Nathanael
sie ihn gut bezahlt.
Sofort verhärtete sich sein Blick, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Ohne zu antworten, drehte er sich um und lief zur Tür.
Nachdenklich sah sie ihm nach. Sein distanziertes Verhalten verunsicherte und ärgerte sie. Nathanael hatte ihr bewiesen, dass er es mit dem Gefallenen und seinen Dämonen aufnehmen konnte. Doch es war nicht nur diese Gewissheit, die sie dazu drängte, ihm doch nachzulaufen und ihn wider aller Vernunft und Gewissen zu bitten, den Auftrag anzunehmen.
Sie wollte ihm nahe sein. Weil sie endlich wissen musste, woran sie mit ihm war. Wenn sie ihn jetzt gehen ließe, wäre die Chance vertan und sie würden sich vielleicht nie mehr wiedersehen.
Dieser Gedanke war unerträglich. Doch noch zögerte sie. Sie sah Hilfe suchend zu Ernest hinüber, der laut aufseufzte. Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Mit deprimierter Miene sank er auf einen der Stühle.
Joel setzte sich zu ihm. «Ich werde Nathanael nachher noch einmal ins Gewissen reden. Er braucht jetzt bestimmt Zeit zum Nachdenken», versuchte er ihren Stiefbruder zu trösten.
Cynthia schlug mit der Hand auf die Theke. «Dieser verdammte Sturkopf.»
Tessa konnte nicht tatenlos herumstehen, sondern musste handeln. Sie lief Nathanael hinterher.
Alles in ihm sträubte sich gegen den Auftrag, weil er in ihrer Nähe seine Gefühle nicht mehr kontrollieren konnte. Und noch etwas belastete ihn: Was war, wenn er wieder versagte und Tessa durch seine Schuld sterben würde? Das könnte er sich niemals verzeihen. Verdammt, genau das hatte er die ganze Zeit befürchtet. Gefühle ließen ihn nicht mehr frei entscheiden. Er musste ihr aus dem Weg gehen, bevor es zu spät war, und er sich erlaubte zu denken, dass die Zukunft noch etwas für ihn bereithielt.
Deshalb hatte er auch ihre Bitte zu bleiben in der vergangenen Nacht ausgeschlagen. Irgendeine andere Lösung musste es doch geben. Leider fiel ihm keine ein. Gleichgültig, wie er sich entschied, er würde draufzahlen. Er brauchte Ruhe, um über alles nachzudenken, bevor er eine endgültige Entscheidung traf.
Nathanael hatte bereits die Tür erreicht, als Tessa ihm eine noch höhere Summe hinterher rief. Sie ließ nicht locker und verlangte eine sofortige Entscheidung. Einen Moment lang verharrte er und ließ die Hand auf der Klinke ruhen. Immer dieses scheiß Geld.
Du brauchst es. Deine finanziellen Sorgen wären mit einem Schlag vorbei .
15.000 Dollar bedeuteten ein Vermögen für ihn. Wer weiß, wann ihm jemand noch einmal einen solch gut bezahlten Job anbieten würde. Tessa und das Geld bedeuteten ein unwiderstehliches Angebot.
«Dreißigtausend Dollar!»
Träumte er oder hatte sie ihm wirklich so viel geboten? Nathanael stöhnte innerlich auf. Er wollte den Auftrag ausschlagen und doch konnte er sich nicht dazu durchringen. Als hätte Satan die Geschicke geleitet, sollte ausgerechnet Tessa seine Schulden tilgen.
Was spricht dagegen? Du könntest im gleichen Zug den Gefallenen ausfindig machen und Michaels Auftrag erfüllen .
Seine innere Stimme redete ihm immer dann ins Gewissen, wenn er es nicht wollte. Verflucht, sie hatte recht. Weshalb also nicht annehmen, wenn mehr dafür sprach als dagegen? Ja, er war berechnend und eigennützig. Doch nur ein Idiot würde in seinem Fall das Angebot ablehnen.
Nathanael holte tief Luft, bevor er sich umdrehte. Sein Blick glitt über ihr Gesicht mit der entschlossenen Miene. In ihren grünen Augen blitzte es herausfordernd.
Bei der Aussicht, ihr jeden Tag nah zu sein und ihren hinreißenden Körper betrachten zu können, wurde ihm heiß. Scheiß auf die Bedenken, wenn er dafür mit ihr zusammen sein konnte.
Nathanael zögerte noch immer mit der Antwort, obwohl er sich längst entschieden hatte. Fragen marterten sein Hirn. Wie weit würde sie gehen? Wie viel war er ihr wert? Er musste es wissen.
«Ich übernehme den Job für fünfzigtausend Dollar.» Jetzt waren die Worte heraus und er bereute sie bereits. Was wäre, wenn sie ablehnte? War er denn von allen Sinnen, so hoch zu pokern?
Tessas Mund öffnete sich vor Erstaunen leicht und sie funkelte ihn empört an. Auch die anderen im Raum hielten die Luft an.
Jetzt hast du verspielt .
Alle Blicke ruhten auf Tessa, deren Miene sich plötzlich entspannte.
«Okay. Dann nimmst du an?», fragte Tessa und spitzte die Lippen. Sie ahnte nicht, wie verführerisch ihr Mund in diesem Moment glänzte und wie gern er sie jetzt küssen würde.
Einen Moment lang tauchten
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