lizzie Nichols’ Ratgeber für Brautkleider
Was die Schuhe betrifft...
Natürlich wollen Sie an Ihrem Hochzeitstag möglichst gut aussehen, und höhere Absätze können eine hübsche Figur betonen oder eine weniger perfekte verbessern. Aber bedenken Sie – an diesem Tag werden Sie sehr viel Zeit auf Ihren Füßen verbringen. Wenn Sie auf High Heels bestehen, tragen Sie Schuhe, an die Sie bereits gewöhnt sind.
Falls Ihre Brautschuhe am Hochzeitstag immer noch unbequem sind, wäre es eine gute Idee, ein zweites Paar mitzunehmen, das Sie in einer Pause tragen, zum Beispiel, während sie auf den Fotografen warten etc.
Nichts ist romantischer als eine Hochzeit an einem tropischen Strand, bei Sonnenuntergang. Aber überlegen Sie bitte – High Heels und Sand passen nicht zusammen. Wenn Sie an einem Strand heiraten, lassen Sie die Schuhe weg und besprühen Sie Ihre Füße mit einem Insektenspray, um die Sandhüpfer abzuwehren. Sonst müssen Sie sich während der ganzen Zeremonie kratzen.
Lizzie Nichols Designs
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Wenn Sie Ihre Geheimnisse dem Wind verraten, nehmen Sie’s ihm nicht übel, wenn er sie den Bäumen erzählt.
Kahlil Gibran (1883-1931), Dichter und Schriftsteller
U m fünf vor sechs gebe ich die Hoffnung auf, dass Jill an Monsieur Henris Tür läuten wird. Ich weiß, ich war zu anmaßend. Warum sollte Miss Higgins, die einen der reichsten Männer von Manhattan heiraten wird, ausgerechnet mich zu ihrer zertifizierten Spezialistin für Brautkleider erwählen – eine Frau, die sie nur als Empfangsdame in der Anwaltskanzlei kennt, wo ihr Ehevertrag ausgehandelt wird?
Noch dazu, wo ich gar nicht zertifiziert bin. Noch nicht!
Natürlich verschweige ich den Henris, dass ich ihren Namen und ihre Adresse einer der berühmtesten New Yorker Bräute gegeben habe. Ich möchte ihnen keine unberechtigten Hoffnungen machen. In letzter Zeit gehen die Geschäfte immer schlechter, und die beiden überlegen, ob sie den Laden schließen sollen (das besprechen sie selbstverständlich auf Französisch, damit ich nichts verstehe), wenn Maurice seinen neuen Salon weiter unten an der Straße eröffnet. Vielleicht ziehen sie dann für immer in die Provence, wo sie ein kleines Haus besitzen.
Falls sie sich dazu entschließen, werden sie einen großen finanziellen Verlust erleiden, weil sie eine zweite Hypothek auf das Sandsteinhaus aufgenommen haben, um die College-Tutoren
ihrer Jungs zu bezahlen. Und das Haus, das sie in New Jersey bewohnen, ist wegen der stark gesunkenen Immobilienpreise nicht mehr viel wert. Außerdem weigern sich die beiden Söhne Jean-Paul und Jean-Pierre standhaft, nach Frankreich zu übersiedeln oder ein billigeres College als die New York University zu besuchen, zu der sie täglich von daheim aus fahren (wenn sie nicht in das Apartment im obersten Stockwerk über dem Laden schleichen).
Zweifellos werden sie, falls die Henris das Geschäft tatsächlich drangeben, so schmählich enden, wie es ihre Mutter prophezeit. Den Eltern mangelt es an Geld, nicht an Disziplin – zumindest in der Art und Weise, wie Monsieur Henri mich mit Arbeit überhäuft. Für jemanden, der behauptet, seine Auftragslage sei miserabel, hat er mir stets eine ganze Menge zu tun gegeben. Tag für Tag. Inzwischen musste ich zahllose Spitzenrüschen nähen (so wie jene, die ich vor ein paar Monaten im Schaufenster bewundert hatte, fest entschlossen, diese Kunst zu erlernen). Bald war ich mir sicher, das im Schlaf zu können. Und ich weiß auch, wie man Perlen dran befestigt und diesen Glanzeffekt erzeugt. O Gott, nie wieder Rüschen...
Madame Henri drängt ihren Mann, er soll sich beeilen und sein Zeug zusammenpacken. Sonst würden sie in den Stau geraten, weil heute Abend der Rockefeller Center-Weihnachtsbaum beleuchtet wird, und eine Stunde brauchen, um die City zu verlassen. Aber da bimmelt die Ladenglocke. Durch die Glasscheibe sehe ich ein vertrautes Gesicht, von blondem Haar
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