Naschkatze
vor Nervosität und vielleicht wegen der Hitze. Ihre Brautjungfern und Sie selbst sollten genug saugfähige Papiertaschentücher und Puderdosen bei sich tragen.
Wenn Sie Ihre Wimpern mit einer erhitzten Wimpernzange bearbeiten, riskieren Sie entzündete Augen.
Benutzen Sie wasserfeste Mascara – Sie werden sicher weinen. Oder zumindest schwitzen.
Ein Concealer unter den Augen wird die Spuren einer schlaflosen Nacht überdecken.
Und zu guter Letzt – verwenden Sie einen haltbaren Lippenstift. Den ganzen Tag werden Sie diverse Leute küssen, essen und trinken. Und Sie wollen nicht dauernd in der Damentoilette verschwinden, um die Lippen in Ihrer Lieblingsfarbe nachzuziehen.
Lizzie Nichols Designs
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Man flüstert Schlimmes.
William Shakespeare (1564-1616), englischer Dichter und Dramatiker
d4 E s dauert nicht lange, bis die Presse herausfindet, wo Miss Higgins ihre »mysteriöse neue Freundin« trifft. Immerhin kann ich den Fotoreportern entrinnen, indem ich Jill nicht mehr zum Auto begleite.
In Windeseile spricht sich herum, die Braut des Jahrhunderts würde sich von Monsieur Henri beraten lassen, einem zertifizierten Spezialisten für Brautkleider. Ehe wir wissen, wie uns geschieht, wird der kleine Laden von zahllosen Bräuten belagert, die Kleider bestellen. Jean-Paul und Jean-Pierre müssen als Türsteher/Rausschmei ßer fungieren, um Bräute einzulassen und die Paparazzi fernzuhalten.
Angesichts all der Aufträge vergessen die Henris ihren Groll gegen mich, den sie wegen meiner verheimlichten Französischkenntnisse gehegt haben, und müssen sogar einen Terminkalender für das übernächste Jahr kaufen.
Nicht, dass die beiden Jills Brautkleid auch nur ein einziges Mal angefasst hätten, seit sie es in den Laden gebracht hat. Monsieur Henri griff danach, als ich ihm meinen Plan erklärte. Kategorisch prophezeite er, das grauenvolle Kleid sei nicht zu retten und John MacDowells Mutter würde mich verklagen.
Aber seine Frau nahm ihm die schottische Katastrophe
seelenruhig aus den Händen, übergab sie mir und sagte: »Lass sie einfach nur arbeiten, Jean.«
Das wusste ich zu schätzen. Ich habe ihr sogar die Bemerkung verziehen, dass ich »dumm« sei. Offenbar hat sie ihre Meinung geändert. Das Kleid wurde an einen Spezialbügel gehängt. Jeden Nachmittag entfernte ich die Schutzhülle, inspizierte das Resultat meiner bisherigen Bemühungen und überlegte, was ich in den nächsten Stunden tun würde. Dabei flippte ich nur kurz aus, bevor ich mich wieder an die Arbeit machte.
Man behauptet, vor der Morgendämmerung sei die Nacht am dunkelsten. Ich habe mich oft genug nächtelang abgerackert, um zu wissen, dass das stimmt. Ich hatte Jill versprochen, das Kleid am Tag vor dem Heiligen Abend fertigzustellen, damit notfalls noch Zeit für Änderungen in letzter Minute blieb und die Hochzeit am Silvestertag ohne Probleme stattfinden könnte. Doch eine Woche vor Weihnachten war ich mir sicher, dass ich mein Wort nicht halten konnte. Oder – noch schlimmer – dass das Kleid zwar fertig würde, aber grässlich aussähe. Natürlich ist es kein Kinderspiel, ein winziges Brautkleid für eine kräftig gebaute Frau zu vergrößern. Monsieur Henri würde recht behalten – ein unmögliches Unterfangen.
Doch es war nicht unmöglich. Nur furchtbar schwierig. Stundenlang trennte ich Nähte auf und stichelte und trank viele, viele, viele Diätcolas, um meinen schmerzenden Rücken zu ertragen. Jeden Nachmittag saß ich von halb drei – sobald ich mich von Pendergast, Loughlin and Flynn loseisen konnte, meiner immer noch einzigen Einnahmequelle – bis Mitternacht in der Werkstatt. Manchmal sogar bis ein Uhr morgens, dann wankte ich nach Hause und fiel ins
Bett. Am nächsten Tag stand ich um halb sieben auf, duschte, zog mich an und ging in die Anwaltskanzlei. Meinen Freund sah ich fast nie, geschweige denn jemand anderen. Aber das war okay, weil Luke eifrig für seine Prüfungen büffelte. Wenn er sein Studium in vier Jahren abschließen wollte – das hatte er sich fest vorgenommen -, musste er möglichst viele Kurse in jedes Semester packen.
Wenn ich meinem Freund auch nur selten begegnete – umso öfter betrachtete ich die Schachtel, die unter dem winzigen Weihnachtsbaum stand. Den hatte er auf der Straße mitsamt dem passenden Ständer gekauft, vor ein Fenster gestellt und mit einer Lichterkette umwunden, die man von der Fifth Avenue aus funkeln sah. Diese Schachtel hatte ich
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