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Natalia, ein Mädchen aus der Taiga

Natalia, ein Mädchen aus der Taiga

Titel: Natalia, ein Mädchen aus der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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passiert?« rief Tassburg. Es wäre einfacher gewesen, zu Tigran hinüberzugehen, aber er wollte sich gerade jetzt nicht einen Schritt mehr als nötig von Natalia entfernen.
    »Darüber muß ich mit Ihnen sprechen, mein Sohn!« rief Tigran mit seinem urigen Baß zurück. »Ich bekomme von Ihnen ein neues Kirchendach!«
    »Heißt das, die Staubwolke da oben besteht aus Teilen Ihrer Kirche?«
    »Nicht das allein! Da hängen auch noch einige Gräber samt Umgebung darin!« Er nahm seinen Popenhut ab und wischte sich über die Stirn. »Unser lieber Vitali Jakowlewitsch Gasisulin, Sargmacher und Totengräber seines Zeichens, war nämlich mit drei Toten zur gleichen Zeit ein wenig überlastet. Man muß das ehrlich zugeben und verstehen. Andererseits lag uns daran, die Toten, vor allem die beiden Genossen, so schnell wie möglich in geweihter Erde verschwinden zu lassen. Es ist ja möglich, daß man sie vermißt und sucht. Ist das bis hierhin klar, Brüderchen?«
    »Völlig klar. Ich bewundere Ihren Weitblick, Väterchen.«
    »Was macht also Gasisulin, der gequälte Mann? Kann er so schnell im steinigen Boden drei Gräber ausheben? Das schien unmöglich. Aber Vitali Jakowlewitsch ist manchmal ein genialer Mensch. Was tut er? Er geht in Ihr Lager, mein Sohn, trifft dort einen angeblichen Fachmann, der Konstantin heißt, und läßt sich erklären, daß man Gräber auch in den Boden sprengen kann. Mit Dynamit!«
    »O Gott!« sagte Tassburg, lehnte sich an die Hauswand und wußte nicht, ob er lachen oder ernst bleiben sollte. »Ich ahne Fürchterliches!«
    »Daran tun Sie recht, Brüderchen!« Tigrans Stimme schwoll zu Orgeltönen an. »Vitali Jakowlewitsch als der gläubige Laie und Ihr elender Konstantin als Fachmann, berechnen also die Sprengkraft und kommen zu dem Ergebnis, Felsboden sei wie Beton. Das heißt, sie rechnen pro Grab drei Stangen Dynamit aus. Und die steckt der ahnungslose Gasisulin auch in die vorbereiteten Löcher.«
    »Sie brauchen nicht weiterzureden, Väterchen«, erwiderte Tassburg. »Eine solche Menge Dynamit hält auch Ihre Kirche nicht aus!«
    »Sie steht!« sagte der Pope stolz. »Gott hat sie festgehalten. Aber das Dach … mein Sohn, auch Gott kann seine Hände nicht überall haben! Und nun ist es so, daß Sie als Chef Ihres Trupps doch wohl verantwortlich sind für die Schäden, die irgendein Mitglied aus Ihrem Kreis anrichtet.«
    Tassburg lehnte den Kopf gegen die Wand. Ihm fiel ein, daß er ja den Kranken spielen mußte. »Ich werde es mir überlegen. Reparieren Sie das Dach, Väterchen. Wenn ich gesund bin, sprechen wir weiter darüber.«
    »Das ist keine reelle Sache, Genosse!« Tigran blickte fragend zu Petrow, und dieser schielte zurück, was volle Zustimmung hieß. »Es sind da unbekannte Faktoren, unwägbare …«
    »Welche?«
    »Sie sind krank, man sieht's Ihnen an. Sie schwanken wie ein Rohr im Wind. Wer garantiert uns, daß Sie gesund werden?«
    »Allerdings. Nun, ich tue was ich kann und was meine Apotheke hergibt.«
    Der Pope streckte beide Arme aus. »In diesem Haus hilft Ihnen keine irdische Medizin. Ziehen Sie aus, kommen Sie zu mir!«
    »Oder zu mir!« rief Petrow. »Unter der Roten Fahne gibt es keine Geister!«
    »Dann sind alle Ihre Versprechungen dünn wie das Eis im Frühjahr!« Der Pope drohte mit seinen riesigen Händen. »Die Reparatur geschieht bereits in Gemeinschaftsarbeit der Gläubigen. Aber das Material, mein Sohn, das Material! Hätte Ihr Fachmann Konstantin mit seinen Dynamitstangen …«
    »Rechnen Sie alles zusammen, Tigran Rassulowitsch«, sagte Tassburg, der schnell ins Haus zurück mußte, denn das Lachen juckte ihm in der Nase. Welch ein Gauner im heiligen Rock! dachte er. »Ich werde einen Boten mit den nächsten geologischen Ergebnissen nach Omsk schicken und Ihre Materialrechnung mitgeben. Dort wird sie der für Schadensersatzansprüche zuständige Beamte studieren und darüber entscheiden. Zufrieden?«
    »Ein Beamter in Omsk?« fragte Tigran entgeistert. »Was hat Omsk damit zu tun?«
    »Wir sind eine staatliche Truppe. Alle unsere Ausgaben werden zentral verwaltet.«
    »Mein Kirchendach …«
    »Auch das Dynamit kommt aus Omsk!« Tassburg öffnete die Haustür und hob bedauernd die Schultern. »Eine Behörde zahlt nur nach eingehender Prüfung. Ich bin bereit, die Schuld auf mich zu nehmen, aber die Entscheidung liegt bei dem Genossen Saizenowskij.«
    »So heißt der Beamte?«
    »Ja.«
    »Ein mir sofort unangenehmer Name!« Tigran raufte seinen Bart. Ihm

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