Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
Vom Netzwerk:
auf seinem Weg, und häufig waren sie so breit, dass er zu langen Umwegen gezwungen war. Diese Gewässer wurden von einem Netz aus Bächen und Flüssen gespeist, und immer wieder musste sich Saiph notdürftig ein Floß zusammenzimmern, um sie unversehrt zu überqueren. Hinzu kam, dass das Herz des Waldes, im Gegensatz zu dem eher flachen Gebiet um Sesshas Enar, gebirgiger und kahler war, und er nicht immer unterirdische Luftkristalladern fand, die das Atmen ermöglichten. Saiph verlor den Mut. Ihn beschlich die Befürchtung, sich eine zu schwere Aufgabe aufgeladen zu haben, die er besser wieder aufgeben sollte.
    Im Morgengrauen des vierten Tages fand er etwas, was seine Lage verbesserte: Er stieß auf die mysteriösen Pflanzen, deren Gelee die Rebellen zum Atmen benutzten, die Aritella-Sträucher. Als er aus Sesshas Enar geflohen war, hatte er nur einen mit dieser Substanz bestrichenen Schal mitnehmen können, und dessen Kräfte waren verbraucht.
    Es handelte sich um eine Pflanze, die er noch nirgendwo gesehen hatte, mit spitzen, fleischigen, sternförmig angeordneten Blättern. Nicht höher als eine Elle wuchsen die Sträucher, konnten aber breiter als drei, vier Ellen werden. Bei einigen ragte in der Mitte ein schlanker Stiel heraus, der eine herrliche blaue, vielleicht eine Hand breite Blüte trug. Das Gelee aber gewann man aus den Blättern. Zerriss man sie, trat ein zähflüssiger, fast transparenter Saft hervor. Das Gelee eines Blattes auf einem Schal verteilt reichte aus, um zwei Tage lang gut Luft zu bekommen. Das Geheimnis lag darin, dass diese Pflanzen zum Wachsen keinen Boden benötigten, sondern ihre Wurzeln um die unterirdischen Luftkristalladern schlangen und so deren Eigenschaften in sich aufnahmen. Saiph legte sich einen genügend großen Blättervorrat an und machte sich wieder auf den Weg, immer weiter nach Norden.
    Als er gerade über die Lichtung einer Hochebene marschierte, zerriss ein Schrei die Luft. Saiph erstarrte und schaute sich nach Deckung um, doch um ihn herum gab es absolut nichts, wo er hätte Schutz finden können. Die Lichtung war flach und leer. Dem Schrei folgte das zischende Geräusch mächtiger Flügel, die durch die Luft schwangen, und Saiph erkannte, dass es keine Fluchtmöglichkeit für ihn gab. Der Drache musste seinen Geruch wahrgenommen haben. So blieb ihm nur die Ulika, doch der Drache war unglaublich schnell und würde ihn töten, noch bevor er den ersten Ton gespielt hatte.
    In seiner Verzweiflung griff Saiph dennoch zu dem Instrument und führte es zu den Lippen, als die Bestie im selben Moment vor ihm auftauchte: ein mächtiger, gut drei Ellen langer Drache, ähnlich wie die, die die Rebellen zur Fortbewegung benutzten, bis auf die Farbe, die am Rumpf grau und an den Flügeln blassblau war, der Federschweif mitten auf dem Kopf war hingegen tiefblau.
    In seiner ganzen Größe baute sich der Drache vor ihm auf, spreizte die Flügel und brüllte. Von Furcht und Verblüffung wie versteinert starrte Saiph ihn an. Entsetzlich und zugleich wunderschön war das Schauspiel, das sich ihm hier bot, denn das Tier strömte etwas ganz Besonderes aus, eine Aura der Macht, die ihn überwältigte. Er sank zurück, während sich der Drache über ihm aufbäumte, und einen Moment lang war nichts als Stille. Die Drachenaugen waren rot mit goldenen Einsprengseln, und Saiph spiegelte sich darin. Etwas unergründlich Tiefes lag in diesem Blick, so etwas wie eine antike Weisheit.
    Schnaubend senkte der Drache den Kopf und schnupperte an Saiphs Jacke. Er rührte sich nicht. Dann streckte er unwillkürlich eine Hand zu dem Drachenkopf aus, und ein Schauer überlief ihn, als er die glatte, kalte Haut berührte. Der Drache aber schien die Liebkosung zu genießen und schaute Saiph wartend an. Schließlich legte er den Kopf ganz vor ihm auf den Boden und reckte den Hals. Saiph wusste nicht, was er tun sollte. Offensichtlich war es eine Unterwerfungsgeste, aber warum nur?
    »Ich weiß wirklich nicht, was du von mir erwartest«, sagte er, als könne der Drache ihn verstehen. »Ich hab nichts zu essen dabei, jedenfalls nichts, was dir schmecken würde.«
    Der Drache hielt den Kopf weiter gesenkt und bedachte ihn mit einem ungeduldigen Blick.
    Aber weder auf Futter noch auf eine Berührung schien er zu warten: Offenbar erwartete er einen Befehl . Da kam Saiph eine Idee, eine verrückte, kühne Idee, eine Idee, die unmöglich funktionieren konnte. Aber warum es nicht einfach versuchen, sagte er

Weitere Kostenlose Bücher