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Natascha

Natascha

Titel: Natascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Erschießen sollte er jeden, nur dieser sollte leben? Und nun lag er auf der Erde vor dem Täubchen und wimmerte. Und Natascha Astachowa – der Teufel allein kennt die Weiber – lächelte zu ihm hinab, und es war ein Lächeln, bei dessen Anblick das Blut in den Adern erfror und die Augen aus den Höhlen quollen.
    »Was soll's?« sagte Luka bedächtig. »Schießen wir ihm ins Köpfchen …«
    »Nein! Er gehört mir! Mir ganz allein!« Natascha bückte sich zu dem Oberfeldwebel hinunter, hob ihre Hand und schlug ihm unter das Kinn. Der Kopf flog hoch; aus Bollmeyers Mund lief Speichel und Blut, er hatte sich die Lippen blutig gebissen. »Steh auf, Bollmeyer!« sagte Natascha leise. »Du kennst mich noch?«
    »Gnade!« schrie Bollmeyer.
    »Heb ihn auf und nimm ihn mit, Luka!« Natascha warf die Maschinenpistole über die Schulter. Mit tastenden Schritten verließ sie die kleine Insel im Sumpf und ging hinein in die Unendlichkeit des dichten Schilfes.
    Luka hob den Fuß und trat Bollmeyer in die Seite. Er tat es vorsichtig, damit der deutsche Oberfeldwebel nicht auseinanderbrach, denn ein Fußtritt Lukas ist wie der eines Elefanten.
    »Aufstehen!« sagte Luka. »Dawai!«
    Bollmeyer blieb auf der Erde liegen. Er starrte Natascha nach.
    »Erschieße mich!« stammelte er. »Bitte, erschieße mich sofort … Nur nicht zu der … bitte, bitte …!«
    »Natascha hat's befohlen!« Luka griff Bollmeyer unter die Arme und riß ihn hoch auf die Füße. »Komm –«
    Der Oberfeldwebel schwankte leicht. Dann nahm er alle Kraft zusammen, stieß Luka zur Seite und sprang in den Sumpf. Bis zum Leib versank er sofort … mit geschlossenen Augen strampelte er wild, um schneller tiefer zu sinken.
    Das Platschen des Körpers riß Natascha herum. Luka stand am Sumpfrand und hob bedauernd die Arme.
    »Hol ihn 'raus, du Idiot!« schrie Natascha. »Erschießen werde ich dich, wenn du ihn nicht holst!«
    »Täubchen …«, stammelte Luka. Er fiel auf die Knie, kroch auf das Schilf und versuchte, Bollmeyer zu fassen. Der Oberfeldwebel schlug mit den Fäusten nach Lukas Händen. »Ich werde ihn nicht fassen können –« , brüllte Luka.
    »Du mußt!« Natascha hob die Maschinenpistole und lud sie durch. »Er hat Fedjas Kind getötet –«
    Die Augen quollen ihm vor, dem Luka. Er starrte Bollmeyer wie eine Kröte an. Fedjas Kind, dachte er. Er war's also. Er dort, der Mann mit dem einen Ohr.
    Als sei er ein Baumstamm, so groß und starr legte er sich in den Sumpf hinein. Mit der Faust hieb er Bollmeyer über die Stirn, dann ergriff er die erschlafften Arme und zog den Körper langsam aus dem saugenden Morast hervor. Er keuchte dabei, der starke Luka, er schwitzte und stöhnte, röchelte und schnaufte, und lag dann wie ein Fisch zwischen trockenen Steinen japsend auf dem Rücken, den triefenden Körper des Deutschen quer über sich.
    »Das war schwer, Täubchen«, sagte Luka und starrte in den blauen Himmel. »Nur für Fedja Iwanowitschs arme Seele hab' ich's getan …«
    Fast eine Viertelstunde dauerte es, bis Bollmeyer erwachte. Gefesselt hatte man ihn, und Luka saß neben ihm.
    »Was wollt ihr von mir?« stammelte Bollmeyer.
    »Frag das Täubchen …«, sagte Luka.
    »Warum erschießt ihr mich nicht … wie die anderen?«
    »Weiß ich's?« Lukas Augen wurden dunkel. »Fedjas Kind hast du getötet?«
    »Nein. Ich habe nie ein Kind –« Bollmeyers Mund verzog sich schrecklich. »Das ist eine Lüge eurer Propaganda! Wir haben nie Kinder –«
    »Fedjas Kind … im Leib unseres Täubchens … Du warst es doch, nicht wahr …?«
    Bollmeyer begriff. Er schlug die gefesselten Hände vor die Augen. »O Gott!« schrie er. »O Gott!«
    Natascha kam heran.
    »Erschießt mich!« brüllte Bollmeyer wieder.
    »Komm –« An den Fesseln riß ihn Natascha hoch. Verwundert über ihre unsichtbare Stärke stand Bollmeyer schwankend vor ihr. Er wehrte sich nicht mehr, als Natascha ihm einen Strick um den Hals warf und ihn mit sich fortzog wie einen Bären, den die Gaukler auf den Marktplätzen tanzen lassen.
    Stumm gingen sie einige Meter über festes Land. An einem Birkenstumpf blieben sie stehen. Natascha setzte sich … lässig tat sie es, obgleich ihr die Knie zitterten und sie nicht mehr gehen konnte aus Grauen vor sich selbst. Mit großen, starren Augen sah sie Bollmeyer an. Er stand weinend vor ihr, ein Häuflein Mensch, das in Angst zerfloß.
    »Weißt du noch?« sagte sie langsam in deutscher Sprache. »Vor zwei Jahren, Bollmeyer … Dabei ist Fedjas

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