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Nathanael

Titel: Nathanael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Landers
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Hier draußen würde er sie schneller zu fassen bekommen als im Wagen. Jedenfalls hoffte sie das.
    Sie sprang wieder hinein und verriegelte die Tür. Er lachte auf und entblößte eine Reihe spitzer Zähne, die sie an einen Hai erinnerten.
    Da kam ihr ein Gedanke. Sie musste Steven und die anderen im Innenhof auf sich aufmerksam machen. Weshalb war ihr das nicht schon früher eingefallen? Sie drückte mit der Hand auf die Hupe.
    Mit einem Kreischen sprang das unheimliche Wesen von der Motorhaube und verschwand in der Dunkelheit. Erleichtert sank sie nach hinten und rang nach Atem. Der heutige Tag war ein einziger Alptraum gewesen.
    Eilige Schritte näherten sich. Es war Steven, der die Tür aufriss.
    «Ist etwas passiert? Geht es dir schlecht? Tessa, du bist ja leichenblass.»
    Bei Stevens Anblick beruhigten sich Puls und Nerven.
    «Wo bist du denn so lange gewesen?», platzte sie heraus, noch immer erregt.
    «Wieso lange? Es waren doch nur fünf Minuten.»
    Ein Blick auf die Uhr im Cockpit des Wagens bestätigte seine Worte. Ihr war es wie eine Ewigkeit vorgekommen. Sie stöhnte.
    «Der Arzt hat mir noch ein paar Anweisungen deinetwegen gegeben.» Er legte ihr seine Hand auf die Schulter. «Sollen wir nicht doch lieber ins Krankenhaus fahren?»
    Tessa schüttelte den Kopf. Es brannte ihr auf den Lippen, ihm zu erzählen, was sie eben erlebt hatte. Aber er würde ihr nicht glauben, sie für geistig verwirrt halten und alles wie damals auf den Schock schieben.
    Sie musste zugeben, dass es sich fantastisch anhörte und sie selbst Probleme hatte, das Erlebte zu verdauen. Gerade ihr, die nie an Übersinnliches geglaubt hatte, musste so etwas geschehen. Oder waren es nur wieder Halluzinationen, ausgelöst durch ein Trauma? Egal, sie wollte das nie wieder erleben.
    «Bring mich jetzt bitte nach Hause.» Tessa befürchtete, der Mann mit den rot glühenden Augen könnte zurückkehren, und drängte Steven zur Eile.
    «Ja, ja, natürlich. Du bist erschöpft und brauchst Ruhe.»
    Er startete den Motor und fuhr los. Eine Weile saßen sie schweigend im Wagen.
    Immer wieder erlebte Tessa Hazels Tod aufs Neue. Der Schock saß tief. Sie war fest davon überzeugt, dass der Kerl mit den übernatürlichen Fähigkeiten etwas damit zu tun hatte.
    «Hazel hat sich nicht das Leben genommen», sprach sie ihre Gedanken ungewollt aus.
    Tessa betrachtete Stevens Hände, die das Lenkrad umklammerten, als müsse er sich daran festhalten. Er war wütend, weil sie noch immer auf ihre Behauptung pochte.
    «Ich verstehe dich nicht. Du selbst hast doch Hazel springen sehen.»
    «Ja, aber sie wäre niemals freiwillig gesprungen.»
    Steven schüttelte den Kopf. «Das ist doch absurd! Oder hast du etwa noch jemanden gesehen, oben auf dem Dach?» Ein Muskel zuckte unter seinem Auge, ein Zeichen für seine Anspannung.
    Einen Moment lang war sie wieder versucht, ihm von dem Mann mit den rot glühenden Augen zu erzählen, aber sie tat es nicht.
    «Nein, habe ich nicht. Wieso glaubst du, ich könnte jemanden auf dem Dach gesehen haben?» Das war auch nicht gelogen. Schließlich hatte sie nur beobachtet, wie er aufs Garagendach gesprungen war.
    Steven atmete aus. «Ich habe schon befürchtet, dass …»
    «Dass ich wieder Dinge sehe, die es nicht gibt? Das liegt doch Jahre zurück. Nach der Therapie ist es nicht mehr zurückgekommen. Mach dir keine Sorgen.»
    Vor zwei Jahren war sie Zeugin eines Überfalls auf einen Supermarkt geworden, bei dem zwei Menschen ums Leben gekommen waren. Noch Wochen danach hatte sie immer und immer wieder den Überfall erlebt, die Schüsse und Schreie gehört.
    Dann quälten sie Panikattacken und Halluzinationen, die sie nicht mehr in den Griff bekam, weshalb sie ein Vierteljahr in einer psychiatrischen Klinik verbringen musste. Dieses Kapitel ihres Lebens hätte sie am liebsten vergessen. Doch durch Hazels Tod und die Begegnung mit den beiden fremden Männern kehrten die Erinnerungen zurück.
    «Es fällt schwer, einen Selbstmord zu verstehen, noch dazu, wenn der Mensch einem sehr nahesteht. Dann sucht man nach allen möglichen Erklärungen. Vielleicht auch, weil man sich selbst schuldig fühlt.»
    «Ja», antwortete sie leise, denn längst schon waren ihr die Augen wieder zugefallen. Sie war so unendlich erschöpft und sehnte sich nach Schlaf.
    Aber egal, was Steven sagte – sie würde niemals glauben, dass Hazel sich selbst umgebracht hatte.

6.
    Steven trug Tessa vom Fahrstuhl in seine Wohnung. Erschöpft lehnte sie den Kopf

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