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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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schweren Ring an der Decke befestigt waren, hing der Sklave an der Wand. Seine Knie berührten fast den Boden, und sein Kopf hing herab.
    Talitha nahm alle Kräfte zusammen, und mit einem mächtigen
Hieb sprengte sie die Ketten, die rasselnd zu Boden fielen. Saiph kippte nach vorn und rührte sich nicht mehr. Das Mädchen erstarrte.
    »Lass die Witze, du dummer Sklave!«, schrie sie, unter Husten, weil der Rauch in die Zelle zog. Sie fasste ihn um die Hüften, legte sich seinen linken Arm um die Schultern, und wollte sich mit ihm aus der Zelle schleppen. Doch als sie den Blick hob, erstarrte sie. Die Kombattantin lebte und hatte sich vor ihnen in der Tür aufgebaut. Ihre Augen hinter der Maske waren voller Hass.
    Es war vorbei. Das konnte sie unmöglich schaffen. Nicht mit der verletzten Schulter und nach den Anstrengungen des Kampfes, da ihre wenigen Kräfte gerade noch reichten, um Saiph nicht fallen zu lassen.
    Sie schloss die Augen, während ein niederschmetterndes Gefühl der Ungerechtigkeit ihr Herz erfüllt: Nur noch ein Schritt bis in die Freiheit, und jetzt war alles aus, noch bevor sie von ihr hatten kosten können.
    So stand die da und erwartete den tödlichen Schlag. Aber der blieb aus. Sie vernahm ein seltsames Geräusch, als würde ein Gewebe zerrissen, und dann einen röchelnden Schrei. Als sie die Augen aufriss, sah sie die Kombattantin in unnatürlicher gekrümmter Haltung vor sich stehen, so als breche ihr gerade das Rückgrat; dann sackte sie langsam immer mehr in sich zusammen und sank zu Boden. Talitha erkannte hinter ihr eine vertraute Gestalt.
    »Schwester Pelei!«
    Funkelnd pulsierte der Luftkristall auf der Brust der Priesterin, und als sie einen Finger hob, verzog sich der Rauch urplötzlich. Gierig sog Talitha die reine Luft ein.
    »Komm schon, wir haben keine Zeit«, forderte die Erzieherin
sie auf. In der Rechten hielt sie ein Schwert aus der Kammer der Opfergaben, mit dem sie schon im Training gegen das Mädchen gekämpft hatte. Gekleidet war sie nur mit einem Nachthemd, unter dem, ebenfalls wie im Training, die nackten Beine hervorschauten, während ihre Haare zu einem langen Pferdeschwanz gebunden waren. Ihre Züge wirkten anders, als Talitha sie kannte, strahlten eine ungeheure Kraft und Entschlossenheit aus. Und Talitha begriff: Sie war keine Priesterin mehr. Sie war wieder eine Kriegerin.
    »Aber Schwester, wie ...?«
    Statt einer Antwort nahm ihr die Erzieherin Saiph von den Schultern und legte ihn auf den Boden. Er war bleich wie eine Leiche, und das Mädchen überkam eine entsetzliche Furcht, die ihr die Brust einschnürte.
    »Als ich die Flammen sah, habe ich sofort an dich gedacht«, erklärte Schwester Pelei. »Ich wusste, dass du bei den Kerkerzellen sein würdest, um deinen Sklaven zu befreien. Glaub mir, ich kenne dich sehr viel besser, als du dir vorstellen kannst...«
    Rasch versetzte sie Saiph ein paar Ohrfeigen und goss ihm dann eine säuerlich riechende Flüssigkeit ins Gesicht, die sie in einem Fläschchen am Gürtel bei sich trug. Der Sklave schlug die Augen auf, und als er die goldglänzenden Augen Talithas sah, lächelte er.
    »Wo ... wo bin ich ...?«, stammelte er.
    Schwester Pelei zog ihn hoch. »Wir haben keine Zeit, Fragen zu beantworten. Wir müssen fort.«
    Sie eilte voraus zu den Lastenaufzügen, zwängte sich beim Maschinenraum in einen engen Schacht und kletterte die Zahnrädern hinauf.
    »Kommt mit, ihr müsst ganz hinauf zu den höchsten Wipfeln
des Talareth«, rief die Priesterin keuchend den beiden zu. »Dort sucht euch keiner.«
    Die ersten Flammen erreichten schon den Fußboden des Raums. Schwester Peleis geschwärztes Gesicht tauchte aus dem Rauch auf. »Komm, hilf mir mal«, forderte sie Talitha auf.
    Die zog Saiph noch ein Stück weiter bis zum Rand des Schachts und lehnte ihn dort mit den Schultern an die Wand. Er war immer noch benommen und blickte sie verwirrt an.
    »Wenn der Rauch stärker wird, leg dich flach auf den Boden«, sagte sie zu ihm und kletterte dann selbst die Zahnräder hinauf. Es war schwierig, weil nur wenig Platz war und das Schwert sie beim Klettern behinderte. Immerhin war der Rauch noch erträglich, da er durch die seitlichen Öffnungen abzog, und zudem konnten die Flammen dem Talareth nichts anhaben. Denn alle Talareths widerstanden dem Feuer, eine Eigenschaft, die das Holz verlor, sobald es vom lebenden Baum getrennt wurde. Die Priesterin war damit beschäftigt, mit dem Schwert auf etwas über ihren Köpfen

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